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Der Papst hat gute Karten

Der Papst hat gute Karten

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Recklinghausen. 

Der Lese-Marathon hatte noch gar nicht begonnen, da erfüllte ein etwas außer Rand und Band geratenes Kaminfeuer die Altstadtschmiede mit Rauch. „Wir haben einen neuen Papst“, kommentierte Volker Köhn ironisch.

Zu diesem Zeitpunkt konnte der der Westerholter, Jahrgang 1959, noch nichts davon ahnen, dass er am Ende der 25. Autorennacht die „Vestische Literatureule“ gewinnen würde, denn die Jury-Entscheidung wurde erst am Ende des langen Abends bekanntgegeben.

Insgesamt neun Autoren und Autorinnen waren unter 23 Bewerbern ausgewählt und eingeladen worden, erläuterte Werner Fondermann. An die Themenvorgabe „25“ hielten sich dabei nicht alle, aber das wurde nicht verbissen gesehen. Fondermann als Vorsitzender der Neuen Literarischen Gesellschaft Recklinghausen (NLGR) begrüßte in der Altstadtschmiede ein großes und kritisches Publikum. Denn das kam per schriftlicher Abstimmung zu einem anderen Ergebnis als die Jury, bestehend aus Vorjahrespreisträgerin Sylvia Seelert sowie Claudia Kociucki und Gudrun Güth.

Der Hai im Karpfenteich

Auch solche Unterschiede machen den Reiz der Autorennächte aus. Die Jury hat die Texte schriftlich und anonym vorliegen, während das Publikum die (oft ansprechende) Vortragsweise der Autoren bewertet kann und es auch tut.

Joachim Polnauer hätte mit seinem Zahlenspiel jeden Dada-Freund entzückt und erhielt viel Beifall. Harry Richter („25 Jahre Seniorenresistenz“) ist der Hai im Karpfenteich, wie Marcel Reich-Ranicki sagen würde. Katja Klein lässt eine missachtete Lehrerin zurückschlagen. Wilfried Besser nimmt die Leser auf sehr ledendige Weise zu einem Klassentreffen mit. Und Anja Ollmert macht sich in ihren 25 Dingen, „die ich nie machen wollte“, auch über die Themenvorgabe lustig. Die skurrile Story von Andrea Rohmert über ein Paar, das sich auf die Suche nach einem unsäglich miesen Horrorfilm in Videotheken rumtreibt, macht viel Spaß. Eine Klasse für sich ist Harald Landgraf, der gestenreich vorträgt und inhaltlich in keine Schublade passt: Publikumsliebling Nummer 2.

Die Überraschung des Abends war aber Alexander Husnik (Jahrgang 1978), der Publikums-Preisträger. In „Der Papst, Recklinghausen und ich“ bringt er tatsächlich den Papst, das Vest und Erlebtes in Beziehung.

Die Jury-Entscheidung für Volker Köhn geht völlig in Ordnung. „Schlechte Karten“ über einen Mann und dessen die Karten legende Nachbarin hat hohes Niveau.