Menden.
Seit mehr als 20 Jahren leidet der 33-Jährige an der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn, verbunden mit heftigen Schmerzen. Seit 2012 hat er eine Genehmigung, zu medizinischen Zwecken Cannabisblüten zu konsumieren. Strafbar hat sich der Mendener trotzdem gemacht – mit der Beihilfe zum Betrieb einer Marihuana-Plantage. Gestern stand er vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Hennemann.
Denn im Jahr 2010 soll der Mann anderen Mendenern Utensilien im Wert von 2700 Euro sowie 150 Setzlinge für den Anbau und die Zucht von Marihuana-Pflanzen verkauft haben – wohl wissend, dass die Mendener das Material auch für den Anbau des Betäubungsmittels nutzen wollten. Und dieser ist strafbar, ebenso wie die Beihilfe.
„Er wollte nicht davon profitieren“, erklärte der Verteidiger des Mendeners. „Cannabis ist ein wichtiger Marker in seinem Leben. Er gehört zu den wenigen Menschen in Deutschland, die die Genehmigung haben, medizinische Cannabis-Blüten zu konsumieren.“ Denn der Mann nimmt das Betäubungsmittel als Medizin ein, die Nebenwirkungen der anderen Medikamente seien zu groß gewesen, das synthetisch hergestellte Cannabis habe ihm nicht geholfen.
„Mein Mandat hat jetzt den Antrag gestellt, das Cannabis zu medizinischen Zwecken auch anzubauen. Er ist nicht in der Lage, die Kosten zu zahlen, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden“, so der Verteidiger. Für den Mendener sei Cannabis positiv belegt: „Weil es ihm erlaubt, wieder am sozialen Leben teilzunehmen, er ist zum Beispiel wieder arbeitsfähig“, so der Anwalt.
Zunächst hatte der Mendener nichts zum Verkauf der Anbau-Materialien sagen wollen. Richter, Schöffen, Staatsanwalt und Verteidiger zogen sich dann für ein längeres Rechtsgespräch zurück und berieten. Anschließend gestand der Mendener, die Utensilien verkauft zu haben. Richter Hennemann verurteilte den Mendener zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten. Er muss zudem 50 Sozialstunden leisten. Ein zweiter Anklagepunkt – der Besitz von Cannabis – wurde gestern eingestellt.
Hintergrund
Laut Betäubungsmittelgesetz ist der „Erwerb und Besitz von allen Pflanzenteilen und Saatgut von Hanf“ in Deutschland strafbar oder genehmigungspflichtig.
Eine Ausnahmegenehmigung für die medizinische Verwendung von Cannabis besteht seit 2009, seit Mai 2011 ist Cannabis verschreibungsfähig. Es ist dann über eine Apotheke erhältlich.
Cannabis wird in Deutschland mit Ausnahmegenehmigung vor allem bei Patienten eingesetzt, die unter chronischen Schmerzen leiden, an HIV, Multipler Sklerose, Krebs oder Morbus Crohn erkrankt sind.