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Wenn Umweltbelastung krank macht

Wenn Umweltbelastung krank macht

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Foto: WAZ FotoPool

Moers. 

Der Allergologe Dr. Ralph Stark erklärt, warum Schimmelpilze, Feinstaub, Lärm und Co. für die Menschen so schädlich sein können .

„Als das Wort von der Umweltmedizin in den 80er Jahren die Runde machte, gab es eine richtige Aufbruchstimmung“, schildert Dr. Ralph Stark. Der Oberarzt ist Internist, Pneumologe (Lungenmediziner), Allergologe, Schlafmediziner und Umweltmediziner und absolvierte besagte Zusatzausbildung Anfang der 90er Jahre. „Da waren die vielen Skandale durch Dioxin, PCB, Tschernobyl…“, erinnert er sich. Inzwischen sei die Euphorie abgeebbt. „Aber im Bereich der Allergologie ist das Wissen um diesen Komplex heute äußerst nützlich.“

Beispiel Schimmelpilz: Er könne nicht nur Allergien auslösen, sondern die Menschen richtig krank machen.

Allergien sind abhängig von Umweltfaktoren

Die leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffverbindungen, die bei Pilzwachstum durch den Abbau von organischer Substanz entstehen können, entsprechen chemisch und physikalisch Lösungsmitteln und gehören zu den Alkoholen, Aldehyden und Terpenen. Sie haben je nach Konzentration die gleiche toxische Wirkung wie die konzentrierten Dämpfe von Lösungsmitteln. „Das kann Kopfschmerzen, Mattigkeit, Reizhusten und Schlaflosigkeit auslösen. Und das Problem ist mit Allergietests oft nicht zu sehen.“

Es habe sich darüber hinaus gezeigt, dass Allergien abhängig von Umweltfaktoren seien. Birkenpollen seien in Städten an befahrenen Straßen aggressiver als auf dem Land. Was die Widerstandsfähigkeit der Patienten angehe, habe sich gezeigt, dass beispielsweise Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, später weniger Allergien entwickelten. „Ihr Immunsystem ist offensichtlich weniger anfällig.“

Wie man sich vor solchem Unbill schützen kann, dazu lässt sich die Industrie einiges einfallen, was Mediziner widerlegen können. „Es gibt Produkte, die dem Verbraucher vorgaukeln, sie stärkten die Abwehrkräfte, wenn man sie täglich esse.“ Allerdings habe man bei Patienten nach einer Chemotherapie keine Verbesserung der Überlebenschancen feststellen können.

Leichtsinn oder Unwissenheit im Umgang beispielsweise mit Antibiotika könnten daneben zu Problemen führen. Gelegentlich habe man bei Landwirten, die bei der Behandlung ihres Viehs viel mit Antibiotika hantierten, schon Resistenzen festgestellt. „Ob das Umweltmedizin ist oder nicht… Es jagt einem schon Angst ein“, meint Dr. Stark.

Lärm im Schlaf gefährlich

Feinstaub – heute immer öfter ein Thema. „Die Lunge ist unser Umweltorgan.“ 90 Quadratmeter Oberfläche hat sie, beim Atmen muss sie täglich bis zu 20.000 Liter Luft filtern. Bethanien-Chefarzt Dr. Thomas Voshaar war mit im Beraterstab der Bundesregierung, der die Folgen von Feinstaubbelastung untersucht hat. „Diese sind schwer abzuschätzen. Es wird aber vermutet, dass die feinsten Partikel, wenn sie über die Nase zum Gehirn gelangen, sogar Alzheimer auslösen können.“

Auch als Schlafmediziner profitiert der Oberarzt vom Wissen um Umweltfaktoren. „Lärm im Schlaf ist heute ein wichtiger Faktor für Störungen, die Menschen schädigen können.“ Festgestellt wurde beispielsweise, dass selbst bei geschlossenen Fenstern Infraschallwellen unterschwellig wahrgenommen werden.

Lifestyle und Reizüberflutung tragen ebenfalls zu Schlafstörungen bei. „Die Leute kommen einfach nicht mehr ins Bett. Der Mensch wird zum Kurzschläfer und treibt Raubbau am Körper. Sie verzetteln sich regelrecht. Das gilt auch schon für Kinder.“ Wer ständig gegen sein Schlafbedürfnis lebe, leide früher oder später am Burn-out-Syndrom.

Dr. Ralph Stark studierte in Marburg. Er lebt in Moers, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Neben vielen anderen Hobbys ist das Radfahren seine große Leidenschaft. Dr. Stark kam 1993 als Oberarzt ans Krankenhaus Bethanien.