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Aber bloß kein Schweinefleisch!

Aber bloß kein Schweinefleisch!

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Foto: Heiko Kempken / WAZ FotoPool

Dinslaken/Oberhausen. 

Wie die Küchen-Crew des Friedensdorfes um Gabriele Bittner viele Kinder aus zehn Nationen immer wieder satt bekommt: Einblicke in die Küche der Hilfseinrichtung.

Aus der Küche steigt einem der Duft kleiner Putensteaks in die Nase. Man würde am liebsten zum Mittagessen bleiben. Auf dem Speiseplan stehen diesmal neben dem gebratenen Geflügel Reis, Möhrengemüse und Salat sowie Äpfel als Nachtisch. Die Küchencrew um Gabriele Bittner ist bei der Arbeit. Kaum zu glauben, dass in zwei Stunden allein rund 150 kleine Gäste verköstigt werden müssen, Kinder aus zehn Nationen.

Über die Ernährung den Heilungsprozess fördern

Gabriele Bittner strahlt eine Ruhe aus, auch wenn’s um sie herum kocht. Kein Wunder, denn die Hauswirtschaftsleiterin des Friedensdorfes macht das, was sie macht, seit 21 Jahren und immer noch mit Leib und Seele. Wie viele tausend Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten sie schon versorgt hat, lässt sich nur erahnen.

„Das Schwierigste ist, sich das Vertrauen der Schützlinge zu erkämpfen“, sagt sie. Immer wieder. Auch jetzt, nach dem neuerlichen Angola-Einsatz des Friedensdorfes. Die kleinen Afrikaner, die neu im Dorf sind, bleiben erst einmal isoliert, um auszuschließen, dass sie ansteckende Krankheiten mitgebracht haben. Sie essen anfangs getrennt von den anderen. „Wir müssen uns regelrecht herantasten“, so Bittner, „wir fangen mit Kamillentee und Weißbrot an. Denn das kennen die meisten. Irgendwann folgt Vollkornbrot.“

„Mit der Ernährung können wir den Heilungsprozess der kranken und verletzten Kinder fördern“, weiß Bittner. Deshalb lege man Wert auf frische Kräuter und gutes Öl. Related content

Alleroberstes Gebot: bloß kein Schweinefleisch! Denn annähernd 80 Prozent der Kinder kommen aus islamischen Kulturen. Allein schon das Gerücht, es könne „Schwein“ sein, habe schon dazu geführt, dass das Essen verweigert wurde. „Wir müssen die Rezepturen unserer Lieferanten ständig überprüfen, schauen, ob zum Beispiel in der allseits beliebten Geflügelwurst nicht doch Spuren von Schweinefleisch sind“, erklärt Gabriele Bittner.

Um den Kindern unbekannte Gerichte schmackhaft zu machen, ist Fingerspitzengefühl gefragt. Bittner: „Salat, wie wir ihn essen, mögen viele nicht. Deshalb kommt Knoblauch dran. Auch bei gekochtem Gemüse machen manche lange Zähne.“ Weißer Blumenkohl komme gar nicht gut an; mit Curry angemacht, werde er aber gerne genommen.

Gemüse-Fleisch-Pfannen und Maultaschen

Gemüse-Fleisch-Pfannen und Eintöpfe mit Hülsenfrüchten, aber auch vegetarische Maultaschen, gefüllt mit Spinat und Tomatensoße, sind laut Bittner im Friedensdorf-Speisesaal die Renner. Hähnchen in allen Variationen und Gemüsereis mit Curry folgen auf der Beliebtheitsskala. Afghanische Kinder lieben Reis mit Rosinen, Mandeln und Nüssen. Und wenn es ein paar Tage keinen Reis gegeben habe, werde ausdrücklich danach gefragt.

Getränketechnisch begleitet wird das Essen von verschiedenen Tee-Variationen, Wasser oder Saft. „Bei Feiern und vor allem bei der Abschiedsparty darf es dann auch mal Fanta und Cola sein“,, so die Küchenchefin.

Ein „Danke!“ zum Abschied ist ihr schönster Lohn

Mit fünf Beschäftigten in der Küche und sieben im Hauwirtschaftsbereich werden vier Mahlzeiten aufgetischt: Frühstück, Mittagessen, eine süße Zwischenmahlzeit und Abendessen. An sieben Tagen in der Woche. 180 bis 200 hungrige Mäuler gilt es in der Regel zu stopfen, denn auch Mitarbeiter und Praktikanten des Friedensdorfes, Ehrenamtler und Teilnehmer an Seminaren essen im Speisesaal.

Der schönste Lohn für sie sei, wenn die Kinder, gesund und gut ernährt, beim Abschied „Danke!“ sagen, so Bittner. „Dann muss ich vor Freude schon mal weinen.“ Und nicht selten würden ihr von Auslandseinsätzen schöne Grüße ausgerichtet.