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Mehrfach tödlicher Abend im Pfarrheim

Mehrfach tödlicher Abend im Pfarrheim

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Foto: Gabi Alz
Spannende Literatur stand im Mittelpunkt beim Krimiabend in Allagen.

Allagen. 

Der erste Krimiabend im Sternensaal des Pfarrheims in Allagen schien schon ab dem Eingang alle Klischees eines Krimis gerecht zu werden. Das Wetter war nass-kalt und es war stockfinster, nur Friedhofskerzen leuchten vor dem Eingang des Pfarrheims und leiteten die Zuhörer entlang dem Polizeilichen Flatterband hinauf zum Sternensaal.

Direkt an der Eingangstür hing eine Schussweste, zur Begrüßung erhielten die Gäste einen blutroten Begrüßungscocktail und auf den Stühlen lag Nervennahrung in Form einer Kugel von Ferrero. Der Saal war dekoriert mit vielen Details, die einem jedem Hobbykriminalisten nicht entgingen.

Eva Simon und Ulla Bräcker von der katholischen öffentlichen Bücherei St. Johannes Baptist Allagen begrüßten die Gäste in dem hervorragend hergerichteten „Tatort“. Innerhalb von nur 14 Tagen waren die 100 Karten für den ersten Krimiabend verkauft.

„Die Bücherei geht neue Wege und wir stellen heute Abend die Spezies der lesenden Männer vor“, so Eva Simon bei der Begrüßung. „So ist es, wenn man durch Zufall Eva beim spazieren gehen trifft, eh man sich versieht steht man auf der Bühne“, so Ulli Ernst zu Beginn des Krimiabends. Er interpretierte zuerst das Lied von Reinhardt May „Der Mörder ist immer der Gärtner“, bevor er mit seiner Gitarre das Lied mit Unterstützung des Publikums sang.

Ostfriesenkrimi

Als erster Leser nahm Heinrich Münstermann in dem großen Sessel platz und hatte sich einen Ostfriesenkrimi, „Das Teekomplott“ von Elke Bergsma, ausgesucht. Dass in dem Dorf Canhusen beim Teetrinken auch die Welt explodieren kann, wurde in einem sympathischen Schreibstil und in hervorragender Weise vorgelesen, dass man als Zuhörer gleich den Eindruck hatte, mitten im Geschehen zu sein.

„Schauen Sie sich ihren Nachbarn gut an oder stellen Sie sich am besten gleich vor, vielleicht möchten Sie im Laufe des Abend etwas näher zusammen rücken oder die Hand Ihres Nachbarn halten. Es wird gleich blutrünstig und spannend“, kündigte Eva Simon an. Als zweiter Leser setzte sich Siegfried Arens in den Sessel und las aus dem Buch „Ihr unschuldiges Herz“ von Richard Hagen, ein Pseudonym des Schriftstellers Ivo Pala, vor. Die Leiche einer Kinderärztin, der man mit einem Jagdmesser das Herz herausgeschnitten hat, wird entdeckt. Die junge Staatsanwältin hat schnell den Ehemann als Hauptverdächtigen im Visier. Doch kommen ihr Zweifel, und bei der Jagd nach einem Serienkiller stößt sie auf eine Mauer des Schweigens und auf eines der schrecklichsten Verbrechen der Geschichte.

Junger Leser

Der jüngste Leser Cedric Schmitt widmete sich dem Buch „Nur eins ist dunkler als die Nacht“ von Ethan Cross. Francis Ackermann junior ist ein Serienkiller und spielt mit seinen Opfern, was bei den Zuhörern sofort die Aufmerksamkeit weckte. Er fordert seine Opfer zu einem Spiel heraus. Wer gewinnt, überlebt, er hat noch nie verloren. Ein Thriller in simpel gehaltener Schreibform, der gleichermaßen abstoßend aber doch faszinierend ist.

„Bevor es blutig weitergeht, machen wir eine Pause und laden alle ein, sich an unserem Buffet zu bedienen“, so Ulla Bräker. Mit einer Polizeisirene wurde der zweite Teil des Krimiabends eingeläutet. Mit vollem Magen ging es gleich richtig schaurig weiter.

Burghard Keseberg las aus dem Buch von Simon Beckett, „Chemie des Todes“, vor. Der menschliche Körper beginnt fünf Minuten nach dem Tod zu verwesen und wird dann zu einem gigantischen Festschmaus für Insekten und Fliegen. Die Larven verlassen in Leichen in reih und Glied in einer Schlangenlinie. Ein Anblick, der jeden dazu veranlassen würde, das Phänomen zu seinem Ursprung zurückzuverfolgen. So entdeckten die Yates Brüder, was von Sally Palmer übrig geblieben war.

Selbst Krimischreiber

„Nun betritt der Buchhändler unser Vertrauens die Bühne“, kündigte Eva Simon Bernhard Dust als eingefleischter Krimiexperte an. „Er hat nicht nur heute Abend den Büchertisch hier, sondern schreibt selber Kurzkrimis und ist Veranstalter der Kriminacht „Mord auf`m Dieploh“ in Warstein“, so Eva Simon. „Nach so viel Baupinselei möchte ich nun vorlesen aus dem Buch von Jakob Arjouni „Bruder Kemal“. Die Latte liegt sehr hoch. Da wir hier im Pfarrheim sind, werde ich einige derbe Wörter durch einen Piep ersetzen, denn ich bin schon rot genug“, erklärte Dust den Zuhörern. Der türkische Privatdetektiv Kayankaya soll während der Buchmesse einen marokkanischen Schriftsteller beschützen, und ein Mädchen verschwindet. Zwei einfache Fälle, die zusammen aber zu Mord, Vergewaltigung und Entführung führen. „Ich lese heute doch die Auflösung, das passt zu heute Abend, da hier so viel Blut geflossen ist“, so Dust.

Als letzter „Männerleser“ kündigte Eva Simon eine bekannte Persönlichkeit und Hans Dampf in allen Gassen, Siegfried Kutscher, an. „Da ich über 50. bin, habe ich mir den Sauländer Kurzkrimi „Um die Ecke gebracht“ von Kathrin Heinrichs größer kopiert“, erklärte Kutscher den Zuhörern. Plan E wie Eversberg, hier überlegt eine Dorfgemeinschaft, wie sie ihren Arzt daran hintern könnte, mit seiner neuen Schnieks nach Hamburg zu ziehen. Natürlich gibt es ein Todesopfer.

Durch die Sauerländer Mundart und den authentischen Dorfcharakteren die es anscheinend im jeden Dorf gibt sorgt der Kurzkrimi auch für einige Lacher. Dass dieser erste vierstündige Krimiabend ein so toller, spannender und bis ins kleinste Detail durchdachter Abend geworden ist und förmlich nach einer Wiederholung schreit, ist neben dem 19-köpfigen Team der Bücherei auch den „Giftmischer“ Holger Bamberg an der Theke und vor allem Adelbert Simon zu verdanken, der für die Technik sorgte und so den Zuhörern auch einen „Fernsehabend“ bescherte und mit seinem Krimi-Quiz das Publikum mit einbezog.