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Bürokratie erschwert Registrierung von Asylbewerbern

Bürokratie erschwert Registrierung von Asylbewerbern

Die schleppende Registrierung von Asylbewerbern, der Datenschutz und Bürokratie treiben seltsame Blüten. Wer als Kriegsflüchtling deutschen Boden betritt, begeht eine Straftat illegaler Aufenthalt lautet der Vorwurf. Asylbewerber mit mehreren Identitäten aufzuspüren, ist kompliziert, weil die Computersysteme der Behörden nicht kompatibel sind.

Dortmund. 

„Illegaler Aufenthalt“ lautet der Straftatbestand, wegen dem die Dortmunder Polizei im Jahr 2014 in 1259 Fällen ermittelte. Zahlen für 2015 legt die Polizei erst im März 2016 vor. Laut Polizeisprecher Kim Freigang steht fest: „Die Tendenz nach oben fällt deutlich aus.“ Was auf die insgesamt steigenden Asylbewerberzahlen zurückzuführen ist. Die Staatsanwaltschaft geht von etwa 3000 Fällen aus.

Verschwendung von Ressourcen

Eine syrische Familie, die ihre zerbombte Heimatstadt verlassen hat und Schutz sucht, begeht auf dem Weg zur Erstaufnahme an der Buschmühle eine Straftat, weil sie keine Aufenthaltsdokumente besitzt. Unmittelbar nach Grenzübertritt oder im Zug nach Dortmund besteht für sie keine Möglichkeit, offizielle Dokumente zu erlangen.
Überprüft die Polizei die Familie, muss sie ermitteln – wegen illegalen Aufenthalts. Selbst wenn die Familie umgehend Asyl beantragt. Mit der Folge, dass die Staatsanwaltschaft den Vorwurf prüfen muss.

Eine Vielzahl dieser Verfahren stellt die Behörde am Gerichtsplatz ein, wenn die Flüchtlinge umgehend einen Asylantrag gestellt haben. Ein Polizist über Bürokratie und Ermittlungen: „Wir machen völlig sinnlos Papier schwarz. Das ist die Verschwendung von Ressourcen.“

So kompliziert ist die Erfassung von Identitäten

Die Frage nach der Effizienz stellt sich auch, wenn die Polizei einen Asylbewerber ohne Dokumente trifft oder dieser auf einer Wache erscheint und „Asyl“ sagt. Das sind die Schritte:

  1. Sie muss ihn per Amtshilfe erkennungsdienstlich behandeln, also Fingerabdrücke scannen und ein Foto aufnehmen.
  2. Als Papierausdruck – aber nicht elektronisch – gehen die Daten an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
  3. Das BAMF muss die Ausdrucke dann einscannen. Also die einst elektronisch erfassten und dann ausgedruckten Daten erneut elektronisch aufnehmen.

Zugriff auf diese Daten hat die Polizei dann aber nicht mehr, da sie die von ihr erfassten Daten aus Datenschutzgründen nach drei Tagen löschen muss und weil die Computersysteme beider Behörden nicht kompatibel sind. Bei einer späteren Kontrolle kann die Polizei nicht mehr erkennen, dass die überprüfte Person schon einmal erkennungsdienstlich erfasst wurde.

Andere Nationalitäten

Weil die Systeme der Bundespolizei ebenfalls nicht mit dem Computersystem des BAMF kompatibel sind, nimmt diese erst gar keine Registrierungen vor. Die Stadt Dortmund erkennt aktuell noch weitere, ganz andere Probleme: Von ihr im Auftrag des Landes registrierten Asylbewerber aus „sicheren“ nordafrikanischen Herkunftsstaaten (unter anderem Algerien, Marokko, Tunesien) reagieren auf verschärfte Asylbedingungen und versuchen, bevorstehende Rückführungen zu umgehen, indem sie später beim Asylantrag vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge andere Nationalitäten angeben.

Laut Stadt-Sprecher Michael Meinders würden sie, zum Beispiel, von Marokko auf Libanon umschwenken. Das BAMF muss auch diese Angaben prüfen. Michael Meinders: „Die Prüfung der Herkunft wird hierdurch erschwert.“

2016-02-14 01:52:00.0