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Damien Rice mit neuem Album: Der Fürst der Traurigkeit

Damien Rice mit neuem Album: Der Fürst der Traurigkeit

Damien Rice hat den Soundtrack zur Traurigkeit geschrieben, bis der Liebeskummer ihn selbst traf. Acht Jahre Pause hat der 40-jährige Ire danach gebraucht. Pünktlich zur nahenden Winterdepression 2014 liefert er endlich sein drittes Album ab: Emotional, packend, fragil. Lauter war leise nie.

Was hat die Menschheit eigentlich die letzten acht Jahre ohne Damien Rice gemacht? Keine Beziehungen beendet, keinen Liebeskummer gehabt, nie getrauert? Wie auch? Rice hatte ihr nur zwei Alben zur Bewältigung der dunkelsten Stunden geschenkt: „O“, das ihm seinen Ruf als übernatürlich sensibler Singer/Songwriter mit Leise-Laut-Vorliebe eingebrockt hat und „9“, das ein bisschen weniger genial, aber noch nackt bis auf die Emotionen mit eben diesen zu bezaubern wusste.

Rice schrieb den Soundtrack für den Liebeskummer, bis er ihn selbst traf. Lisa Hannigan, die weibliche Stimme vieler Rice-Hits, verließ ihn und die Band. Danach kam die Krise, angeblich auch eine Therapie, vor allem der Rückzug, der Rice sowieso am besten steht. Man kann sich den 40-Jährigen am besten alleine im Norwegerpulli in der irischen Landschaft vorstellen. Oder gleich auf Island, wo das Album in Zusammenarbeit mit Rick Rubin auch vollendet wurde. Rubin, selbst ein großer Fan von Damiens fragiler Musik, beschreibt den Prozess auf Island so: „Ein großer Teil unserer Arbeit bestand darin, ihm zu helfen, das zu sehen, was jedem anderen schon klar war.“ Auch das passt wieder wunderbar zum Klischee des schüchternen und introvertierten Songwriters.

Rubin, der seit Jahrzehnten eher im lauten Bereich tätig ist, etwa für The Gossip oder System Of A Down, hält sich hier zurück. Seinen Einfluss hört man dem dritten Album von Damien Rice kaum an. Stattdessen steuert „My Favourite Faded Fantasy, wieder die Emotionen des Hörers, als wäre er eine einfache Marionette. „It Takes A Lot To Know A Man“ vereint dabei alle genialen Vorlieben von Rices Puppentheater. Die Geige, die aus dem Nichts kommt und sich direkt auf das Herz stürzt, das eben noch vom Piano liebkost wurde. Die traurigen Bläser im letzten Teil, die sich gemeinsam mit einem Chor aus Klagegesängen im Schmerz wiegen und dafür noch nicht mal einen Text brauchen. Oder der Streicher-Höhepunkt, der der mantraartig vorgetragenen Textzeile „All these useless dreams / Come let me love you“ folgt. In der richtigen Stimmung ist diese Musik ein Gänsehaut-Garant.

Jeder Song ist mindestens fünf Minuten lang, manche sogar über acht. Nur ein Song fällt aus diesem Konzept, er ist der schwächste und ausgerechnet er ist die Single. Rice hat sich immer gewehrt, seine Stücke auf Radiotauglichkeit zu trimmen. Er hat kein Interesse am Mainstream, wo er vermutlich auch nur als eine extremere Version von James Blunt missverstanden werden würde. Aber Rice ist auch der einzige Mensch, der „My Favourite Faded Fantasy“ mit den Worten beschreibt: „Ich empfinde es als ein fröhliches Album, tatsächlich fröhlich.“ Sowas kann nur der Fürst der Traurigkeit sagen.