Veröffentlicht inPolitik

So wohnt der neue Bundespräsident

So wohnt der neue Bundespräsident

ullstein bild-4.00620499_1491177-HighRes--656x240.jpg
Joachim Gauck und Daniela Schadt ziehen in die Berliner Dienstvilla. Der 100 Jahre alte Bau im Nobelvorort Dahlem hat bereits Gaucks Vorgänger und Kanzler Gerhard Schröder beherbergt. Nur Johannes Rau wollte nicht umziehen.

Berlin. 

Unter einem makellos blauen Frühlingshimmel leuchtet das Schloss. Die Präsidentenstandarte auf dem Dach flattert im Wind. „So, ist recht, ja?“, ruft Joachim Gauck den Fotografen zu, die ihm gegenüber auf einem Podest aufgereiht stehen. Auch seine Miene leuchtet.

Dienstbeginn im Bellevue, Tag eins einer Präsidentschaft. Der neue Schlossherr ist überpünktlich. Die schwarze Limousine mit der Standarte ist vorgefahren, Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt sind dem Wagen entstiegen und auf den Stufen mit dem Händeschütteln schon fast durch, da erst schlägt die Uhr des Schlosses elfmal.

Auszug aus Schöneberger Wohnung

Ein dreiköpfiges Empfangskomitee ist angetreten. Bundesratspräsident Horst Seehofer, der in den letzten vier Wochen als zeitweiliger Hausherr amtiert hat, macht die Honneurs. Und auch Christian Wulff hat es sich nicht nehmen lassen, doch noch einmal an die Stätte seines kurzzeitigen Wirkens zurückzukehren. Gattin Bettina fehlt.

Einzug ins Schloss – Umzug in die Villa. Bisher hat Gauck in einer Schöneberger Altbauwohnung gelebt. In einer Kneipe um die Ecke hat er am Abend seiner Wahl auch noch mit Freunden gefeiert.

Wollte er jetzt dort bleiben, das Domizil müsste mit Panzerglas kostenträchtig nachgerüstet werden. Vom Parkverbot vor dem Haus und anderen sicherheitsbedingten Unzuträglichkeiten für die Nachbarschaft zu schweigen. Und dies, während im noblen Berliner Südwesten, Pücklerstraße 14 in Dahlem, seit einem Monat eine Villa für ihn leer steht. „Das müssen wir uns mal ansehen. Es spricht einiges dafür“, hat Gaucks Lebensgefährtin gesagt.

150 Quadratmeter Privatgemächer

Genau ein Jahrhundert alt ist die zweigeschossige Immobilie mittlerweile, errichtet 1912 für den Industriellen Julius Wurmbach. Als Gästehaus des Bundes im damaligen Westberlin ließ Konrad Adenauer sie 1962 erwerben. Nach dem Regierungsumzug fand zunächst Gerhard Schröder hier für knapp zwei Jahre eine Bleibe, bis im 2001 fertiggestellten Kanzleramt ein eigenes Domizil verfügbar war.

Damals wurde das Haus in Dahlem zur Unterkunft des Bundespräsidenten umgewidmet: Privatgemächer auf 150 Quadratmetern im Obergeschoss, für die der Staat auch Miete kassiert. Über 215 Quadratmeter Parterre erstrecken sich die Repräsentationsräume. Bestens geeignet für festliche Anlässe und Empfänge. Dazu ein weitläufiger Garten mit altem Baumbestand. Wahrlich präsidial.

Johannes Rau mochte allerdings nicht hineinziehen. Er blieb lieber in der nahe gelegenen Dienstvilla des Bundestagspräsidenten, die der damalige Amtsinhaber Wolfgang Thierse nicht in Anspruch nahm. Erst Horst Köhler wohnte seit 2004 in Dahlem, seit 2010 auch Christian Wulff.

Der Nachfolger startet mit einem vollen Terminkalender. Bereits heute reist Gauck nach Leipzig zur 800-Jahr-Feier des Thomaner-Chors. Übermorgen wird er zur Ehrung der Gewinner eines Wettbewerbs für Bürgerstiftungen in Berlin erwartet. Der mit Spannung erwartete Höhepunkt der ersten Amtswoche ist am Freitag im Bundestag die Vereidigung des neuen Präsidenten, der dabei seine erste programmatische Rede halten wird.

„Es bummert erheblich“

Ja, „es bummert schon erheblich“, sagt Gauck auf die Frage nach seinem Befinden und schlägt mit der Hand auf die Brust, wo das Herz sitzt, als er jetzt auf den Stufen vor den Fotografen steht, an seiner Seite Daniela Schadt. Hand in Hand sind die beiden nochmals ins Freie getreten: „Da ist jetzt viel Respekt, es ist ernst geworden.“

Die Kameras klackern. Ob keine Zeit sei für einen Parkspaziergang, ruft ein Fotograf dem Neugewählten zu. „Das machen wir alle beim Sommerfest“, ist die Antwort. Dann reicht es. „Ciao“, sagt Gauck und verschwindet im Inneren des Schlosses.