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Fall Middelhoff bald vor Gericht

Fall Middelhoff bald vor Gericht

Essen. 

Thomas Middelhoff wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Wenn das Landgericht Essen am 6. Januar den Fall mit dem Aktenzeichen 4 O 244/09 auf die Tagesordnung setzt, geht es um die Frage, ob er als Arcandor-Vorstandschef die Lage des Konzerns drastisch geschönt und die Aktionäre getäuscht hat.

Jan-Eric Peters, der Chefredakteur der Zeitung „Die Welt“, erhebt schwere Vorwürfe gegen den Manager. Peters verlor als Privatmann mehr als 50 000 Euro, weil er den Aussagen Middelhoffs Vertrauen schenkte und im September 2008 in Arcandor-Aktien in­vestierte.

Anleger verlor mehr
als 50 000 Euro

Nun verklagt der Journalist den einstigen Vorstandschef und fordert Schadenersatz. Der Vorwurf lautet, Middelhoff habe die Situation der Karstadt-Mutter Arcandor derart falsch dargestellt, dass der juristische Tatbestand der „sittenwidrigen Schädigung“ erfüllt sei. Middelhoff habe viel zu lange den Eindruck erweckt, der Konzern könne sich aus eigener Kraft aus seiner brenzligen Situation befreien. Sollte Peters vor Gericht Erfolg haben, könnte dies weitere verärgerte Anleger auf den Plan rufen.

Im Juni befasste sich das Landgericht Essen erstmals mit dem Fall. Nach Informationen dieser Zeitung hat das Gericht mittlerweile einen Fortsetzungstermin benannt. Am 6. Januar sollen sich zwei Zeugen äußern: ein ehemaliger Konzernsprecher und der damalige Arcandor-Justiziar. Das Gericht hat auch Middelhoff geladen. Sein Anwalt Jasper Hagenberg ließ offen, ob der Manager vor Gericht erscheinen wird. Beim ersten Termin blieb Middelhoff der Verhandlung fern und ließ sich durch den Juristen vertreten.

Der Fall dreht sich um die dramatischen Tage im September 2008. Seit Jahresbeginn hatte die Aktie massiv an Wert eingebüßt. Peters – zu dieser Zeit Leiter der Axel Springer Akademie – sah einen guten Zeitpunkt gekommen, Arcandor-Aktien zu kaufen. Schließlich hatte Middelhoff beteuert, eine Kapitalerhöhung – die in aller Regel den Kurs drückt – sei nicht geplant. Auf die Frage, ob das Unternehmen nicht doch über eine Kapitalerhöhung nachdenken müsse, antwortete Middelhoff in einem am 22. September veröffentlichten Interview: „Das ist völliger Quatsch. Eine Kapitalerhöhung ist nicht geplant.“

Zudem lieferte Middelhoffs Sprecher kurz danach ein weiteres beruhigendes Signal. Arcandor werde sich nicht von der ertragsstarken Touristik-Tochter Thomas Cook trennen. Noch am 24. September erklärte der Konzernsprecher zunächst: „Wir verkaufen Cook nicht.“ Doch am Abend wurde ein krasser Kurswechsel bekannt. Plötzlich schloss Arcandor einen Teilverkauf von Thomas Cook nicht mehr aus. Wenige Tage später wurde auch eine Kapitalerhöhung besiegelt. Die Arcandor-Aktie stürzte ab – auch zum Schaden des Anlegers Peters.

Weder Peters noch sein Anwalt Stefan ten Doornkaat wollen sich mit Blick auf das laufende Verfahren äußern. Middelhoff weist die Anschuldigungen zurück. „Der Vorwurf, Herr Middelhoff habe die Lage von Arcandor geschönt, ist nicht aufrecht zu erhalten“, erklärte sein Anwalt Hagenberg. Der Manager habe sich „jederzeit korrekt zur Situation des Unternehmens und den laufenden Verhandlungen geäußert“. Zur Aussage des damaligen Arcandor-Sprechers, Thomas Cook werde Teil des Konzerns bleiben und nicht verkauft, sagte der Middelhoff-Anwalt: „Der Vorstand hat den Sprecher nicht zu dieser Aussage angewiesen.“

Denkbar wäre, dass Middelhoff und Peters einen Vergleich schließen und den Streit vor Gericht beilegen. Doch es zeichnet sich eine Konfrontation ab. „Ein Vergleich ist nicht sinnvoll und auch nicht notwendig. Wir sehen keinerlei Veranlassung, Zugeständnisse zu machen“, so Middelhoffs Anwalt. Nach einer Entscheidung in Essen könnte sich in nächster Instanz auch noch das Oberlandesgericht Hamm mit dem Fall befassen.