Menden/Meschede.
Männer mucken auf: Frauen schießen den Vogel ab. Die Welt der Schützen gerät in Südwestfalen ins Wanken. Das weibliche Geschlecht drängt in Bruderschaften und Vereine. Die Mitglieder der Männerdomäne diskutieren heftig – öffentlich und hinter den Kulissen. Angeheizt wird diese Diskussion durch den Rausschmiss einer Schützin aus einem Schützenverein in Olpe.
Der Zug der Zeit fährt am Sauerland nicht vorbei. Frauen am Schießstand, Frauen als Schützenkönigin mit Prinzgemahl. Altgediente Schützen verfluchen die Entwicklung und bekreuzigen sich in Gedanken: Dass sie das noch erleben müssen.
Der Bundesoberst vom Sauerländer Schützenbund, Karl Jansen aus Menden, teilt die Aufregung nicht: „Gegen Frauen in der Schützenbruderschaft kann man nichts haben, wenn es in der Satzung des Vereins verankert ist.“ In Olpe wurde jedoch gerade erst eine Schützin aus einem Schützenverein geworfen – weil die Satzung Frauen als Mitglieder verbietet.
In Menden gibt es bereits eine Schützenkönigin
Ob dem 64-Jährigen die Entwicklung gefällt, lässt er offen. Ausschlaggebend ist für ihn die Einhaltung der vereinbarten Satzung. „Die Mitgliedschaft von Frauen kann niemand von oben verordnen.“ Dem Sauerländer Schützenbund gehören 345 Vereine mit 166 .631 Mitgliedern an. In der Regel sind es Männer ab 16 Jahre aufwärts.
Der Bürger- und Schützenverein Menden-Hüingsen ist seit fünf Jahren offen für Frauen. Und Ende Juni schoss zum ersten mal eine Frau, Marianne Wessel, den Vogel ab. Ihre Ehemann Ulrich gibt den Prinzgemahl. Für Andreas Hirschmüller, seit dreizehn Jahren Vorsitzender, kein leichter Weg: „Für uns war es ein großer Schnitt.“ An Kritikern im Verein fehlt es nicht. Das Maulen der Männer hat die Entwicklung überrollt. „Im Nachhinein sind alle zufrieden. Der Generationswechsel macht vor den Schützenvereinen keinen Halt.“
Die Frauen wollen nicht länger in der zweiten Reihe stehen
Die Ehefrauen und Lebenspartnerinnen der Schützen wollen nicht länger in der zweiten Reihe stehen, sie wollen mitmischen.
Das weiß auch Heinz Dickel, Vorsitzender vom Schützenverein in Winterberg-Neuastenberg – noch ohne Frauen: „Wir können uns dem nicht verschließen. Das wird mit der Zeit kommen. Außerdem: Ohne Frauen kann man nicht feiern.“ Ein Satz, den alle Schützen unterschreiben.
Nachdenklich und schweigsam werden nicht wenige Verantwortliche unter den Schützen, wenn es um homosexuelle Mitglieder geht. Addi Grooten, Kreisoberst und stellvertretender Bundesoberst aus Meschede, traut sich. Mit einem schwulen Schützenkönig kann er leben: „Von meiner Seite gibt es da keine Einwände.“ Sein Grummeln fängt an, wenn der Lebenspartner als Königin beim Festumzug in der ersten Reihe an seiner Seite marschiert: „Es gibt Satzungen, in denen steht, dass die Königin weiblichen Geschlechts sein muss.“
Im Kreis Steinfurt existiert seit mehr als zwanzig Jahren ein Frauenschützenverein
Letztlich, das weiß Grooten, ist es jedem Verein selbst überlassen, wie es mit einem männlichen Königspaar umgehen will. Sein Hinweis: „Überlegt euch gut, ob es mit Glaube, Sitte und Heimat in Einklang zu bringen ist.“ Männerprobleme hat der Nordwalder Frauenschützenverein im Kreis Steinfurt nicht. Der Verein, er existiert seit mehr als zwanzig Jahren, lässt Männer satzungsgemäß als Mitglieder nicht zu.
Grund der Gründung? „Wir haben uns gesagt, was die Männer können, können wir auch“, sagt die Vorsitzende Simone Zurhorst. „Wir wollten nicht länger schmückendes Beiwerk sein.“
Anfangs belächelt, gehören dem Verein 160 Frauen an. Simone Zurhorst: „Bei uns ist es geschlechtermäßig andersherum.“ Die ersten Männer sollen sie bereits um eine Mitgliedschaft ersucht haben.