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Patienten und Mitarbeiter verunsichert

Patienten und Mitarbeiter verunsichert

Bad Berleburg. 

Die Stimmung unter den Mitarbeitern der Baumrainklinik ist gedrückt: Personalabbau und weitere Einsparungen drohen, nachdem wie berichtet Patientenzahl und Erlöse zurückgegangen sind. Vor allem die Ungewissheit sei alles andere als motivierend, sagt Horst Raithel vom Betriebsrat der Klinik. Offenbar leidet auch die Qualität der Behandlung im Klinik-Alltag: Angeb­lich bitten Ärzte ihre Patienten inzwischen in die Warteschlange zur Sprechstunde, statt zur Visite im Krankenzimmer vorbeizuschauen. Patienten seien verunsichert, heißt es

1 Wie geht es mit den Sozialplan-Verhandlungen weiter?

Die Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Klinik-Geschäftsführung über einen Sozialplan sollten eigentlich am Mittwoch dieser Woche weitergehen. Doch der Arbeitgeber habe den Termin abgesagt, sagt Horst Raithel vom Betriebsrat. Sollte die Geschäftsführung die Maßnahmen zum Stellenabbau zurückgestellt haben? Die Auslastung der Klinik sei derzeit jedenfalls „gut“, findet Raithel. Dennoch müsse die Belegschaft damit rechnen, dass der Arbeitgeber die Linie in Richtung Personalabbau beibehalte. Der nächste Verhandlungstermin sei im Januar.

2 Haben Alternativen zum drohende Personalabbau noch eine Chance?

Sollte die Geschäftsführung hinter den Kulissen noch rechnen und nach Alternativen zum Personalabbau suchen, so Raithel, sei das natürlich zu begrüßen. Ebenso ein Zusammenschluss mehrerer Kliniken im Helios-Verbund – sofern der Standort Baumrainklinik gesichert werden könne. Weiterhin möglich sei es aber auch, dass am Ende mehr als die angedachten 24 Vollzeitstellen abgebaut werden, warnt der Betriebsrat. Zwei Kollegen aus dem Hause haben bereits eine neue Beschäftigung gefunden.

3 Wie ist die aktuelle Lage aus Sicht der Geschäftsführung?

Die Verhandlungstermine seien „bis Januar durchgetaktet“, sagt auf Anfrage Helios-Pressesprecher Tobias Pott. An der Situation in der Baumrainklinik habe sich unterdessen „nichts geändert“: Der Personalabbau sei weiterhin Gegenstand der Sozialplan-Gespräche.

4 Warum ist die Situation in der Baumrainklinik so angespannt?

Tatsächlich seien „die Sachkosten überproportional gestiegen“, sagt Jürgen Weiskirch, Geschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im Bereich Siegen-Olpe. Aber er nennt noch eine Reihe weiterer Beispiele, warum es knirscht.
Hausmeister: Hier wie auch bei der Gebäudereinigung greife die Klinik mittlerweile auf externe Dienstleister zurück, so Weiskirch – und das sei durchaus nicht günstiger. Allerdings seien die Mitarbeiter solcher Service-Firmen oft auch nicht an Gehaltstarife gebunden.
Geschäftsführung: Mit dem Gehalt, das für eine eigene Assistenz-Stelle ausgegeben werde, könne man locker zweieinhalb Pflegekräfte bezahlen.
Therapien: Wenn die Klinik künftig mehr in Patienten-Gruppen aktiv sein wolle – was habe sie dann bisher an Leistungen für den einzelnen Patienten erbracht, die von den Krankenkassen nicht erstattet worden seien? Muss man da nicht nachverhandeln, fragt Weiskirch.
„Ambulante Reha“: In diese Richtung gehe der Trend im Gesundheitswesen, so der Gewerkschafter – die Krankenkassen sparten sich eben immer öfter die Unterbringungskosten für ihre Patienten.
Erreichbarkeit: Wittgenstein sei sicherlich eine tolle Wirtschaftsregion, lobt Weiskirch – jedoch auf Straße und Schiene nicht günstig angebunden.
Patienten-Akquise: Hier werde offenbar innerhalb des Helios-Klinikverbundes zu wenig getan. Die erwarteten Patienten aus der Kardiologie zum Beispiel, die man früher in die mittlerweile aufgegebene Herz-Kreislauf-Klinik zur Reha geschickt habe, seien nie in der Baumrainklinik angekommen, sagt Weiskirch. Und auch aus Hessen würden keine Patienten zur Reha nach Wittgenstein geschickt, bedauert der Gewerkschafter – obwohl gerade das naheliege. Sowohl räumlich als auch mit Blick auf die Kooperation zwischen Helios und dem Uni-Klinikum Gießen und Marburg (UKGM).

Kurzum: Die gute Medizin, die auch in der Baumrainklinik geleistet werde, sei mächtig unter Druck geraten, bedauert Weiskirch. „Die Reha hat im Vergleich zur Akutmedizin deutlich nicht den Stellenwert.“