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Beinahe-Rentner wieder arbeitslos

Beinahe-Rentner wieder arbeitslos

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Meschede. 

Sie waren auf der Zielgeraden zur Rente und müssen jetzt teilweise um ihre Zukunft bangen: 50 Altersteilzeitler der Firma Honsel sind unangenehm vom Insolvenz-Recht und dessen Folgen überrascht worden. Sie müssen sich wieder offiziell arbeitslos melden. Ein Abrutschen in Hartz IV oder eine Vermittlung in Leiharbeit zu 6,50 Euro sind möglich.

„Hier ist der Gesetzgeber gefordert, die bisherigen Regelungen sind unzureichend“, sagt Wolfgang Werth, Bevollmächtigter der IG Metall. Fakt ist: Wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet, darf es die Gelder für die passive Phase der Altersteilzeit nicht mehr wie bisher auszahlen. Die Betroffenen müssen sich zunächst arbeitslos melden – obwohl sie bereits wie vertraglich vereinbart daheim waren.

Altersteilzeit funktioniert eigentlich wie folgt: In einem Blockmodell verbringen die Mitarbeiter eine bestimmte Zeit noch voll im Betrieb, dieselbe Zeit werden sie danach bei einem vorher vereinbarten Gehalt daheim freigestellt, ehe sie in den Ruhestand gehen. „Das war für uns ein Garantieschein, einen sicheren Übergang zu einem fest fixierten Rententermin zu bekommen“, sagt ein Betroffener.

Auf einmal ist alles anders: Der Insolvenzverwalter informierte die Betroffenen in einer Versammlung darüber, dass zum 1. Januar 2011 ihre Gelder nicht mehr direkt von Honsel bezahlt werden. „Noch in der Veranstaltung“, so schildert es ein Altersteilzeitler, „konnte man sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden und steht plötzlich und unerwartet dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung.“

Nach Angaben der IG Metall handelt der Insolvenzverwalter korrekt – „er darf nicht anders“, sagt Wolfgang Werth. Was jetzt folgt, hat zwei Seiten. Die eine: Die Betroffenen bekommen ihre Gelder im Wesentlichen wie bisher ausbezahlt, einen Teil trägt die Agentur für Arbeit, ein anderer Teil stammt von zweckgebundenen Sicherungseinlagen der Firma Honsel. Die andere: Die Beinahe-Ruheständler stehen mit allen Rechten und Pflichten dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung.

„Theoretisch können sie, obwohl sie beispielsweise 45 Jahre bei Honsel waren und sich für einen geordneten Übergang in den Ruhestand entschieden haben, für 6,80 Euro in Leiharbeit gedrückt werden“, bedauert Wolfgang Werth die Entwicklung. Noch schlimmer wird es, wenn die Passiv-Phase noch mehr als zwei Jahre andauern sollte: Dann rutschen die Fast-Rentner noch in Hartz IV, sofern sie vorher keinen anderen Job bekommen. Und die IG Metall bestätigt: Es gibt Betroffene, die noch mehr als 24 Monate in der Passiv-Phase verblieben wären.

Die Gewerkschaft hat bereits an die Agentur für Arbeit appelliert, maßvoll zu agieren. Weitere Gespräche will die IG Metall noch führen. Die Betroffenen sehen es zwei Tage vor Weihnachten so: „Somit stehen als erste Opfer der Insolvenz diejenigen fest, die als allerletzte damit gerechnet hätten.“