Dinslaken/Kreis Wesel.
Saufen, bis der Arzt kommt, bleibt im Kreis Wesel ein Trend. Laut Krankenkasse DAK wurden 2009 kreisweit 153 Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert. Ein Plus von 14,2 Prozent gegenüber 2008.
Im Jahr 2009 seien im Kreis Wesel im Gegensatz zum Vorjahr 14,2 Prozent mehr Fälle von jugendlichem Komasaufen registriert worden. 153 Jugendliche kamen im Kreis im Jahr 2009 mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus. Seit 2003 seien die Zahlen kontinuierlich gestiegen, resümiert Jochen Wonning von der Krankenkasse DAK in Wesel.
Was die Krankenkasse festgestellt hat, kann die Drogenberatung des Diakonischen Werkes in Dinslaken bestätigen. „Wir beobachten seit etwa vier bis fünf Jahren die Tendenz, dass immer mehr Jugendliche mit Alkoholproblemen zu uns kommen“, berichtet Regina Marx, Leiterin der Beratungsstelle. Das sei vor Jahren noch nicht der Fall gewesen. Auch die Statistik, die das St. Vinzenz-Hospital für den Jahresbericht der Drogenberatung zur Verfügung stellte, spricht eine eindeutige Sprache: Während 2004 noch insgesamt zehn Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert wurden, waren es 2008 schon 35. Auffallend ist, dass darunter vier 13-Jährige waren. 18 der behandelten Jugendlichen 2008 waren Mädchen, auch im Jahre 2007 war das weibliche Geschlecht stärker vertreten (14 Mädchen, 10 Jungen).
Geht nicht um Genusstrinken
Alkohol ist für Jugendliche ein Thema“, so Regina Marx. Das Problem: Häufig geht es nicht um das Genusstrinken, sondern um vorsätzliches Trinken bis zum Abwinken. Durch Nachfragen haben ihre Mitarbeiter herausgefunden, dass häufig Frust, Langeweile und „Spaß haben“ im Vordergrund stehen. Alkohol ist zudem leicht zugänglich, billig und eine legale Droge.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, hat sich in Dinslaken 2007 der Runde Tisch „Kommunale Jugendalkoholprävention“ gebildet, der vom Jugendamt der Stadt koordiniert und von der Drogenberatungsstelle fachlich begleitet wird. Mitglieder sind unter anderem der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga, der Einzelhandelsverband, die Polizei, die Peer Leader des THG, der Schützenkreis, die städtischen Schulen und der Stadtsportverband. Der Runde Tisch hat etwa die Kampagne „Klar is’ cool“ gestartet und betreibt bei Veranstaltungen Aufklärungsarbeit (Din-Tage, Jungen- oder Mädchentag). Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche „Sucht hat immer eine Geschichte“ wurde mit Hilfe des Netzwerks ein Theaterstück für Schüler finanziert, das mit den Schulen von einer Fachkraft der Drogenberatung vor- und nachbereitet wurde.
Erstes Umdenken
Ein erstes Umdenken in Sachen Alkoholkonsum kann Regina Marx bereits erkennen: „Die Sensibilisierung in den Familien ist schon anders geworden“. Es sei festzustellen, dass einige Eltern genauer auf den Alkoholkonsum ihrer Kinder achten. Und gerade die Mütter seien es, die in der Drogenberatung vorstellig würden um sich Rat zu holen. „In Anfängen“, meint Regina Marx, „ist da etwas auf dem guten Weg.“
Auch die Krankenkasse DAK hat eine Kampagne unter dem Titel „bunt statt blau“ gestartet“. In den nächsten Wochen will sie 50 Schulen im Kreis Wesel anschreiben und zur Teilnahme einladen. Schirmherrin der bundesweiten Aktion ist NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens. Teil der Kampagne ist zum Beispiel ein Plakatwettbewerb, in dem Schüler sich mit dem Komasaufen auseinandersetzen sollen.