Zum Todestag von Sophie und Hans Scholl hatte die Schulleitung des Velberter Geschwister-Scholl-Gymnasiums Ralf Kotowski eingeladen, der sich in der ehemaligen DDR gegen die SED gestellt hatte.
Velbert.
Das Thema Widerstand liegt dem Schulleiter des Geschwister-Scholl-Gymnasiums, Reinhard Schürmann, besonders am Herzen. „Unser Name ist mir da Bekenntnis und Verpflichtung, so dass, seit ich hier bin, jedes Jahr zum Todestag von Sophie und Hans Scholl bei uns ein anderer Widerstandskämpfer zu Wort kommt.“
Diesmal ist mit Ralf Kotowski ein Zeitzeuge zu Gast in der Aula, der zwar nicht die Gräueltaten des Naziregimes miterlebt hat, dafür aber den Widerstand gegen den Staat in der ehemaligen DDR mit einem Gefängnisaufenthalt bezahlen musste.
Als Christ lehnte der Jugendweihe ab
Eigentlich hört es sich zunächst ganz harmlos an, was der heute 75-Jährige den Oberstufenschülern berichtet. Von seiner Arbeit als Funkmechaniker beim DDR-Fernsehen erzählt er, mit der er sehr zufrieden war: Und obwohl er Christ war, die Jugendweihe ablehnte und sich stattdessen konfirmieren ließ, blieb er lange Zeit vom Staat unbehelligt. Zum Verhängnis wurde dem Ingenieur erst seine Reaktion auf einen Aufruf der SED-Leitung gegen die westlichen Atombomben. „Anstatt das zu unterschreiben verfasste ich mit Kollegen ein Schreiben gegen weltweit alle Atomwaffen.“ So setzte er einen Mechanismus in Gang, der mit seiner Entlassung wegen „verleumderischer Haltung der SED-Regierung gegenüber“ begann und zunächst zur Versetzung auf einen schlecht bezahlten Posten bei der Post führte. „Beruflich fühlte ich mich dort nicht ausgelastet, so dass ich stattdessen mein Engagement in der Friedensbewegung verstärkte“, erläutert er. Jetzt wurde es richtig ernst: Das Telefon wurde abgehört, aus einem Bauwagen auf der Straße wurde beobachtet, wer mit Kotowski Kontakt aufnahm. Doch erst, als er mit einer westdeutschen Journalistin über sein Berufsverbot sprach und dem Russell-Tribunal für Menschenrechte schrieb, wurde er eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit verhaftet. „Ich hab mich immer schon gewundert, warum die nicht eher gekommen sind.“ Anderthalb Jahre verbrachte er wegen der Straftat der „Gesetzlichen Verbindungsaufnahme“ im Gefängnis, bevor er vom Westen 1989 freigekauft wurde. „Die SED hat diese Freikäufe begrüßt, so wurde man lukrativ die Kritiker los“, ist er sicher.
Die GSG-Schüler, allesamt erst nach dem Mauerfall geboren, verfolgten die Schilderungen Kotowskis: „Ich bin beeindruckt“, sagt Anne Jeß, (18), „auch davon, wie sehr er heute noch an den Ereignissen kauen muss.“ Und Mazlum Coskun ergänzt: „Wir haben letztes Jahr in Berlin den Ort seiner Untersuchungshaft besucht. Man kann sich das gar nicht vorstellen. Heute kommt man für schlechte Taten ins Gefängnis, damals, weil man einer Friedensbewegung angehörte.“