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Deutscher Tierschutzbund warnt vor Hamster-Kauf

Deutscher Tierschutzbund warnt vor Hamster-Kauf

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Ein Goldhamster ist der Star im neuen Kinofilm „Rettet Raffi“. Der Tierschutzbund befürchtet, dass sich Kinder jetzt verstärkt Hamster wünschen.

Essen. 

Der Deutsche Tierschutzbund warnt vor spontanen und unüberlegten Käufen von Haustieren. Anlass ist der jetzt angelaufene Kinofilm „Rettet Raffi“, in der ein syrischer Goldhamster der beste Freund des achtjährigen Sammy (Nicolaus von der Recke) ist. Als der herzkranke Hamster entführt wird, muss der Junge seinen Kumpel befreien.

„Nach solchen Filmen haben viele Kinder den Wunsch nach einem Haustier. Ein Hamster ist für Achtjährige aber völlig ungeeignet“, sagt Tierärztin Dr. Henriette Mackensen vom Tierschutzbund, sie ist dort Fachreferentin für Heimtiere. Gerade Kinder wollen ihre Haustiere gerne anfassen, aber ein Goldhamster sei ein „scheues Fluchttier“ und zudem nachtaktiv. „Sie sind störrische Einzelgänger, und wenn sie tagsüber geweckt werden, gibt’s auch schon mal einen blutigen Finger“, ergänzt Norbert Zajac vom weltgrößten Tierfachhandel Zoo Zajac in Duisburg. Denn die kleinen Nager können zubeißen. „Tiere sind nicht zum Knuddeln.“

Geringe Lebenserwartung

Außerdem sei die geringe, nur zweijährige Lebenserwartung der Hamster für viele Kinder ebenfalls problematisch, findet Mackensen. „Hunde und Katzen eignen sich für kleine Kinder viel besser, zu ihnen können sie eine enge Beziehung aufbauen und auch Körperkontakt haben.“

Dennoch halte sich der Hamster unter den beliebtesten Kleintieren auf Platz Drei, hinter dem Meerschweinchen und dem Spitzenreiter, dem Kaninchen. Dass Raffi diese Top-Platzierung festigt, davon ist der Tierschutzbund überzeugt. Seine riesengroßen Kulleraugen ließen bestimmt viele Kinderherzen schmelzen. „Der Film spiegelt etwas vor, dass es in der Realität nicht gibt“, sagt Mackensen.

Schon Fernsehhund Lassie kurbelte die Nachfrage an

An Heiligabend werden aufgrund des Kinofilms viele Goldhamster unterm Weihnachtsbaum sein, sagt sie außerdem voraus. Beliebte Familienfilme beeinflussten in der Vergangenheit oft das Kaufverhalten und auch die Züchter. „Das war schon bei Lassie so“, weiß Mackensen. Ebenso machten „101 Dalmatiner“ und „Ein Hund namens Beethoven“ mit einem Bernhardiner diese Rassen populär.

Der Animationsfilm „Findet Nemo“ habe eine große Nachfrage nach Clownfischen (Amphiprion percula) verursacht, erinnert sich Händler Norbert Zajac. Einige Marketingverantwortliche schossen damals aber übers Ziel hinaus. So hätten Firmen etwa mit speziellen Nemo-Aquarien geworben, „die waren für Süßwasser, aber Nemo ist ein Salzwasserfisch“. Im schlimmsten Fall sind die Clownfische deshalb gestorben. Wenn die Fortsetzung „Findet Dory“ im Sommer 2016 ins Kino kommt, wollen Händler in Österreich solche Szenen vermeiden. Laut Tierschutzbund haben sie bereits angekündigt, dann zeitweise keine Palettendoktorfische (Paracanthurus hepatus) mehr zu führen.

Zoobranche ist gut gewappnet

Dagegen gibt sich Norbert Zajac wegen Raffi unaufgeregt und erwartet keinen übermäßig großen Kaufrausch: „Wir wissen, dass diese Filme laufen und stehen in Habachtstellung, wenn Kunden danach fragen. Die Zoobranche ist gut gewappnet und kann spontane Fehlkäufe durch vernünftige Beratung und Aufklärung abwehren.“ Schließlich bedeute ein Haustier viel Verantwortung: „Wir packen nicht blindlings einen Goldhamster und verkaufen ihn, sobald nur jemand danach fragt.“

Einige Eltern werden dennoch darauf bestehen, für ihre Kinder einen Hamster zu kaufen, nachdem sie „Rettet Raffi“ gesehen haben. Dann will Zajac zu den dämmerungsaktiven Zwerghamstern raten. „Sie sind vormittags und nachmittags wach und werden ein einer Gemeinschaft gehalten. So sehen Kinder dann eine Hamsterfamilie.“ Das sei gut für ihre Entwicklung.

Kuriose Haustierwünsche

Längst nicht alle knuddeligen Filmtiere haben echte Gegenstücke, die als süß gelten. Trotzdem können sie Haustiertrends beeinflussen: Durch „Ratatouille“ habe sich die Anzahl der Hausratten in Frankreich verdoppelt, so der Tierschutzbund, und der dortige Fachhandel freute sich über ein Absatzplus von 40 Prozent bei diesen Nagern und deren Zubehör. Noch kurioser sind einige Anfragen, die Norbert Zajac in seinen knapp 40 Jahren in der Branche erlebt hat: „Nach dem ersten ‚Weißen Hai‘ wurde ich nach Babyhaien gefragt, und nach Piranha-Filmen wollten auch Leute Piranhas haben. Das war aber eine andere Zielgruppe als für die Goldhamster.“ Keine Eltern, die Kinderwünsche erfüllen wollten.

Der Tierschutzbund erneuert jedoch nicht bei jedem Tierhelden seine Warnung vor unüberlegten Haustierkäufen zu erneuern. Zeitgleich mit „Rettet Raffi“ ist an diesem Donnerstag der neue Asterix-Comic herausgekommen. Der beliebte Hund Idefix lässt die Tierschützer nicht fürchten, dass an Weihnachten etwa zahlereiche spontan gekaufte weiße Terrier verschenkt werden. Lässt Idefix also Kinderherzen kalt? Bestimmt nicht. Einen Kauftrend löst er aber nicht aus, weiß Dr. Henriette Mackensen aus Erfahrung: „Weil man ihm keine genaue Rasse zuordnen kann.“