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„Land mit Energie“ gibt Einblicke in erneuerbare Energien

„Land mit Energie“ gibt Einblicke in erneuerbare Energien

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Das bundesweite Modellprojekt „Land mit Energie“ gewährt Touristen und Einheimischen Einblicke in die Welt der erneuerbaren Energien. Landwirte aus dem Oldenburger Münsterland zeigen Winkraftanlagen und Biogasanlagen und geben den Urlaubern auch einen Einblick in die moderne Landwirtschaft dazu.

Essen. 

Machen wir ein kleines Experiment: Bitte nehmen Sie sich einen Moment Zeit und stellen Sie sich einen Landwirt vor, sagen wir, aus dem Oldenburger Münsterland, einer Region, in der bis heute der „westfälische Einschlag“ unverkennbar ist. Denken Sie dann spontan an einen aufgeschlossenen, kommunikativen Menschen? Oder kommt Ihnen doch eher ein verschlossener Mensch in den Sinn? Oder gar das böse Wort „stur“?

Dann sollten Sie es mal darauf ankommen lassen. Und einen Termin mit Josef Bahlmann, Wilhelm Meyer, Thomas König oder Andreas Döpke ausmachen. Alle vier sind Landwirte, wenn auch ganz unterschiedliche. Und alle vier machen mit bei „Land mit Energie“, einem bundesweiten Modellprojekt. Zusammen mit 27 anderen Landwirten und eigens ausgebildeten „Energiescouts“ aus dem Oldenburger Münsterland gewähren sie Urlaubern und Einheimischen Einblicke in die Welt der erneuerbaren Energien. Einen Einblick in die moderne Landwirtschaft gibt es noch dazu.

Kneheim: Windkraft für 265 Haushalte
Josef Bahlmann ist das vielleicht beste Beispiel für gelebten Dialog. Man täte ihm wirklich unrecht, wenn man ihn als wortkarg bezeichnen würde. Bahlmann betreibt einen Hof in Kneheim bei Cloppenburg, ein Familienbetrieb mit Kälberzucht und Bullenhaltung. Außerdem hat er bereits vor 19 Jahren die erste Windkraftanlage errichtet und dafür sehr skeptische Bankvertreter überzeugen müssen.

60 Meter hoch ist die größere seiner beiden Anlagen, „heute ein Spielzeug“. Immerhin, sie lief über all die Jahre störungsfrei. Zusammen produzieren seine beiden Windkraftanlagen so viel Strom, wie 265 Drei-Personen-Haushalte im Jahr verbrauchen. Gäste können sich mit dem 49-Jährigen über technische Details ebenso unterhalten wie über Einsparpotenziale im Haushalt. Wobei auch Bahlmann nicht zurück will zu solch energiesparenden Haushaltsgeräten wie der handbetriebenen „Waschmaschine“, die man sich im Privatmuseum auf dem Hof ansehen kann. Thema hier: das Alltagsleben auf dem Lande.

Hof am Kolk: Holzhackschnitzel für die Silvester-Wärme
Wie ein kleines Freilichtmuseum mutet der „Hof am Kolk“ an. Die historische Hofanlage von Wilhelm Meyer liegt im Urstromtal der Hase bei Löningen und ist seit Generationen in Familienbesitz. Meyer, der sich seinen Gästen mitunter auch als „Wilhelm der Fünfte“ vorstellt, hat sich der ökologischen Landwirtschaft und dem Tourismus verschrieben. Wer bei ihm „Urlaub auf dem Bauernhof“ macht, erfährt viel über die Natur, die Geschichte des Hofes und der Region. Bei einem Hofrundgang versäumt Meyer auch nicht, auf seine Holzhackschnitzelanlage hinzuweisen, mit der der gesamte Hof beheizt wird, selbst über Silvester, wenn alle Ferienwohnungen belegt sind – das Heizmaterial wächst ja gleich nebenan.

Und dann gibt es auf dem Hof noch das einzige dreieckige Strohhaus weit und breit, ein echtes Novum. Meyer hat es „aus Jux und Dollerei“ gebaut. Kinder spielten mit Strohballen und fragten ihn, ob er ihnen daraus nicht eine Hütte bauen könne. Abends am Lagerfeuer nahm der Plan Konturen an – im Gespräch mit einem Architekten, der bei ihm zu Gast war. Im Jahr darauf beugten sich die beiden über erste Bauzeichnungen. Heute können Urlauber das Strohhaus mieten. Es ist eine von 13 Ferienwohnungen und wurde komplett aus Holz, Stroh und Lehm gebaut. Wer mehr wissen möchte, sollte sich bei Meyer zu einer „Energie-Erlebnis-Führung“ anmelden.

Friesoythe: Biosgas-Erlebniskiste für Kinder
Durch und durch Landwirt ist Thomas König aus Friesoythe. Wer die Vor- und Nachteile einer Biogasanlage kennenlernen möchte und dabei Wert auf Informationen aus erster Hand legt, ist bei ihm an der richtigen Adresse. Sind Kinder dabei, sollte man König unbedingt auch bitten, die Erlebnis- und Experimentekiste herauszuholen.

Dann kann der Nachwuchs zum Beispiel die Temperatur der Gärreste messen und anschließend bei einem einfachen Test mit einem Luftballon beobachten, welche Power in den kleinen Bakterien steckt. Oder er baut einen Mini-Windgenerator zusammen und pustet kräftig – und schon leuchtet die LED-Lampe. Wenn die Zeit es erlaubt, dann dürfen Kinder auch einen Blick in den Schweinestall werfen und sogar ein quiekendes Ferkel auf den Arm nehmen.

Frischehof: Sonnenenergie mit Erdbeerkuchen
An Andreas Döpke, dem vierten Landwirt aus unserem Quartett, kommt ohnehin kaum ein Urlauber im Oldenburger Münsterland vorbei. Döpke betreibt einen „Frischehof“ direkt an der B72, auf der sich auch viele Gäste aus dem Ruhrgebiet der Nordseeküste nähern. Der Hof mit der großen Photovoltaikanlage auf dem Dach ist sogar extra ausgeschildert.

Wer sich bei Döpke zu einer „Energie-Erlebnis-Führung“ anmeldet, erfährt also einiges über die Nutzung der Sonnenenergie, landet aber über kurz oder lang ganz sicher auch bei dem riesigen Erdbeerfeld hinter dem Haus. 400 Meter sind die Reihen lang und voller leckerer Früchte der Sorte „Darselect“. Deren Geschmack kann er mit verbundenen Augen von dem anderer Sorten unterscheiden, sagt Döpke, der eher zu den Menschen gehört, die sich erst warmreden müssen.

Aber dann beantwortet er jede Frage auf die ihm eigene norddeutsch-bedächtige Art. Und anschließend gibt es Erdbeerkuchen im hofeigenen Café. Dort werden den Gästen die leckeren Früchte auf einem selbstgebackenen Biskuit-Marzipan-Boden mit dicker Quark-Vanille-Sahne-Schicht serviert. Wobei „Erdbeerschnitte“ eine echte Untertreibung für diesen Kawenzmann von Kuchen ist.