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Freispruch im Vergewaltigungsprozess

Freispruch im Vergewaltigungsprozess

Das kommt selten vor, dass sich ein Staatsanwalt beim Angeklagten entschuldigt und das auch noch in einem Vergewaltigungsprozess. Staatsanwalt Gabriel Wais hat es getan: Die Anklage war mein Werk. Was die Zeugin aussagte, erschien zunächst glaubhaft. Doch sie hat falsch ausgesagt.

Marl. 

Mehr als zwei Jahre lang schwebte das Damoklesschwert über dem Angeklagten. Er soll seine Ex-Freundin, eine 63-jährige Frau aus Bayern, in Marl und auf Mallorca gleich zweimal vergewaltigt haben. Mehr noch. Der 71-jährige Marler, der meistens auf Mallorca lebt, soll seine Ex-Lebensgefährtin auch eingesperrt und geschlagen haben, unter anderem mit einem Filzpantoffel und einer Holzgiraffe, die seitdem keinen Kopf mehr hat.

Schon im ersten Prozess im Juni hatte der Marler die Vorwürfe vehement bestritten. Dies tat er auch gestern: „Das ist alles erstunken und erlogen, ein reiner Racheakt, weil ich sie in Marl aus der Wohnung geworfen habe“, sagte der Angeklagte. Verteidiger Dr. Norbert Drees: „Mit dem Rauswurf war es dann für sie auch aus mit dem schönen Leben auf Mallorca.“
Das Paar hatte sich auf Mallorca kennengelernt und im Mai 2009 auf der Sonneninsel eine gemeinsame Wohnung und später ein Haus bezogen. Fortan lebten beide in Marl, aber meistens auf Mallorca.

Zeugin nicht glaubwürdig

Zu einer Neuauflage des Prozesses kam es gestern, weil das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Dr. Nicola Brand schon beim ersten Termin Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin hatte und deshalb ein psychiatrisches Gutachten einholen ließ. Das fiel so klar aus, dass es an der Unschuld des Angeklagten am Ende keinen Zweifel gab.

Nach Worten der Vorsitzenden gebe es erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugin. Dies decke sich mit dem Eindruck, den das Gericht schon am ersten Prozesstag gehabt habe. Das Urteil war reine Formsache und für den Angeklagten ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk: Freispruch auf Kosten der Landeskasse. Verteidiger Dr. Drees: „Die Zeugin hat bei jeder Aussage eine neue Vergewaltigung dazu erfunden.“

Rechtsanwältin Beate Gerbers, sie vertrat das vermeintliche, nicht anwesende Opfer, gab zu Protokoll, dass ihre Mandantin, anders als beim Prozess im Juni, heute von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen würde, falls sie in den Zeugenstand gebeten worden wäre. Noch im Juni hatte die 62-Jährige den Angeklagten schwer belastet.

2013-12-20 19:07:08.0