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Wenn deutsche Schüler chinesisch singen

Wenn deutsche Schüler chinesisch singen

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Foto: Michael Korte
Am Essener Burggymnasium unterrichtet Yungang Zhang eine zehnte Klasse in Chinesisch. Und für die First Lady Chinas, die sich beim Damenprogramm am Samstag zusammen mit NRW-Schulministerin Löhrmann zum Besuch angesagt hat, wurde sogar ein traditionelles chinesisches Lied einstudiert. Doch zunächst gibt es das Steigerlied. Auf Deutsch.

Essen. 

„Ni hao“ heißt „Guten Tag“ , das weiß man vielleicht noch aus dem Fernsehen, aufgeschnappt damals 2008 während der Olympischen Spiele in Peking. Irgend sowas wie „Ni hao“ sagen sich an diesem Morgen auch Lehrer und Schüler im Klassenraum, danach versteht der unbedarfte Besucher tatsächlich nur noch chinesisch; Und er wundert sich, wie viel davon die Zehntklässler des Essener Burggymnasiums in einem halben Jahr schon gelernt haben.

Heute können die 15- und 16-Jährigen mit ihrem jungen Wissen um die alte Sprache besonders glänzen: Peng Liyuan, die Ehefrau des neuen chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, hat sich zu einem Besuch angesagt. Während ihr Mann in Duisburg Hafen guckt, widmet sich die ehemalige Schauspielerin dem praktischen Teil des Themas „Chinesisch als Abiturfach“. Damenprogramm mit NRW- Schulministerin Sylvia Löhrmann an ihrer Seite.

Ein guter Lehrer bleibt ein Schüler…

Konfuzius sagt: Ein guter Lehrer bleibt ein Schüler das Leben lang. Yungang Zhang (34) scheint ein guter Lehrer zu sein, denn fast alle jungen Leute sind recht intensiv dabei, antworten schon in kurzen Sätzen, soweit man das behaupten kann, man versteht ja kein Wort. Nur in einer Schulbank ganz hinten rhabarbern eine junge Dame und ein junger Herr über ferne Themen. Und sie bemerken auch nicht die mahnenden Blicke des Lehrers Zhang, bis der sie dann kurzerhand auseinander setzt. Konfuzius hätte vermutlich gesagt: Ob Latein oder Chinesisch, manche Dinge ändern sich in der Schule nie.

Yungang Zhang, der aus Kunming stammt und vor 13 Jahren zum Studium nach Deutschland kam und blieb, ist eigentlich Sprachwissenschaftler, hat aber seinen Spaß am Unterrichten entdeckt. Und motiviert die Kinder offensichtlich. Als er vor gut einem Jahr am Essener Burggymnasium anfing, gab es neun Chinesisch-Schüler, jetzt sind es 50, im nächsten Jahr werden es über 100 sein. Warum wollen die plötzlich alle Chinesisch lernen?

Banker oder Ingenieur

Eugen (16), wie die anderen Klasse 10: „Erstens ist der Lehrer ein guter Typ. Der hat uns das bei der Vorstellung der Sprache schmackhaft gemacht. Und dann kann Chinesisch auch ganz wichtig fürs berufliche Leben sein, denke ich. Ich will Banker oder Ingenieur werden. Zusätzliche Kenntnisse kommen bei den Firmen bestimmt gut an.“

Jonas (15) sieht das ähnlich: „Ich will Software-Entwickler oder Grafik-Designer werden. Neben Englisch und Französisch hatte ich jetzt zwei Jahre auch Spanisch. Das habe ich jetzt für Chinesisch beendet. Ich dachte mir, eine nichteuropäische Sprache ist doch interessant. Und so schwer ist es nicht, das ist ein Vorurteil. Man muss viele Vokabeln lernen, klar, aber die Grammatik ist eher schlicht. Ich will auch im Sommer nach Peking, da wird ein Feriencamp angeboten. Das finde ich spannend.“ Gelerntes im Praxistest.

Sprachkenntnis als Pluspunkt bei der Bewerbung

Für Anna (15) ist Chinesisch die dritte Fremdsprache nach Englisch und Latein. „Ich kann Sprachen auf jeden Fall besser als Mathe. Also…“ Sie wird heute auch noch mit dem Chor vor der „First Lady“ auftreten, die vor ihrer Ehe in China auch eine populäre Sängerin war. „Wir singen zunächst das Steigerlied.“ Auf chinesisch etwa? „Nein, deutsch natürlich, dann aber ein traditionelles Lied, das in China jeder kennt. Es heißt: ‘Rang women dangqi shuang jiang’. Und abschließend ‘Freude schöner Götterfunken’ in beiden Sprachen.“

Lehrer Zhang kennt natürlich die verschiedenen Motivationen seiner Schüler. „Auffallend ist, dass mehr Jungen als Mädchen dabei sind. Bei Sprachen ist das eher ungewöhnlich.“ Die Sprachkenntnis wird stark als Pluspunkt bei der Bewerbung verstanden. Dafür muss es dann aber auch feste Belege geben. Die Schüler legen sogenannte HSK-Prüfungen durch das Konfuzius-Institut ab, den Leistungsnachweis gibt’s in sechs Stufen. HSK 1 haben sie schon. HSK 2 kommt im Mai, HSK 4 ist das Ziel.“ Das heißt dann aber auch schon was: 1200 Vokabeln müssen beherrscht werden, 1500 Schriftzeichen. Der Schüler muss sich dann auch schon so ausdrücken können, dass ein Muttersprachler mit ihm ein gescheites Gespräch über Gott und die Welt führen kann.

Am Vortag hatte Yungang Zhang einen erfreulichen Anruf. „Eine Schülerin erzählte mir, dass sie einen Ferienjob bekommen hat, weil sie auch ein bisschen Chinesisch kann. Das ist doch schön.“ Da ist er schon ein bisschen stolz, oder? „Ein Lehrer ist dann froh, wenn die Schüler glücklich sind.“ Schöner hätte es auch Konfuzius nicht sagen können. Xie xie. Vielen Dank.