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Jochen Malmsheimers Eröffnungsrede beim Zeltfestival

Jochen Malmsheimers Eröffnungsrede beim Zeltfestival

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Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool

Bochum/Witten. 

Jochen Malmsheimers polarisierende Rede am Eröffnungsabend des dritten Zeltfestivals hat nicht allen Besuchern gefallen. Insbesondere Oberbürgermeisterin Scholz war pikiert. DerWesten veröffentlicht das persönliche Grußwort des Kabarettisten.

Hohes Zelt! Herr Präsident, Frau Oberbürgermeisterin, Eminenzen und Exzellenzen, Monstranzen und Substanzen, geschätzte Damen, edle Herren, theure Thiere, Älteste, Quiriten, Bochumer! Lieber Hæri, lieber Bjørn, Lieber Lookas!

Auch ich möchte, gleich meinen geschätzten Vorrednerinnen und Vorrednern, eine Grußadresse absondern, welche den Beitrag, den dieses außergewöhnliche Ereignis, um die vakuöse Worthülse „Event“, eine der drei wesentlichen Gesprächskartuschen im Veranstalter-Rotwelsch, zu vermeiden…

…eine Grußadresse also, welche den Beitrag, den dieses außergewöhnliche Ereignis zum Nutzen und Frommen der Bürgerinnen und Bürger unserer gequälten Gemeinde leistet, gebührlich und angemessen herauszuarbeiten im Sinne hat.

Dabei möchte ich gleich zu Beginn darauf hinweisen, daß ich, anders, als jene, die vor mir adressierten, ausschließlich für mich selber spreche, eine Fähigkeit, die ich mir unter Mühen antrainierte und die mich eigentlich seitdem hinreichend ausfüllt.

Ich freue mich ehrlich und tief, daß ich auch in diesem Jahr wieder ein Speckwürfelchen in der Pfanne jener Bratskartoffeln sein darf, welche dieses Festival im sonst so öden Buffet der wiederkehrenden allsommerlichen Daheimgebliebenenbespaßung darstellt.

Wie sie vielleicht wissen oder ahnen oder verdrängen oder nicht einmal vermuten, bin ich ein Mensch mit einem höchst empfindlichem Sensorium und die obwaltende Jahreszeit hält für michereinen mannigfaltige Prüfungen bereit, die mit einem Lächeln zu absolvieren mir alles abverlangt.

Die hässlichen Seiten des Sommers 

Auch von den häßlichen Seiten des Sommers muß die Rede sein, um die wohltuende Wirkung dieses etwas anderen, in seiner Familienfreundlichkeit geradezu etwas skandinavisch anmutenden, dabei von fastmediterranem Geist boragleich durchwehten Festivals angemessen plastisch wie nachvollziehbar herauszumodellieren.

Lassen Sie es mich mit den Worten von Christian Fürchtegott Rosencrantz sagen, den Worten jenes Dichters, welcher zu Lebzeiten selbst seiner Familie völlig unbekannt war und der auch über die Grenzen seiner Heimatstadt Söbeln erstaunlich unbeachtet blieb.

Das liegt auch daran, daß er so gut wie nichts veröffentlichte. Rosencrantz widmete sich intensiv der Abrichtung von Bisamratten zur Postbeförderung und konnte auch dort keinerlei vorzeigbare Erfolge vorzeigen. Da er jedoch die wenigen Ergebnisse seines schriftstellerischen Schaffens den eigenen Tieren zur Beförderung überließ, ist von seinem Werk so gut wie nichts erhalten.

So kann der nun folgende Vierzeiler mit Recht als Höhepunkt seines literarischen Schaffens eingestuft werden,er lautet: Frühling hat sein blaues Band wieder einmal so verspannt, daß rund 10 Prozent der Welt ständig auf die Fresse fällt.

Dieser Text bildet in geradezu stupender Deutlichkeit jene Gefühle ab, die mich zur Zeit umtreiben. Frühling, Frühsommer, Sommer, dieser Dreiklang des Wohlbefindens wandelt sich in Lichtgeschwindigkeit zu einer Dissonanz geradezu kakophoner Qualität, wenn man die Sicherheit des eigenen Balkons oder Gartens leichtfertig zu Gunsten eines Besuches der örtlichen Fußgängerzone oder des Freibades aufgibt.

Wohlgemerkt: Gerade der weibliche Körper ist für mich ein Anlaß ständiger Verzückung, jenes Triptychon aus Anmut, Rundung und sanfter Weichheit ist Ziel inständiger Sehnsucht, ja Anbetung , aber es gibt auch gute Gründe, aus der Kirche auszutreten.

Begeben sie sich doch mal dieser Tage in die gleichgeschalteten Konsumwüsten, die sich Fußgängerzonen schimpfen, was muß das Auge, das ungeschützte, dort erblicken? Neben schüchternen Kroki und Osterbimmeln in schmucken Waschbetonpflanzkübeln schießen, einem herzhaften Magenwind nicht unähnlich, Biergärten und Freisitze aus dem Boden. Die Freiluftsaison ist eröffnet! Jetzt kann der Deutsche endlich draußen das tun, was er auch drinnen wie kein zweiter beherrscht. Das Trinken!

Merke: Solange Weihenstephan noch steht, ist doch auf Pisa geschissen! Jetzt können alle endlich auch in der Öffentlichkeit zeigen, was in ihnen steckt, beispielsweise beim Übergeben, vom Freisitz auf den Gehsteig. Ein herrliches Bild! Doch auch diese wunderbaren Frühlingsodoramen werden immer wieder von Frauen in abenteuerlich gemusterten Schenkelpellen, den sogenannten Leggins, empfindlich gestört. Saufen und Pöbeln? Okay! Aber muß man bis zum Bersten gefüllte Beinschläuche ertragen? Nie und nimmer!

Strukturwandel vor allem auf weiblichen Oberschenkeln  

Natürlich lädt allein der Begriff „Freiluftsaison“ zur Bekleidungsreduktion ein, aber kann man Einladungen nicht auch absagen? Aber genau! Was muß in einem passieren, damit man auf die Idee kommt, das eigene kontinentale Gesäß wider alle Vernunft in Schrumpffolie zu schweißen?

Wir sind doch hier im Ruhrgebiet und nirgendwo sonst wird deutlicher, daß Strukturwandel vor allem auf weiblichen Oberschenkeln stattfindet. Doch nicht die Einlagerung von Fettreserven im Unterhautgewebe ist verwerflich, der nächste Winter kommt bestimmt, nein, die schamfreie Demonstration der eigenen Vorratshaltung ist es!

Trage ich ständig meinen Kartoffelvorrat für alle sichtbar mit mit herum? An den Beinen? Hab ich Brennholz am Arsch? Apropos Beine! Frauen, die Ihre untere Hälfte in grob gemusterte Stützstrümpfe zwingen, sind in ihrer geradezu exemplarischen Scheußlichkeit aber noch zu toppen, und zwar durch Männer.

In kurzen Hosen. Und in Sandalen! Haarige, männliche Säbelbeine in bis unter die knotigen Knie stramm hochgezogenen Ärztesocken mit drei bunten Ringelstreifen, wurzelige Zehen, die sich klauengleich über die birkenstock‘sche Fußschweißwanne hervorkrümmen und bisweilen, der Gipfel der Zumutung, sockenlos den Blick auf hornige Fußnägel, die an Chipsletten erinnern, freigeben, sind so ungefähr das Häßlichste, was man sich überhaupt vorstellen kann. Und im kurzen Hosenbein mit Schenkeltasche baumelt rechtsseitig der schrumpelige Klammerbeutel, welcher dann im Sitzen fregattvogelkehlsackgleich aus dem weiten Beinkleid zur Begutachtung durch jedermann hervorgepreßt, vom faßstarken, t-shirt-tapezierten Blähbauchüberhang mühelos beschattet wird.

Gerade Angehörige jener Generation, die schon zu Fuß in Rußland war, zeigen sich gern in solcher Weise, daher ist von langen Fußmärschen prinzipiell abzuraten. Doch nicht nur Greise und das Mittelalter zeigen sich dieser Tage geschmacks- wie schamfrei, nein, gerade die Jugend beiderlei Geschlechts steht unter erhöhtem Druck der Bekleidungs-, wie der Freizeitindustrie, als ob unsere Kinder nicht schon genug am Bein hätten mit einer Mode, die sie zwingt, Hosensäcke und Fußboote zu tragen, sich mehr Nirosta ins Gesicht und den knospenden Genitalbereich zu nieten, als für eine handelsüblich Doppelspüle mit Abtropfzone draufgehen würde und sich mit chinesische Lebensweisheiten brandmarken zu lassen, wie einjähriges Schlachtvieh.

Wellnessfanatiker und Beautyfaschisten haben das Regiment übernommen 

Ich möchte nicht wissen, in wie viele weibliche Rücken die Aufschrift „Nicht auf den Boden spucken“, „nächste Dichtigkeitsprüfung 2011“ oder einfach „1 Pfund Halb und Halb 2,98,-“ in asiatischer Kalligraphie gekerbt wurde. Also ich hätt‘s gemacht. Jugendwahnsinnige und Gesundtheitserpresser setzen uns zu, wohin wir uns auch wenden.

Die ohnehin leeren Gesichter der Innenstädte werden, wenn sie nicht, wie bei uns, zu einer aseptischen und marmorgekachelten Sturmschneise verkommen, die dann in der immer gleichen, miefigen Bochumer Großmannssucht „Boulevard“ getauft wird, aber eher an eine längs halbierte Schuttrutsche erinnert und die in winterlicher Vereisung das Oberschenkelhalsbruchrisiko für alle oberhalb der 50 Lebensjahre in den Rang einer Gewißheit erhebt…

…diese bundesweit identischen Retorteninnenstädte also, diese verrossmannten, verschleckerten zugehandyten Matratzenlager, denen man allein aus ästhetischen Erwägungen ein erneutes, beherztes Eingreifen der alliierten Luftstreitkräfte wünscht, werden zu alledem noch von Solarien und Fitnessclubs geflutet, in denen gut gebaute, aber subfontanell schlecht möblierte junge Männer oder kroßgebräunte Frauen mit ledrigen Ibizzagesichtern, silikon-aufgeschäumtem Hirnschädel und mürben Blätterteigdekoltees zum Verweilen in 1000 Watt starken Liegebrätern einladen.

Wellnessfanatiker und Beautyfaschisten haben das Regiment übernommen, uns bleibt nichts, als schön braun zu werden, wer’s schon ist, wie so mancher Sachse, kann es bleiben und wer vor dem Solariumsbesuch eine Kräutercreme aufträgt, bleibt hernach in der Kruste schön saftig. Die Verschiebung der Werte ist es, die solches möglich macht.

Was früher unter Körperverletzung geführt wurde, nennt sich heute Schmuck, was als Pegelton galt, ist plötzlich Musik, Gestammel wird Literatur, gerade einen Meter weit gucken heißt Fernsehen, der oral gekachelte grinsende Hohlkörper Thomas Hermanns gilt als witzig, Angehörigen bildungsferner Schichten beim Blamieren zuschauen ist eine Talkshow, und einen Fußballer zu fragen, ob, und wenn ja, wann er die 56. Minute erlebt hat, nennt sich Interview.

Wertewandel ist an sich ja nichts schlimmes oder gar verwerfliches, im Gegenteil, es ist ein Zeichen für Entwicklung. Aber das Entscheidende bei einer Entwicklung ist nicht die Tatsache, daß es sie gibt sondern welche Richtung sie nimmt. Und davon gibt es zwei. Das Mittelalter etwa hatte die Hochkultur der Antike vollkommen vergessen. Für über 500 Jahre. Es gibt also durchaus Grund zu erheblicher Sorge. Doch nicht in dieser Stadt.

Bochum ist nicht Dortmund. Oder Essen. Selbst zu Witten hat es nicht gereicht. 

Wie wir alle wissen, leidet die jeweilige Obrigkeit dieser Stadt, wohlgemerkt nur die Obrigkeit, das aber seit Gründung der Gemeinde, also seit über 900 Jahren, unter der Tatsache, daß Bochum nicht Dortmund ist. Oder Essen. Selbst zu Witten hat es nicht gereicht. Und das nagt. Und bohrt. Und frißt. Und ätzt. Und löchert. Und brennt. Und dann, in einem dieser schwarzen, sauren Momente finsterster Niedergeschlagenheit, muß irgendjemand auf der Suche nach irgendetwas Besonderem durch Zufall das Buch im Bochumer Stadtwappen entdeckt haben. Ein Buch!

Das stimmt zunächst, wiewohl es wichtig ist, zu wissen, daß es sich bei der Herleitung des Emblemes im Jahre 1381 aus dem Namen der Stadt „Bukhem“ schon damals um das Ergebnis eines Übersetzungsfehlers oder schlichter Unkenntnis gehandelt hat, bedeutet „Bukhem“ doch nicht „Bücherheim“ sondern wohl eher „Heim unter Buchen“. Doch das focht vor siebenhundert Jahren niemanden an und tut es heute immer noch nicht, womit eine offensichtlich zentrale Eigenschaft der Bochumer Verwaltung, nämlich das durch keinerlei Sachverstand angekränkelte oder gar durch Recherche getrübte, wider jede Vernunft betonierte Verrharren im Irrtum, sehr schön herausgearbeitet ist.

Aus dem recht dürren Faktum der Anwesenheit eines Buches im Stadtwappen wird hierzustadt flugs die Nähe der Gemeinde zur Literatur gefolgert, was in der Bezeichnung „Stadt des Buches“ gipfelt. Bochum. Stadt des Buches. Ein Buch im Wappen kann aber doch alles mögliche bedeuten: Von einem Hinweis auf das hier blühende Buchbinderhandwerk, über das hohe Vorkommen wackelnder Tische, die erst durch das Unterschieben eines Buches zur Ruhe kommen, bis zu der Tatsache, daß man hiererorts die über der Scheiße in den Häusern kreisenden Fliegen ausschließlich mit Folianten erschlägt oder daß diese Gemeinde vielleicht das Oberzentrum gefinkelter Buchprüfung darstellt, eines Gewerbes also, welches, ganz anders, als Literatur, gänzlich ohne Phantasie auskommt und dergleichen mehr.

Aber nein, Literatur, also Kunst muß es schon sein. Und, schwupp, startet die ortsheimsuchende Gazette, deren Mitarbeiter sich oftmals selber in strenger Verkennung der Sachlage als Literaturschaffende begreifen, eine Serie über Schreibende in Bochum und die tiefe Verwurzelung der Textproduktion in dieser Stadt, einer Stadt, die sich ja schon immer Literatur auf die Fahnen geschrieben habe. Da gehört sie aber nicht hin und, wäre sie welche, passte sie da auch gar nicht drauf.

Der literarische Ausstoß dieser Gemeinde erschöpft sich in der „Jobsiade“ des Karl Arnold Kortum, eines in Mülheim geborenen Arztes, aus dem Jahre 1784 und dem Frühjahrskatalog von Reifen Tanski, eines namhaften nordrheinwestfälischen Pneu- Barons, welcher in Bochum zwei Filialen unterhält. Aus diesen zwei Steinen und einer Hand voll Kies eine „Stadt der Literatur“ bauen zu wollen ist schlichtweg vermessen.

Aber auch das ficht niemanden an, denn es geht den Bochumer Verantwortlichen gar nicht um Literatur, wie sollten sie die wohl auch erkennen, nein, Hauptsache, es klingt so, wie. Und von Dingen, die „so wie“ klingen oder aussehen, gibt es in Bochum allerdings genug. Dieses „als ob“ ist oft genug Bochumer Realität in mancherlei Belangen und wird als vollkommen hinreichend empfunden, vermutlich weil es einfacher und billiger ist.

Es gibt zum Beispiel ein Grundstück, das wegen dreier Haufen Dreck „Trimonte- Park“ geheißen wird. Was hier als U-Bahn firmiert, würde in Berlin oder Paris, Moskau oder New York noch nicht mal als Lüftungsschacht für die Betriebstoiletten, sondern allenfalls zur Aufbewahrung von Gummistiefeln der Reinigungstrupps benutzt.

Warum sollte einer auch von der Uni nach Herne unter der Erde fahren wollen? Und wenn ja, warum wurde dann eigentlich nur Riemke großräumig unterkellert? Vermutlich hieße bei uns eine Autobahnkapelle in Bochum „Basilika di santa autostrada“ und ein Plumpsklo würde „Einbahnbidet“ genannt. Dies ist die Stadt, die trotz der Mahnungen und Warnungen vieler, nicht nur der Fachleute sondern auch vieler ihrer Einwohner, ihre Kanalisation mitsamt der Scheiße an die Amerikaner verkaufte und den ganzen Rotz jetzt verlustreich zurücknehmen mußte, weil selbst der Amerikaner mit Scheiße aus Bochum nichts anfangen kann. Vielleicht hätte man die Verwaltung verkaufen und die Scheiße behalten sollen…

Ein Kulturraum, der über mehr nicht ausgelastete Konzerthäuser verfügt, als er Orchester unterhält 

Dies ist die Stadt, die eine Image-Kampagne in Auftrag gab, und die dann, nach Vergabe dieser Schwachsinnsidee ausgerechnet an eine, wie es scheint mental, wie handwerklich erloschene Essener Agentur, dem erbrüteten Slogan „Bochum macht jung!“ in paradigmatischer Gedankenarmut auch noch die Zustimmung erteilte, anstatt diesen als leuchtendes Beispiel für die Generalabsens von Intellekt und Verstand und für die geradezu erschütternde und maßlose Dumpfbichelei und Geschmacklosigkeit der sogenannten Werbetreibenden auf die Halde arschdummer Gesichtsfurzereien zu werfen, und, die dann die ganze Sache nicht wegen ihrer stupenden Blödigkeit einstellte, sondern weil es bei der Auftragsvergabe auch noch zusätzlich nicht mit rechten Dingen zugegangen war…

…dies ist die Stadt, die vollmundig, um nicht zu sagen: großmäulig, die Notwendigkeit zur Installation eines vollkommen unnützen Konzerthauses verkündet, ohne einen Bedarf dafür zu haben und die Kosten des laufenden Betriebes decken zu können, und das alles in einem Kulturraum, der inzwischen über mehr nicht ausgelastete Konzerthäuser verfügt, als er Orchester unterhält, und die das alles dann doch nicht hinkriegt, weil der Regierungspräsident zum Glück solchen und ähnlichen Unfug einer Gemeinde untersagt hat, die ihre Rechnungen in einer Größenordnung im Keller verschlampt, die unsereinen für Jahre in den Knast brächte und die finanziell noch nicht mal in der Lage ist, die Frostschäden des letzten Winters im Straßennetz zu beseitigen…

Apropos Kultur: dies ist auch die Stadt, die einen „Platz des europäischen Versprechens“ für Kunst hält, anstatt sich einzugestehen, daß solcher Unfug nur etwas für die ganz besonders eitlen Idioten ist, denen es nicht schnell genug geht, ihren Namen auf einem Stein lesen können.

Apropos Bildung: Und natürlich ist das auch die Stadt, die ohne mit der Wimper zu zucken und auf das langjährige Betreiben eines gescheiterten ehemaligen Schülers ein seit Generationen über die Grenzen dieser Stadt wirkendes Haus humanistischer Bemühungen, eines jener am Daumen einer Hand abzuzählenden Dinge, die mal wirklich über die Grenzen dieses Weilers hinaus segensreich wirken, die solch ein Gymnasium also einfach weghaut und die Schüler und Lehrer aus den seit 150 Jahren mit Geist, Witz und Verstand imprägnierten ehrwürdigen Mauern in einen PCB-verseuchten Bimsbunker sperrt, um dieses Filetgrundtsück und das Gebäude anschließend an die Justiz zu verscherbeln!

An die Justiz! Ausgerechnet! Ausgerechnet an eine Fachrichtung, für die „Ausreichend“ eine gute Note ist! Ausreichend! Gut, auch für mich gab es eine Zeit, in der „Ausreichend“ eine gute Note war aber die hab ich überwunden, ohne mir anderer Leut‘s Häuser handstreichartig unter den Nagel zu reißen und sie dann irgendwelchen Amts-, Land-, Stand-, oder sonstigen obsoleten Gerichten zu überantworten.

Ein famoses und spezielles Festival 

Ich sage Ihnen eins: Ich wollte immer schon mal an der Außenmauer des Gerichtsgebäudes ein emailliertes Schild anbringen auf dem steht: Alle Gerichte auch zum Mitnehmen! Nie wünschte ich mir solches dringender, als zur Zeit.

Daß es Hæri, Bjørn und Lookas ausgerechnet in dieser Stadt zu so einer Zeit doch gelungen ist, ein solch schönes, ertragreiches und doch familiäres, mit großen Namen ebenso, wie mit den Abseitigen bestücktes, ein gerade im Detail so liebevoll gestaltetes, sich kulinarisch aus dem Brei erhebendes, fast Vip-Lounge-loses, in der Ladenstraße kaum Schrott, sondern Gutes und Eigenartiges anbietendes, ökologisch energieversorgtes, auf die Landschaft Rücksicht nehmendes und darob hernach fast spurlos verschwindendes, kurz: ein so famoses und spezielles Festival nun schon zum dritten Mal HIER auf die Europaletten zu stellen, muß als einzigartig betrachtet werden, macht mich sehr froh und illustriert das Können, den Willen, die Vorstellungskraft und den Teamgeist der Ideengeber und Organisatoren und ihrer vielen Helferinnen und Helfer im Verein mit der Sparkasse und den Stadtwerken, die sich für diese besondere Sache leichten Herzens von Geld und Strom trennten, auf das Trefflichste!

Und wie man hört, war selbst die Stadtverwaltung mal kaum im Wege, ja hat in Teilen wohl nach ihrem Vermögen gar das eine oder andere sinnvolle Detail sogar beisteuern können. Vermutlich, weil ein Großteil der sonst Verantwortlichen zur Zeit in Urlaub ist.

Doch das ist wurscht, wir haben es hier, das Fest, die Zelte stehen und bald geht es los. Ich für meinen Teil freue mich riesig und wünsche Ihnen allen die Zeit, mal neben ihren Pflichten einen Rundgang zu machen, sich auf der Piazza ein Eis oder ein Bier oder beides in dieser Reihenfolge zu gönnen und einen italienischen Augenblick im Grünen zu genießen.

Ich für meinen Teil werde genau das jetzt tun.

Ich danke Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit und Euch dreien und Euren Leuten für die Idee, die Arbeit und die Sorgfalt. Darauf einen Toast!

Prosit, oder, wie man hierzulande sagt: Schluck auf!

Ich danke Ihnen.