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Infrastruktur ist extrem ausgelastet

Infrastruktur ist extrem ausgelastet

60 Millionen Tonnen chemische Güter werden jährlich im Ruhrgebiet transportiert. Wird die Logistikkette auch nur für einen Tag unterbrochen oder gestört, können einzelnen Unternehmen Schäden zwischen 250 000 und einer Million Euro entstehen.

„Das kommt zum Glück nur äußerst selten vor“, sagt Prof. Dr. Michael Dröscher, Vorsitzender der ChemSite-Initiative. Aber grundsätzlich drohten der Chemieindustrie im nördlichen Ruhrgebiet – und die beiden größten Player sind hier der Chemiepark Marl und der Raffineriestandort Gelsenkirchen – mit ihren 24 000 Arbeitsplätzen wirtschaftliche Gefahren, wenn Straße, Schiene und Wasserwege nicht angemessen erhalten und ausgebaut würden. Das jedenfalls ist die Botschaft einer Chemielogistik-Studie, die Wissenschaftler im Auftrag der ChemSite-Initiative und der regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft WiN Emscher-Lippe erarbeitet haben. Es geht den Autoren der Studie nicht um zugefrorene Kanäle oder streikende Lokführer, also zeitlich begrenzte Ereignisse, die die Versorgung der Chemiestandorte beeinträchtigen können. Die Experten richten ihren Blick vielmehr auf schadhafte Autobahn- und Eisenbahnbrücken und marode Kanalschleusen. Und sie verweisen auf Autobahnlücken wie die in Gladbeck (A 52).

Grundsätzlich sei das Ruhrgebiet verkehrstechnisch sehr gut erschlossen, so das Fazit der Autoren. Die Infrastruktur sei aber extrem hoch ausgelastet, zahlreiche Brücken „dringend sanierungsbedürftig“. Bei einer Umfrage unter Chemie- und Logistikunternehmen zeigte sich auch nur die Hälfte der Befragten zufrieden mit der Infrastruktur, die andere Hälfte sei unzufrieden, wie Prof. Dr. Carsten Suntrop (Europäische Fachhochschule, Brühl), einer der Autoren erläuterte.

ChemSite (das Netzwerk von Chemiefirmen und Behörden im nördlichen Ruhrgebiet) und die WiN Emscher-Lippe richten mit der Studie den Blick in die Zukunft. Sie werben für umfassende Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, appellieren aber auch an die Kommunen, Ansiedlungsflächen für Chemie-Logistiker auszuweisen.

Wichtige Impulse

Denn diese Branche hat sich mit 5000 Arbeitsplätzen längst zu einer wirtschaftlichen Stütze im nördlichen Ruhrgebiet entwickelt. Dabei handelt es sich zum großen Teil um externe Dienstleister, also Speditionen aus der Region. Vom Gesamtumsatz der chemischen Industrie im Ruhrgebiet (12,8 Milliarden Euro) entfällt laut Studie bis zu eine Milliarde Euro auf Logistikkosten.

Logistik sei damit neben den Rohstoff- und Produktionskosten der dritte bedeutende Kostenfaktor für die Chemiefirmen. Die Verzahnung von Chemie und Logistik könne beiden Branchen, aber auch dem Ruhrgebiet insgesamt deutliche Wachstumsimpulse geben, betonte ChemSite-Chef Michael Dröscher.