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Ungeklärte Identität

Ungeklärte Identität

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Foto: dpa
Bei 2400 der 3509 Asylbewerber im Hochsauerlandkreis steht die Identität nicht sicher fest. 400 abgelehnte Asylbewerber sind ausreisepflichtig: In erster Linie mangelt es auch hier an fehlenden Dokumenten.

Meschede. 

Die ungeklärte Identität von Asylbewerbern ist ein Massen-Phänomen: Von den aktuell 3509 Asylbewerbern im Hochsauerlandkreis stehen bei einem Großteil die Personalien nicht sicher fest. 2400 von ihnen hatten noch keine Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, von ihnen sind noch keine Fingerabdrücke genommen worden. Das teilt die Kreisverwaltung auf Anfrage mit.

Wie schwierig die Identitätssuche für die Behörde ist, wurde – wie berichtet – bei zwei Gerichtsverfahren in Meschede deutlich. Dabei konnten die Personalien eines Pakistani bzw. eines Kirgisen nicht geklärt werden. Beide müssten seit 2010 bzw. 2013 abgeschoben werden. Das scheitert an ihrer ungeklärten Identität. Beides keine Einzelfälle. 400 abgelehnte Asylbewerber sind allein im HSK ausreisepflichtig. In erster Linie mangelt es auch hier an den fehlenden Dokumenten.

117 Abschiebungen sind 2015 durchgeführt worden, vor allem nach Serbien, Albanien und Kosovo. Kaum möglich, so die Erfahrung im Mescheder Kreishaus, sind Abschiebungen nach Marokko, Algerien, Tunesien, Guinea oder Ghana: Diesen Asylbewerbern würden aus ihrer Heimat keine Ersatzpapiere ausgestellt. Bei Flügen nach Afrika ist meist eine Sicherheitsbegleitung zu stellen: Die Ausländerbehörde weiß von Fällen, wo plötzlich Sicherheitsbeamten kein Einreisevisum erteilt wurde und so Abschiebungen scheiterten. Auch die Türkei nehme oft keine straffällig gewordenen türkischen Staatsangehörigen zurück. Im Kreishaus kennt man die besondere Problematik straffällig gewordener Asylbewerber: „Einige“, so Kreissprecher Martin Reuther, fallen durch Eigentumsdelikte, Körperverletzungen und Dealen auf – allerdings nicht hier in der Region, wo sie sich eigentlich aufhalten müssten, sondern in den Großstädten. Die Ausländerbehörde erfährt nur über Strafanzeigen davon. Delikte wie Schwarzfahren seien „an der Tagesordnung“.

Verwaltung ohne Druckmittel

Abgelehnte Asylbewerber werden im Kreishaus auf ihre Passpflicht hingewiesen: Sie müssen mithelfen, ihre Identität zu klären, indem sie Geburtsurkunden oder Schulbescheinigungen besorgen. Druckmittel, etwa das Kürzen von Leistungen, hat die Verwaltung nicht. Strafverfahren werden oft eingestellt. Dagegen ist der Aufwand enorm – die Ausländerbehörde fordert Sprachgutachten oder die Beauftragung von Vertrauensanwälten in den mutmaßlichen Herkunftsländern, um die Identität zu klären. Zum Erfolg hat das bisher fast nie geführt. Neben der unklaren Identität sind medizinische Gründe das zweite Haupt-Hindernis gegen Abschiebungen. „Zunehmend wird eine Reiseunfähigkeit auch wegen Diabetes oder Bluthochdruck medizinisch bescheinigt“, sagt Reuther: Hierdurch sollen Rückführungsmaßnahmen häufig verzögert oder verhindert werden. Dabei geht es nur um die Frage, ob bei einer Abschiebung die Reise, also ein Rückflug in die Heimat, aus medizinischer Sicht zugemutet werden kann. Die Entscheidung, ob die ärztliche Versorgung im Heimatland gewährleistet ist, muss zuvor schon das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge klären. Zuletzt wurde einer serbischen Asylbewerberin in Hallenberg ärztlich bescheinigt, sie sei depressiv geworden, weil sie auf die Sauerländer Berge starren musste – die Kreisverwaltung musste daraufhin ein Gegen-Gutachten in Auftrag geben, um die Reisefähigkeit zu beweisen.