Als die vielen Menschen um sein Bett herum standen, da wurde Arnold Schmücker mulmig. Eine Routineoperation hätte es sein sollen, doch jetzt wachte der 62-jährige Lendringser auf der Intensivstation aus der Narkose auf. „Ich dachte schon, ich wäre im Himmel“, erinnert er sich. Bei einer Operation im Mendener Vinzenz-Krankenhaus war er narkotisiert vom OP-Tisch gefallen.
Menden.
Ein Bestrahlungsschaden nach einer Fersenspornbehandlung in einem anderen Krankenhaus sollte in Menden behandelt werden. Am 1. April wurde Schmücker aufgenommen, ein erster Eingriff verlief auch problemlos. Am 5. April sollte eine zweite Operation stattfinden. Auch diese verlief zunächst planmäßig. Ein Arzt und eine Pflegerin kümmerten sich um den Fuß, ein Anästhesiepfleger saß am Kopf bei dem Beatmungsgerät. Ein „Springer“ war zeitweise im Saal, er half aber auch bei den anderen OPs.
Arnold Schmücker war an beiden Armen fixiert, auf den Becken-Gurt hatte man aber verzichtet. Dies, so der ärztliche Direktor Dr. Markus Berghoff im WP-Gespräch, sei bei diesen Fuß-Operationen auch üblich. Kurz vor Ende der OP bemerkte dann das Team, dass sich Arnold Schmückers Körper zur Seite in Bewegung setzte. Arzt und das OP-Pflegepersonal versuchten ihn noch zu halten – doch vergeblich: Schmücker erlitt am Arm eine etwa 14 Zentimeter lange Fleischwunde, die genäht werden musste. Zudem ein dickes Hämatom, das noch immer nicht verheilt ist. Es war entstanden, als das OP-Team Schmücker zu halten versuchte.
Das Krankenhaus räumte seine Verantwortung auch gleich ein. Schon auf der Intensivstation wurde Arnold Schmücker über den Sturz aufgeklärt. Trotzdem kommt es jetzt zu einem Rechtsstreit. Denn Arnold Schmücker und seine Familie fühlen sich im Nachgang des Sturzes nicht gut behandelt. „Fehler können passieren“, so Schmückers Frau Magdalene. „Wir wären auch nie an die Öffentlichkeit gegangen, wenn sich das Krankenhaus anders verhalten hätte.“
Der erste Streitpunkt: Um 11 Uhr war Schmücker auf die Intensivstation gebracht worden. Seine Frau informierte aber niemand. Als sie ihren Mann um 14 Uhr wie geplant auf dem Zimmer besuchen wollte, sagte der Zimmernachbar nur: „Dein Mann liegt auf Intensiv.“ Dr. Berghoff und Pflegedirektor Reinhold Jacobs räumen ein: „Das war ein Fehler.“ Das Personal sei selbst total geschockt gewesen, so Jacobs. „In 25 Jahren hat es nur einen vergleichbaren Fall geben“, ergänzt Dr. Berghoff.
Zweiter Kritikpunkt ist die aus Sicht der Familie Schmücker fehlende offizielle Entschuldigung der Krankenhaus-Leitung. Ob es diese gegeben hat, ist zwischen beiden Seiten strittig.
Entscheidend für den Rechtsstreit ist aber Schmückers Schmerzensgeldforderung von 6 000 Euro. Dass diese grundsätzlich berechtigt ist, erkennt das Krankenhaus an. Allerdings verlange die Haftpflichtversicherung die Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht.
Das lehnt Arnold Schmücker, der sich von seinem Sohn Kai vertreten lässt, aber ab. Er fürchtet, dass die Versicherung nur Gründe finden wolle, um die Schmerzensgeldsumme niedrig zu rechnen – der eingeschaltete Anwalt stützt diese Sicht. Kai Schmücker: „Er sagt uns: Der Fall ist klar, es braucht keine Schweigepflicht-Entbindung.“
Das Vincenzkrankenhaus, so Dr. Berghoff, werde den Fall weiter analysieren, damit er sich hier und anderswo nicht wiederhole.