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Brüder Grimm locken Touristen nach Steinau an der Straße

Brüder Grimm locken Touristen nach Steinau an der Straße

Steinau an der Straße
Die Balken der Fachwerkhäuser wurden früher mit Ochsenblut bestrichen, um das Holz haltbar zu machen. Foto: dpa
Städte, die an der Deutschen Fachwerk- oder Märchenstraße liegen, ziehen Touristen an. Steinau an der Straße liegt gleich an beiden Routen.

Steinau an der Straße. 

Die Konkurrenz der Tourismus-Destinationen in Deutschland ist groß. Wohl dem, der attraktive Reiseziele oder gar Alleinstellungsmerkmale anpreisen kann. Auch kleinere Kommunen in Hessen kämpfen um Beachtung und Besucher. Hilfreich ist die Mitgliedschaft in Dachorganisationen, die Ferienstraßen vermarkten, die sich durch Deutschland schlängeln. Steinau an der Straße im Main-Kinzig-Kreis liegt gleich an zwei Themen-Routen: an der Deutschen Fachwerkstraße und der Deutschen Märchenstraße – der Brüder Grimm wegen. Die weltberühmten Märchensammler verbrachten in Steinau Ende des 18. Jahrhunderts einige Jahre ihrer Kindheit.

Das Brüder Grimm Haus in Steinau

Der ideale Ort, an dem sich in Steinau Fachwerk und Märchen vereinen, ist das Brüder Grimm Haus in dem 10.500 Einwohner zählenden Städtchen zwischen Fulda und Hanau. Das Gebäude, in dem der Vater von Jacob (1785-1863), Wilhelm (1786-1859) und den Geschwistern als Amtmann tätig war (1791-1796), ist heute das bedeutendste Fachwerkhaus der Stadt. Seit 1998 ist dort das Brüder Grimm Museum untergebracht. Es ist zugleich das einzige in Deutschland erhaltene Gebäude, in dem die Familie wohnte, wie Steinaus Tourismus-Chefin Claudia Dorn erklärt. Deswegen pilgern dorthin auch jährlich rund 12.000 Besucher.

Das Brüder Grimm Haus mit seinem Treppenturm ist ein Steingebäude mit aufgesetztem Schmuckfachwerk. An der Fassade sind geschweifte Andreaskreuze und geschnitzte und bemalte Holzkonsolen zu erkennen. Es stammt zwar aus dem Jahr 1562, das älteste Fachwerkgebäude in Steinau ist es aber nicht. Aus dem Jahr 1520 stammt ein Bürger- und Handwerkshaus nahe dem Rathaus. Darin ist ein Privatmuseum eingerichtet. Zu besichtigen gibt es Gegenstände aus der Land- und Hauswirtschaft sowie Musikinstrumente.

Fachwerk-Charakter in der Kernstadt

Noch heute sind zwei Drittel der Gebäude in Steinaus Kernstadt Fachwerkhäuser, wie Gästeführerin Maria Link erklärt. Bei vielen mittlerweile verputzten Gebäuden ergibt sich der Fachwerk-Charakter aber erst auf den zweiten Blick. An baufälligen Hauswänden kann man noch den Aufbau erkennen. Die Räume zwischen den großen Balken wurden mit Weidegeflecht und einer Mischung aus Lehm, Stroh und Wasser verfüllt, wie Link erklärt. Die Balken wurden früher übrigens mit Ochsenblut bestrichen, um das Holz haltbar zu machen.

Das Fachwerk ist zwar prägnant für die Mittelalter-Stadt. Doch um Touristen nach Steinau zu locken, ist sind die Märchen bedeutsamer. „Die Grimms sind ein Pfund für uns. Und der Tourismus ist enorm wichtig und bringt Geld“, sagt der Bürgermeister der mit rund 45 Millionen Euro verschuldeten Stadt, Malte Jörg Uffeln (parteilos). Nach Steinau kommen pro Jahr rund 200.000 Gäste. Viele von ihnen sind aber nicht an historischen Schätzen und kulturellen Kostbarkeiten interessiert. Sie steuern lieber den Erlebnispark an.

Vermarktung der Themenstraßen in Deutschland

Die Lage an gleich zwei Ferien- und Kulturstraßen wird in Steinau als enorm wertvoll angesehen. Wie viele Besucher aber vor allem wegen dieser Themen kommen – dazu kann die Stadt keine Angaben machen. „Das wird nicht gemessen. Es ist ja hier auch nicht wie auf dem Jakobsweg„, erklärt Uffeln.

Zu den messbaren Effekten der Mitgliedschaft in Themen-Organisationen können selbst große Branchenverbände keine konkreten Angaben machen. Es mangelt an Erhebungen, wieso Touristen bestimmte Orte bevorzugen. Iris Hegemann vom Deutschen Tourismusverband in Berlin sagt aber: „Wir sind überzeugt, dass Kommunen an Ferien- und Kulturstraßen mehr Besucher bekommen. Sie wirken wie Magnete und ziehen die Menschen in die Regionen. Das ist ein großer Wirtschaftsfaktor.

Wie stark die Mitgliedskommunen von dem Dachverband der Themenstraße profitieren, hängt vom Professionalisierungsgrad ab. Nicht alle Verbände vermarkten die mehr als 150 Themenstraßen adäquat, sagt Hegemann. Die Geschäftsstellen der Deutschen Märchenstraße in Kassel und der Deutschen Fachwerkstraße in Fulda sind da Vorzeigebeispiele. Sie bündeln Werbung, Marketing und Projekte und Veranstaltungen und machen die einzelnen Stationen der Ferienstraße auch im Ausland bekannt – offenbar mit Erfolg. „Es vergeht fast kein Tag, an dem ich bei uns nicht einen Touristen aus Asien auf der Straße sehe“, sagt Steinaus Bürgermeister Uffeln. (dpa)