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Das Kind im Manne: Vor 50 Jahren starb Stan Laurel

Das Kind im Manne: Vor 50 Jahren starb Stan Laurel

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Oliver Hardy starb vor 50 Jahren Foto: dpa
Auch 50 Jahre nach seinem Tod halten Tausende Fans weltweit das Erbe des Komikers Stan Laurel hoch – in Los Angeles ist das Epi-Zentrum der Verehrer.

Los Angeles. 

849 Ocean Avenue. Santa Monica. Hotel Oceana. Wer hier absteigt, hat die XL-Packung Kalifornien gebucht. Pier und Strand vor der Tür, Hollywood im Rücken und Kinogeschichte unterm Dach. Wo heute Hotel-Gäste logieren, lebte bis 1965 in einem Appartement ein kleiner, dünner Mann, über den Buster Keaton einmal sagte: „Vergesst Chaplin. Stan war der Größte.“ Stan Laurel.

Der mal weinerliche, mal zappelige, mal wundervoll begriffsstutzige Partner von Oliver „Babe“ Hardy. Stan und Ollie. Zwei Metaphysiker des Humors. Titanen des gespielten Witzes zwischen Stumm- und Tonfilm-Ära. Im deutschen 70er-Jahre-Fernsehen der Inbegriff vom Kind im Manne. Wenn auch unter dem ehrabschneidenen Titel „Dick & Doof“. Am Montag vor 50 Jahren erlag Stan Laurel in Suite 203, 849 Ocean Avenue, einem Herzinfarkt.

Der Mythos Laurel/Hardy ist lebendig wie nie

Für Fans der Allzumenschlichen, denen Millionen die erste große Tortenschlacht im TV und absurde Wie-du-mir-so-ich-dir-Vergeltungsorgien verdanken, ist das Datum der inoffizielle Auftakt in das große Stan Laurel-Gedenkjahr. Schon im Juni jährt sich der Geburtstag des gebürtigen Briten zum 125. Mal. Der Mythos Laurel/Hardy ist dagegen lebendig wie nie. „Regelmäßig kommen Besucher und wollen sehen und fotografieren, wo er gewohnt hat“, berichtete kürzlich eine Angestellte im Oceana.

Nicht anders ist es an der Kreuzung von Vendome und Del Monte im Silverlake-Kiez von Hollywood. An einer filmhistorischen Treppe wird heute ebenfalls mit erhöhtem Besucherandrang gerechnet. Genau an dieser Stelle haben „Stan und Ollie“ Anfang der 30er Jahre einen ihren größten Erfolge gedreht: „The Music Box“ („Das verrückte Klavier“).

Die Geschichte von zwei Männern im besten Alter, die sich vergeblich dabei abmühen, einer alten Dame treppaufwärts das sperrige Musikinstrument anzuliefern, einer der lachtränenreichsten Sisyphos-Versionen aller Zeiten. Und Oscar-prämiert obendrein.

Einziger Daseinszweck: Spaß haben

Dass der Originalschauplatz im Bewusstsein geblieben ist, daran ist Arthur Stanley Jefferson, wie Laurel mit bürgerlichem Namen hieß, nicht ganz unschuldig. Kurz vor seinem Tod, Oliver Hardy war schon 1957 nach einem Schlaganfall gestorben, hatte Stan Laurel seinem Freund John McCabe für den Tag X grünes Licht für die Gründung eines Fan-Klubs gegeben. Unter einer Voraussetzung: Trauer und Trübsal verboten. Einziger Daseinszweck: Spaß haben.

Zwei Monate nach der Beerdigung von Stan Laurel gründeten sich die „Sons of the Desert“. Benannt nach dem gleichnamigen Film aus dem Jahr 1933. Mittlerweile haben sich weltweit Tausende „Wüstensöhne“ in so genannten „Tents“ organisiert, sehen fachsimpelnd zusammen die über 100 alten Filme, diskutieren Literatur- und Forschungserkenntnisse, spielen Sketche und Szenen nach und halten das Erbe in Ehren. In Deutschland finden Liebhaber des anarchischen Humors in Darmstadt, Saarbrücken und ganz besonders in Solingen bei Vera und Wolfgang Günther auf tiefes Verständnis.

Im „Walder Kotten“, einem ehemaligen Industriegebiet, ist Deutschlands erster Fan-Klub („Two Tars Tent“) und zugleich das einzige Laurel & Hardy-Museum beheimatet. Angefüllt mit Requisiten, seltenen Fotos und viel Detailwissen über die Filmographie der stilprägenden Spaßvögel (www.laurel-hardy-museum.de).

Laurel schrieb handschriftlich Dutzende Briefe an Fans und Freunde

Das Epi-Zentrum der Fan-Gemeinde aber liegt in Los Angeles. Im Mayflower Club in Hollywood trifft sich seit fast 20 Jahren wöchentlich das „Way Out West“-Tent. Das Meisterwerk von 1937 gab der Vereinigung den Namen. Und wenn die Gerüchte stimmen, dann können einige Mitglieder die Schlüsselszene aus „Zwei ritten nach Texas, so der deutsche Titel, nahezu perfekt nachspielen: Stan gibt Ollie mit Daumen und Zeigefinger Feuer – Ollie macht das wahnsinnig – Am Ende muss Stan seinen Hut zu verspeisen. Mit Randy Skretvedt und Richard Bann hat der Verein die vielleicht kundigsten Laurel & Hardy-Forscher überhaupt in seinen Reihen.

Aber auch Fachleute wissen nicht alles. Darum wird mit Spannung erwartet, was die noch nicht freigeschaltete Internetseite www.lettersfromstan.com demnächst noch für Neuigkeiten zutage fördern wird. Stan Laurel hatte in den letzten Lebensjahren handschriftlich Dutzende Briefe an Fans und Freunde geschrieben. Einmal öffentlich, werden sie wohl beglaubigen, was auf seinem Grabstein auf dem Forest Lawn Friedhof in Hollywood steht. „Ein Meister der Komödie. Seine Genialität in der Kunst des Humors brachte Freude in die Welt, die er liebte.“

Stan Laurel selbst wäre das ein bisschen dick aufgetragen gewesen. Lebte er er noch, würde er sich seinen Teil denken. Und unnachahmlich am Kopf kratzen.