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Alt-Studenten an den Unis fliegen raus

Alt-Studenten an den Unis fliegen raus

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Sie sind die Dinosaurier an den Universitäten und sterben langsam aus: Jene Studenten, die vor Jahren ein Diplom- oder Magisterstudium begonnen haben. Als 1999 die Umstellung der Studiengänge auf die neuen Abschlüsse Bachelor und Master begann, wurde zugleich das Ende der bisherigen Abschlüsse eingeleitet. Die Frist, die den letzten Diplom- und Magister-Studenten noch bleibt, läuft unerbittlich ab. Seit 2007 kann man sich nur noch für Bachelor- und Masterstudiengänge einschreiben.

Aus mancherlei Gründen haben es aber viele Diplom- und Magister-Studenten bis heute nicht geschafft, ihr Studium erfolgreich abzuschließen. Daher hat jetzt die Uni Köln 32 Studierende zwangsweise exmatrikuliert.

Dieses Schicksal könnte in Zukunft Tausenden Studenten drohen. Bundesweit waren nach Angaben der Hochschulrektorenkonferenz 2009 noch rund 47 Prozent aller Studierenden in den alten Studiengängen eingeschrieben. In NRW haben sie in der Regel ab der Umstellung auf einen neuen Studiengang 14 Semester Zeit, das einmal begonnene Studium zu beenden, doch vielen reicht dies nicht. Sie wehren sich zum Teil mit Klagen vor den Verwaltungsgerichten gegen einen Rauswurf.

Studenten sind wütend

Der Studentische Dachverband (fzs) ist über das Vorgehen der Uni Köln „wütend“. Er fordert die Hochschule auf, „unverzüglich die Exmatrikulation zurück zu nehmen“. Zumal es häufig persönliche Gründe für den Zeitverzug gebe: „Studierende mit chronischen Krankheiten, mit Kindern, Studierende, die Angehörige pflegen, müssen von den Hochschulen gefördert und nicht herausgeworfen werden“, fordert Moska Timar vom fzs-Vorstand.

Die Studenten sind alarmiert, in einem Internetblog (exmatrikulation.blogsport.de) informieren sie laufend über die Vorgänge, weil „wir glauben, dass auf diesen nicht hinnehmbaren Zustand aufmerksam gemacht werden muss“. Die Studenten fürchten, dass in den kommenden Jahren Tausende Diplom- und Magisterstudierende ihr Studium beenden müssen.

Die Uhr tickt

An der Ruhr-Uni Bochum, die als eine der ersten bereits im Wintersemester 2000/2001 mit der Umstellung der Studiengänge begonnen hatte, reichte die 14-Semester-Frist vielen nicht aus. Etwa 800 Studenten fielen 2008 unter die Rückmeldesperre und wurden „von Amts wegen exmatrikuliert“, sagt Peter Kardell, Leiter des Studierendensekretariats. „Sie hatten alle Fristen überschritten, manche waren bereits im 30. oder 40. Semester.“ Vielen sei indes der Umstieg in einen Bachelor-Studiengang gelungen.

Derzeit sind in Bochum noch rund 2300 Studierende in den alten Studiengängen eingeschrieben. An der TU Dortmund sind es 3404. Für sie tickt die Uhr. Bislang wurde noch kein Diplom- oder Magisterstudent zwangs-exmatrikuliert, teilt die Uni mit. Die Betroffenen würden „frühzeitig per Mail über das Auslaufen und die Möglichkeit des Wechsels in einen Bachelorstudiengang informiert“.

Neue machen Druck

An der Uni Duisburg-Essen gibt es ebenfalls rund 3400 „Alt-Studenten“. „Formal ist die Sache klar“, sagt Uni-Sprecherin Beate Kostka. „Ab einem bestimmten Zeitpunkt erfolgt die Exmatrikulation.“ Doch wer in der Endphase sei und alle Leistungsnachweise habe, um seine Abschlussarbeit anzumelden, „den schmeißen wir nicht raus“. Problematisch sei es aber, wenn das Studium noch nicht komplett sei, der Studiengang aber schon nicht mehr existiere.

Druck auf Hochschulen, ihre Altfälle langsam loszuwerden, übt auch die Schar der neuen Studenten aus, die nun an die Hochschulen drängen. 60 000 Bewerbungen zählte die Uni bislang für ihre rund 5500 Erstsemesterplätze. Im letzten Jahr waren es 50 000.