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Lidl importiert trotz Schweinepest rohe Wurst aus Polen – deutsche Bauern in Rage

Lidl importiert trotz Schweinepest rohe Wurst aus Polen – deutsche Bauern in Rage

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ILLUSTRATION - 15.02.2018, Baden-Württemberg, Stuttgart: Polnische Rohwurst aus Schweinefleisch liegt auf einem Tisch. (gestellte Szene). (zu dpa: „Afrikanische Schweinepest: Bauern kritisieren Import polnischer Wurst“ vom 18.02.2018) Foto: Sebastian Gollnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: dpa
  • Ein Angebot von Lidl hat für Ärger bei deutschen Schweinewirten gesorgt
  • Denn das Fleisch für die Wurst-Eigenmarke „Kuljanka“ stammt zum Teil aus Polen
  • Dort wütet derzeit die Afrikanische Schweinepest

Stuttgart. 

Am besten einen Haufen Gülle vor die nächste Lidl-Filiale kippen – diesen Wunsch hegt derzeit so manch ein deutscher Schweinebauer. Der Discounter hat die Branche mit seinem aktuellen Angebot osteuropäischer Spezialitäten vor den Kopf gestoßen.

Produkte wie die Polnische Rohwurst der Lidl-Eigenmarke „Kuljanka“ sind in den Augen der Landwirte derzeit ein Unding – denn im Nordosten Polens kursiert die Afrikanische Schweinepest.

Risiko Fernfahrer und Saisonkräfte

Die Schweinebauern fürchten, dass das Virus per Wurstimport auch nach Deutschland kommen könnte. An der Aufregung ist das Bundeslandwirtschaftsministerium wohl nicht ganz unschuldig.

Denn es warnt davor, dass Fernfahrer und Saisonkräfte aus Osteuropa infizierte Fleisch- und Wurtwaren mitbringen könnten. Wenn diese etwa an Raststätten auf die Wiese geworfen und dort von Wildschweinen gefressen würden, könne sich die Seuche ausbreiten.

Fleischwirtschaft warnt vor Panikmache

Lidl verweist auf strenge Qualitätskontrollen und saubere Zulieferer, der Verband der Fleischwirtschaft warnt vor Panikmache, aber die Verwirrung und die Ängste bleiben groß.

„Wie soll Lidl zu 100 Prozent ausschließen, dass hier kein bereits erkranktes Schwein geschlachtet und verarbeitet wurde?“, kommentiert ein Leser auf der Website der Fachzeitschrift „Top Agrar“. Das Medium hatte das Lidl-Angebot als erstes thematisiert und damit den Nerv zahlreicher Tierhalter getroffen.

Zahlen in Polen und Litauen alarmierend

Obwohl es in Deutschland bisher keine Fälle der Afrikanischen Schweinepest gibt, sind die Zahlen aus Osteuropa alarmierend. Neuerkrankungen von Wild- und auch Hausschweinen werden vor allem in Litauen und Polen verzeichnet.

„Dort wurden im Jahr 2015 insgesamt 1639 Fälle gemeldet – aktuell haben wir schon über 1000 Fälle in den vergangenen zwei Monaten“, sagt Elke Reinking, Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit. „Diese Ausbruchszahlen sind schon heftig, und ein Ende ist nicht in Sicht.“ Menschen erkranken generell nicht an dem Erreger.

Lidl: Fleisch stammt nur aus nicht betroffenen Gebieten

Das Institut verweist jedoch auch darauf, dass nichts gegen ganz normale Lebensmittel aus jenen Regionen in Polen spreche, die nicht betroffen sind. „Aus den restriktierten Zonen in Polen kommt nichts raus, dafür sorgen die Veterinärbehörden vor Ort.“ EU-Regelungen legen fest, dass aus diesen Regionen kein Tier und kein Fleisch gebracht werden darf.

Darauf beruft sich auch Lidl. Der Rohstoff für die Wurstwaren stamme sowohl aus Zentral- als auch aus Osteuropa, teilte das Unternehmen mit. Und weiter: „In Ländern, die von der Afrikanischen Schweinepest betroffenen sind, beziehen wir ausschließlich Rohstoffe aus den sogenannten freien Gebieten, in denen gemäß des Durchführungsbeschlusses 2018/169 der Europäischen Kommission vom 1. Februar keine Beschränkungen aufgrund der ASP vorliegen. Zudem führen unsere Lieferanten beim Fleischrohstoff grundsätzlich strenge Qualitätskontrollen durch.“

Absolute Sicherheit fraglich

Ob das 100-prozentige Sicherheit bringt, wie die Landwirte fordern, bleibt dennoch offen. „Wer tonnenweise Rohstoff einkauft, müsste Tausende von Schweinen prüfen, um absolute Sicherheit zu haben. Das wird nie gehen, es wäre auch zu kostenintensiv“, sagt Veterinär Otto Hornstein vom Schweinegesundheitsdienst der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg. (dpa)