Veröffentlicht inPanorama

„Die Ungehorsame“ wehrt sich gegen Ehe-Prügel

„Die Ungehorsame“ wehrt sich gegen Ehe-Prügel

S1_893296.jpg
Die Ungehorsame Foto: Britta Krehl
Großes Fernsehen bei Sat.1: Felicitas Woll spielt eine Frau, die sich nach langem Leiden gegen ihren gewalttätigen Ehemann wehrt.

Berlin. 

Das Wohnzimmer: ein Traum in weiß. Auf der Designer-Couch: eine Frau, zusammen gesunken, ganz schmal und allein, die Kleidung mit Blut durchtränkt. So beginnt er, dieser Film, der einen nicht mehr loslässt. „Die Ungehorsame“ kommt einem höchst sensiblen Thema sehr nahe – nicht oft wird die dunkle Zone der „häuslichen Gewalt“ so packend, so eindrucksvoll, so vielschichtig ausgeleuchtet.

Erstochen – das Ende einer Tragödie

Die Geschichte? Typisch! Bei einer Silvesterfeier hat Leonie den Alexander kennen gelernt, einen erfolgreichen Kardiologen, gut aussehend, charmant – ein wahres „Sahneschnittchen“, wie die Freundin bewundernd lobt. Rote Rosen und üppige Geschenke umrahmen den Auftakt einer Beziehung, die im Himmel beginnt und in der Hölle endet. Das erfahren wir früh, schon in der Eingangsszene. Vom Wohnzimmer, dem Traum in weiß, wandert die Kamera nämlich in die Küche. Dort: überall Blut, auf dem Boden ein Mann, die Augen leer, die Tranchiergabel in der Brust.

Warum, denken wir entsetzt, und ändern die Frage im Laufe der nächsten 90 Minuten in: Warum nicht eher? Denn was Leonie mitmacht, ist kaum zu beschreiben. Die Traumhochzeit wird zum Alptraum. Alexander ist ein Kontroll-Freak. Das ist am Anfang durchaus heiter, er will eben alles perfekt haben, der Herr Doktor! Doch leise, aber stetig übernimmt er auch das Leben seiner Ehefrau. Auf seinen sanften, aber kompromisslosen Druck hin gibt Leonie ihren Beruf als Goldschmiedin auf. Entfremdet sich vom Freundeskreis, den Eltern. Am Ende verschwindet sogar das letzte Glied zur Außenwelt, das Kindermädchen, das den Jungen betreut, den sie mit in die Ehe brachte. Auch hier: eine Intrige des Ehemannes.

Irgendwann ist Leonie ganz allein. Und Alexander wehrlos ausgeliefert. Der weiße Traum wird zum Gefängnis, in dem Gewalt zum Alltag zählt. Am Anfang ist es noch eine Ohrfeige, dem Alexander rutscht die Hand aus, kann man doch verstehen, tut ihm auch selbst unendlich Leid, Entschuldigungen unter Tränen, wortreiche Beteuerungen: Kommt nie wieder vor, ich liebe dich doch so sehr! Doch bald setzt es regelmäßige Prügel, erbarmungslose Demütigungen, furchtbare Strafen auch für kleinste Verstöße gegen eine Ordnung, die nur in Alexanders Kopf existiert.

Meister der Manipulation

Niemand bekommt das mit außerhalb der weißen Hölle. Alexander ist ein Meister der Manipulation. So glauben seine Freunde, Leonie leide unter psychischen Problemen, hätte sich in eine Therapie begeben. Hilfe suchen, gar Flucht ist kaum möglich. Ich bringe uns alle um, auch dein Kind, heißt es, und bald ist keine Kraft mehr da, um sich aufzulehnen, auch das wohl typisch.

Der Film schildert den Leidensweg in einem traditionellen Gerichtsdrama, ein kluger Handgriff, denn anders wäre die Gewalt kaum zu ertragen. Rückblenden unterstützen den Fortgang des Leids, sparsam eingesetzt und deshalb umso wuchtiger in ihrer Wirkung. Felicitas Woll und Marcus Mittermeier sind großartig als Leonie und Alexander, Holger Haase setzt das Drama behutsam als Kammerspiel in Szene, in jeder Einstellung seriös und doch aufwühlend.

Fazit: Ein wirklich ausgezeichneter, ein ganz wichtiger Film. Am Ende wird Hilfe angeboten. Unter der Telefonnummer 0800 0116016 können sich Frauen melden, die bedroht werden, auf der Internetseite (www.hilfetelefon.de) gibt es Rat. Jede vierte Frau wurde schon einmal Opfer von Gewalt. In einer Großstadt wie Berlin rückt die Polizei jede Nacht 35-mal nach einschlägigen Notrufen aus.

Dienstag, 31. März, Sat.1, 20.15 Uhr