- Zunehmende Beschwerden über Drückerkolonnen von Stromversorgern
- Vorwürfe gibt es auch gegen den Energieversorger RWE
- Verbraucherzentrale NRW rät generell von Haustürgeschäften ab
Essen.
Die Beschwerden häufen sich: Drückerkolonnen von Stromversorgern klingeln bei den Kunden an – und sorgen damit häufig für Ärger. „Gerade in letzter Zeit häufen sich die Fälle, von denen wir erfahren“, berichtet Jürgen Schröder, der als Jurist für die Verbraucherzentrale tätig ist. Auch der Name des Essener Energieversorgers RWE tauche im Zusammenhang mit Haustürgeschäften regelmäßig auf, sagt der Verbraucherschützer.
„Haustürgeschäfte sind zu einem nahezu alltäglichen Vertriebsphänomen in unserer Branche geworden“, klagt Marion Kapsa, die Geschäftsführerin der Stadtwerke Brühl. Gerade in den Januarwochen, wenn die Jahresabrechnungen verschickt werden, sei wieder verstärkt mit Drückerkolonnen zu rechnen.
In Bochum melden sich falsche Stadtwerker
„Uns erreichen in unregelmäßigen Abständen Berichte von Kunden über ,falsche Stadtwerker’, die in Bochum unterwegs sind“, berichten die Stadtwerke Bochum. Dabei gebe sich jemand als Mitarbeiter des kommunalen Versorgers aus und dränge Kunden zu Vertragsabschlüssen.
Die Stadtwerke Dortmund (DEW21) haben kürzlich Fälle registriert, bei denen Mitarbeiter einer Drückerkolonne nach Zähler- und Vertragsnummern gefragt haben – angeblich im Namen des örtlichen Versorgers. Die Daten seien danach missbraucht worden. „Die Menschen haben gar nicht gemerkt, dass sie damit Neuverträge schließen“, so DEW21-Sprecherin Martina Sprotte. Es sei aber schwierig bis unmöglich, die Fälle nachzuverfolgen.
Vorwürfe gibt es auch gegen den Energieversorger RWE. Die Stadtwerke Brühl haben nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr eine einstweilige Verfügung gegen RWE erwirkt. Kunden hätten berichtet, bei Verkaufsgesprächen sei fälschlicherweise behauptet worden, RWE habe die Stadtwerke übernommen.
RWE hat sich von einzelnen Mitarbeitern der Dienstleister getrennt
Grundsätzlich will RWE an Haustürgeschäften festhalten. Das Instrument habe sich bewährt. RWE beauftragt Dienstleister, die üblicherweise auf Provisionsbasis arbeiten. Dass Mitarbeiter „in Einzelfällen ein wenig über das Ziel hinausschießen, kann man nie gänzlich ausschließen“, erklärt das Unternehmen. Von einzelnen Mitarbeitern der Dienstleister habe man sich getrennt.
Die Verbraucherzentrale NRW sieht die Methode kritisch. „Bei einem Haustürgeschäft haben Verbraucher nicht die geringste Chance zu einem seriösen Preis- oder Tarifvergleich“, betont Jürgen Schröder.
Unsaubere Geschäftstaktiken
Mal sind es Bochum oder Bonn, dann Dortmund, Lünen oder Menden: Es gibt viele Stadtwerke in NRW, die von fragwürdigen Haustürgeschäften berichten. „Auch in Duisburg nutzen Mitbewerber Haustürgeschäfte, um Kunden zu gewinnen“, erzählt Thomas Nordiek von den örtlichen Stadtwerken. „Leider wird hierbei auch immer wieder mit unsauberen Geschäftspraktiken gearbeitet.“ Beispielsweise werde dem betroffenen Verbraucher vorgegaukelt, er bleibe Kunde bei den Stadtwerken und schließe lediglich einen neuen Tarif ab – tatsächlich wechselt er aber den Anbieter. Und der Vermittler kassiert seine Provision.
Es gebe es auch Kriminelle, die sich unter dem Vorwand, sie seien Mitarbeiter der Stadtwerke oder eines anderen Energieversorgers, Zugang zu einer Wohnung verschaffen, um Wertgegenstände zu entwenden, warnt Nordiek. Die Stadtwerke Lünen berichten von ähnlichen Fällen. „Um Weihnachten und das neue Jahr herum ist es ruhiger geworden, davor bekamen wir aber fast regelmäßig Rückmeldungen von unseren Kunden“, so Firmensprecherin Jasmin Teuteberg. „Dabei werden die Betrüger immer kreativer und denken sich abenteuerliche Geschichten aus. Es scheint, als ob gezielt ältere Personen besucht werden.“ Sie kenne Fälle, bei denen Kunden massiv bedrängt und beschimpft worden seien. „Wir raten dann immer, sofort die Polizei zu informieren.“
Es scheint um mehr als Einzelfälle zu gehen. Wie die Verbraucherzentrale NRW berichtet, lösen Drückerkolonnen von Stromversorgern zunehmend Klagen von Kunden aus. „Wir verzeichnen im Zusammenhang mit Haustürgeschäften immer wieder Beschwerden von Verbrauchern“, sagt Verbraucherjurist Jürgen Schröder. „Gerade in letzter Zeit häufen sich die Fälle, von denen wir erfahren.“ Beim Verband der kommunalen Unternehmen (VKU) wird aufmerksam registriert, dass unseriöse Dienstleister den sogenannten „Stadtwerke-Trick“ anwenden. Die Masche sei oft gleich, erklärt Werner Schui von den Bonner Stadtwerken: „Es werden oft nachgeahmte, gefälschte Dienstausweise vorgelegt. Dann versprechen die Haustür-Drücker einen günstigeren Preis, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich um einen neuen Energieliefervertrag mit einem Wechsel zu einer anderen Firma handelt.“
„Seriöser Tarifvergleich unmöglich“
Die Verbraucherzentrale zeigt sich besorgt. „Uns werden auch Fälle geschildert, die auf kriminelle Methoden bei Haustürgeschäften hindeuten“, sagt Jürgen Schröder. „Verbrauchern wurden – offenbar mit einer gefälschten Unterschrift – Stromverträge untergeschoben.“
Schröder rät bei Haustürgeschäften grundsätzlich zu Vorsicht. „Aufgrund der Negativerfahrungen sollten Verbraucher sehr skeptisch sein, wenn ihnen jemand einen Stromanbieterwechsel zwischen Tür und Angel schmackhaft machen möchte.“ Denn es gebe „nicht die geringste Chance zu einem seriösen Preis- oder Tarifvergleich“. Merken Verbraucher, dass sie über den Tisch gezogen worden sind, sollten sie rasch reagieren, sagt der Jurist. „In jedem Fall haben Kunden ein Widerrufsrecht innerhalb von 14 Tagen.“