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Im Paradies der Schuhe

Im Paradies der Schuhe

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Foto: Volker Hartmann
Zu Besuch im Bottroper Logistikzentrum von Europas größtem Schuhhändler Deichmann. 21,5 Millionen Paare durchlaufen den Standort jedes Jahr

Bottrop. 

Das Mekka für Schuhe liegt nicht etwa in Mailand oder Paris. Es liegt mitten in Bottrop, ein wenig versteckt hinter Zechenhäusern und Bahngleisen. In zwei gewaltigen Hallen stapeln sie sich elf Meter hoch. Schuhe – so weit das Auge reicht. 21,5 Millionen Paar werden hier pro Jahr umgeschlagen.

Wir sind im Distributionszen­trum West von Europas größtem Schuhhändler Deichmann. 20 WAZ-Leserinnen und Leser, die wir aus mehr als 200 Bewerbungen im Rahmen unserer Serie „Hinterm Werkstor“ gezogen haben, haben die seltene Gelegenheit, sich bei Deichmann umzuschauen. An diesem sonnigen Vormittag kommen sie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Bis zu 200 000 Paar Schuhe werden hier in Bottrop Werktag für Werktag angeliefert, von 163 Beschäftigten erfasst, kommissioniert und an 289 Filialen bis an die holländische Grenze per Lkw wieder ausgeliefert. Auch Spanien wird von hier aus beliefert.

Ware kommt aus China und Vietnam

„Wir haben den Zwischenhandel weitgehend ausgeschaltet. Wir bestellen direkt bei den Herstellern“, sagt Deichmann-Kommunikationschef Ulrich Effing. Zu 80 Prozent bezieht der Essener Händler seine Schuhe aus China und Vietnam. Zu einem kleinen Teil wird auch in europäischen Ländern wie z.B. Italien produziert. Per Schiff kommen die Schuhe nach Rotterdam und Antwerpen. Von dort werden sie per Bahn und zuletzt per Lkw in Containern nach Bottrop gebracht.

Dort sind Logistikexperte Hans-Peter Stevens und seine Kollegen gefragt. Über die Rampe rollen sie ein Fließband in den Container, das die 600 bis 1000 Kartons ins Halleninnere befördert. Rund eine Stunde dauert dieser Vorgang. Bevor die Schuhe ihren Platz am vorgesehenen Hochregal-Lagerplatz erhalten, fahren sie erst einmal Karussell. Wie auf einer Achterbahn durchlaufen die Pakete mehrere Positionen. Ein Scanner erfasst jeden einzelnen Karton, in dem in der Regel zehn Paar Schuhe unterschiedlicher Größen verpackt sind. „So können wir überprüfen, ob die Lieferung vollständig ist und ob die Zollpapiere in Ordnung sind“, sagt Stevens. Im Vorbeifahren passieren die Kartons eine Waage. An dem ermittelten Gewicht können die Logistikexperten ablesen, ob auch wirklich zehn Paar Schuhe darin sind.

Am Ende der Fahrt werden die Kartons von Mitarbeitern erwartet, die die Kartons per Hand auf Paletten heben. Stapler bringen die Palette an ihren Regalplatz. Dort bleiben die Schuhe aber nicht lange. „Unsere Einkaufsabteilung entscheidet, wie viele Kartons unsere Filialen erhalten sollen“, so Stevens. Die Deichmann-eigenen Lkw werden beladen, um die Filialen je nach Bedarf zweimal die Woche oder auch täglich mit neuer Ware zu beliefern.

Die Kunden vor Ort können dann sichergehen, dass die Schuhe fehlerfrei sind. Denn zur Aufgabe des Logistikzentrums in Bottrop gehört auch die Qualitätssicherung. Aus jeder Container- oder Lkw-Lieferung landet ein Karton als Stichprobe im Labor. „Wir packen die Schuhe aus und überprüfen sie auf Mängel. Zur Not schneiden wir die Schuhe sogar auf“, sagt Simone Pospiech. Entdeckt sie Fehler wie schlecht verklebte Sohlen oder ungerade Nähte, macht sie Fotos und schickt sie an die Hersteller. Falls die Ware Mängel aufweist, sind die Lieferanten verpflichtet, für Abhilfe zu sorgen.

„Die Füße werden breiter“

Die WAZ-Leser sind von den Abläufen im Deichmann-Distributionszentrum beeindruckt: „Man bekommt eine ganz andere Wertschätzung für die Schuhe, wenn man diesen Aufwand hier sieht“, sagt einer. Überrascht zeigt sich eine Dame, dass von Filiale zu Filiale mal größere, mal kleinere Größen vorgehalten werden. „Die Füße werden breiter“, gibt eine Leserin den Verantwortlichen von Deichmann mit auf den Weg. Sie beantworten alle Fragen.

Nur einmal hält sich Kommunikationschef Effing zurück: Eine Frau will wissen, wer irgendwann einmal auf den 52-jährigen Heinrich Deichmann folgen wird, der das Familienunternehmen gerade in dritter Generation führt. „Das ist öffentlich kein Thema“, sagt Ulrich Effing.