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ACS darf Essener Hochtief-Konzern übernehmen

ACS darf Essener Hochtief-Konzern übernehmen

Essen/Berlin. 

Der Essener Baukonzern Hochtief steht vor der Übernahme durch den spanischen Konzern ACS. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin hat am Montagabend das Okay gegeben.

Der Essener Baukonzern Hochtief wird voraussichtlich seine Unabhängigkeit verlieren. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) genehmigte am Montag das Übernahmeangebot des spanischen Konzerns ACS. Der von Real-Madrid-Präsident Florentino Perez geführte Infrastruktur-Riese ist damit seinem Ziel, die Kontrolle bei Deutschlands größtem Baukonzern zu übernehmen, einen entscheidenden Schritt nähergekommen.

Die Angebotsvorlage entspreche den Anforderungen des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes, teilte die Bafin am Montagabend mit. Die Behörde habe allerdings vorher von ACS „erhebliche Nachbesserungen“ verlangt.

Der Kampf, den auch Hochtief-Gesamtbetriebsratschef Siegfried Müller gegen die geplante Übernahme geführt hatte, war offenbar vergeblich. Während die Juristen des spanischen Baukonzerns am Montag hinter verschlossenen Türen mit der deutschen Finanzaufsichtsbehörde verhandelten, wählte Müller noch einmal die offene Bühne. Schon vor einem Monat hatte er gemeinsam mit etwa 2000 Beschäftigten des Essener Baukonzerns im Berliner Regierungsviertel demonstriert. Diesmal reiste Müller allein nach Berlin.

Es sollte eigentlich ein größerer Auftritt für den Betriebsratschef werden. Doch dann kamen das Ende von Schwarz-Grün in Hamburg und die Wikileaks-Enthüllungen dazwischen. Und so konnte Müller nur in kleinerem Kreise berichten, was er im Übernahmekampf gegen ACS vom Wirken der Bundesregierung hält: nämlich nichts.

„Die Bundesregierung lässt uns im Stich“

„Die Regierung lässt uns völlig im Stich“, beschwerte sich Müller. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seien offenbar die Interessen von „zehn Bankern in Nadelstreifen wichtiger als zehntausend Arbeiter in Blaumännern“, warf Müller der Regierungschefin vor. Auch die Rückendeckung von der NRW-CDU vermisste er. Weder mit Landeschef Norbert Röttgen noch Ex-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann habe es bislang ein Gespräch wegen der Übernahme gegeben, klagte Müller. „Ich möchte einmal von Herrn Röttgen und Herrn Laumann hören, ob sie unsere Zukunft nicht interessiert.“ Aus Sicht des Betriebsrats sollte sich die NRW-CDU auf Bundesebene für ein strengeres Übernahmegesetz stark machen, um Unternehmen wie Hochtief vor Angriffen zu schützen.

Am Essener Stammsitz von Hochtief warteten Belegschaft und Management den Tag über gespannt auf eine Entscheidung der Finanzaufsicht Bafin. Die Frist der Behörde zur Prüfung des Übernahmeangebots von ACS lief am Montag gegen Mitternacht ab. Tags zuvor hatten Spekulationen die Runde gemacht, die ACS-Pläne drohten an einem Veto der Finanzaufsicht zu scheitern. Die Behörde fungiert als eine Art Schiedsrichter bei Firmenübernahmen.

Seit Wochen hatte Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter versucht, eine Übernahme durch den spanischen Großaktionär abzuwehren. Schon in den vergangenen Wochen schien es, als sei ACS auf dem besten Wege, die eigenen Ziele zu erreichen. Der spanische Konzern hält bereits etwas weniger als 30 Prozent der Hochtief-Anteile. Selbst der Zukauf von einigen wenigen Papieren würde also ausreichen, um die 30-Prozent-Schwelle knapp zu überspringen. Danach könnten die Spanier nach und nach ihre Anteile an Hochtief aufstocken, ohne dass sie durch die deutschen Übernahmegesetze zu einem teureren Pflichtangebot für die Aktionäre gezwungen würden.

Ein Veto der Bafin wäre hingegen ein herber Rückschlag für ACS gewesen. Es hätte die Hochtief-Übernahme zwar nicht unmöglich gemacht, aber spürbar verteuert.

Betriebsratschef Müller bekräftigte auch am Montag seine Befürchtung, dass Hochtief zerschlagen werden könnte, wenn der hoch verschuldete ACS-Konzern zum Zuge kommt. ACS selbst hatte Zerschlagungspläne stets bestritten. Dass die spanische ACS-Zentrale künftig entscheidend mitreden wird in Essen, ist nun wahrscheinlicher denn je.