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Ein Saarländer kümmert sich in Kanada um Tier und Wald

Ein Saarländer kümmert sich in Kanada um Tier und Wald

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Peter Fredeburg kommt ursprünglich aus dem Saarland. Nach dem frühen Tod seines Vaters erbte er aber im kanadischen Ontario das „Haliburton Forest Wildlife Reserve“, eine Landschaft halb so groß wie Berlin. Inzwischen führt er Touristen kundig durch den Wald, am Boden und in den Baumwipfeln.

Haliburton/Ontario. 

Rauf auf den Highway, rein ins Herz der Provinz Ontario! Abseits der Fahrbahn: Endlose, grüne Wälder, hier und da Granitfelsen, mal schroff und haushoch, mal flache Landschafts-Glatze mit Stoppelgras. Dahinter, mitten im Wald, wohnt er: Peter Schleifenbaum aus Fredeburg im Sauerland. Vor 25 Jahren ausgewandert. Kleiderschrank-Figur, Vollbart, fester Händedruck – als Double könnte der 50-Jährige sofort den „Seewolf“ mimen.

Wäre da nicht sein Erbe: Der früh verstorbene Vater vermachte dem damals achtjährigen Peter einen kanadischen Wald: eine Fläche halb so groß wie Berlin, mit 60 Seen und 350 riesigen Stellplätzen für Wohnmobile und Zelte. Das ahnt nicht, wer reinfährt ins „Haliburton Forest Wildlife Reserve“. Nur ein Dutzend Autos parken vorm Rezeptions-Blockhhaus, dahinter Holzbaracken. Einst schliefen hier Sägewerksarbeiter, heute Gäste, die nicht im eigenen Wohnmobil kommen.

Der Canopy-Walk in den Baumwipfeln

Allein im Kanu über Seen paddeln oder ungestört angeln. Radtouren oder Wanderungen ohne jemandem zu begegnen – dafür ist Haliburton ideal. Und doch wär’s verschenkt, weil Touren mit Peter viel spannender sind. Tief kutschiert er seine Gäste im Jeep in den Wald und referiert dabei sein Naturschutzprogramm: Also eine Öko-Spaßbremse? Nein! Einer, der alles zulässt, was Tiere und Pflanzen nicht stört – wie den Canopy Walk: „Viele Gäste sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht, also hab’ ich einen Weg in Baumwipfel verlegt.“ Kaum zwei Fuß breit, schwankt dieser 500 Meter lange Holzplanken-Schwebebalken unter jedem Schritt. Nur das dicke, an den Spezialgürteln der Wipfel-Wanderer befestige Tau, per Karabiner am Stahlseil eingehakt, gibt Sicherheit und garantiert unbeschwerte Aussichten. Auf einen See etwa, mit gammelnden Baumstümpfen drin.

„Verdammte Biber“, schimpft Peter. „Die stauen das Wasser hinter ihren Dämmen auf, als Schutz vor Wölfen. Wandern dann weiter, die Dämme brechen und überfluten ganze Waldgebiete.“ Da raschelt es am Boden. Ein Schwarzbär! Er tankt sich durchs Gestrüpp, begleitet vom enttäuschten „Ooohhh“ aller Canopy-Walker, die ihre Foto-Handys zu spät auslösen. „Den treffen wir wieder“, sagt Peter. Zunächst aber kommt „Der mit dem Wolf heult“.

Wolf hatte einst das Mutter-Theresa-Image

Als Lobbyist für den Ober-Bösewicht der Tierwelt erzählt Peter, dass der Wolf einst bestes Mutter-Theresa-Image hatte (säugte Romulus und Remus, machte so die Gründung Roms erst möglich), dann aber vor allem als Märchen-Bestie in die Verbrecherkartei geriet. Dabei seien Wölfe gut für‘s Öko-Gleichgewicht und wichtiger Hinweisgeber, sagt der promovierte Forstwirt. Denn die fräßen fast alles, was ihnen genießbar erscheint. Darum sei er aufgrund jahrelanger Wolfskot-Untersuchungen immer im Bilde, wie gesund oder verschmutzt sein Wald ist. Das zeigt Peter anschaulich im „Haliburton Wolf Center“, einem riesigen Wald-Reservat mit Beobachtungsstation.

In der Dämmerung pirscht er mit Gästen noch einmal in die Nähe, formt seine Hände zu einem Trichter vorm Mund und stößt den Ton einer leiernden Luftschutzsirene aus. Antworten die Wölfe wie versprochen? Ja, fast exakt derselbe Ton, mehrstimmig und energisch das Revier markierend.

Bären-Safari ander Müllkippe

„Noch kurz zur Müllkippe?“, fragt Peter. Etwas außerhalb türmen sich Sperrmüll und Abfallsäcke. „Müllverbrennung ist in Ontario politisch nicht durchsetzbar“, sagt er. „Darum schieben Bulldozer alle paar Tage den stinkenden Haufen in die Grube und ‘ne Schaufel Sand drauf.“ Vorher aber kommen Plünderer: Schwarzbären-Familien wühlen bevorzugt abends in Fleischresten, Honiggläsern und Milchtüten – zur Freude der „Bear-Spotter“. Ein Dutzend Gäste schießt Erinnerungsbilder.

Peter sorgt sich um seine Seen. Was darin faul ist, würde er Gästen gerne unter Wasser zeigen – im weltweit einmaligen Süßwasser-U-Boot. Er präsentiert das bulläugige Gefährt. Die Behörde für Arbeitsschutz deklarierte den U-Boot-Kommandanten als Taucher, wollte ihn deshalb bei jeder Fahrt in einen Neopren-Anzug zwingen. Peter weigerte sich.

HerShe, die Elchkuh

Zum Abschied kommt er mit einem schüchternen Elch. Angefahren vom Auto kam das Tier vor einem Jahr nach Haliburton, wurde von Peter und seiner Frau Elke wieder aufgepäppelt. Zuerst wussten sie nicht ob’s ein „He“ oder eine „She“ ist. Dann war das Elch-Mädchen zweifelsfrei und für Peters Töchter auch der Name des Tiers klar: Einfach ein R zwischen He und She, fertig: „HerShe“.