So sah der Lebenslauf von Petra Hinz auf der Seite des Bundestages aus, bevor er nach der Beichte der Abgeordneten korrigiert wurde. Quelle: bundestag.de
Petra Hinz hat ihren Lebenslauf gefälscht und sich als Juristin ausgegeben
Das Phänomen, sich mit falschen Federn zu schmücken, ist unter Politikern nicht neu
Drei Wissenschaftler erklären, warum die Versuchung so groß ist.
Petra Hinz empfand dies offensichtlich anders. „Frau Hinz muss für sich die persönliche Prognose getroffen haben, damit leichter voranzukommen“, meint der Wissenschaftsrechtler Professor Wolfgang Löwer von der Universität Bonn, der sich schon in der Vergangenheit mit Plagiatsfällen bei Politikern beschäftigt hat. Aus seiner Sicht ist das Fatale an Politikern wie Hinz, dass sie in ihrem Leben nichts anderes getan haben, als an ihrer Politikerkarriere zu basteln. „Da schien es ihr offenbar von Vorteil zu sein, sich diese Ersatzbiografie zu verschaffen.“
„Politiker, die vom Politikbetrieb abhängig sind“
Löwer betrachtet nach eigenen Worten solch reine Politikkarrieren mit Sorge. „Das sind Politiker, die am meisten vom Politikbetrieb abhängig sind und somit davon, dass sie bei der nächsten Wahl wieder aufgestellt werden.“ Ecken und Kanten, oder eine eigene Meinung könnten sie sich kaum erlauben. „Sie sind auf das Wohlwollen ihrer Partei angewiesen, weil sie sonst ins Bodenlose fallen.“
Ähnlich sieht es Politikwissenschaftler Professor Ulrich von Alemann von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Politiker wollen sich, wenn sie sich mit falschen Titeln oder akademischen Abschlüssen schmücken, Vorteile im politischen Betrieb verschaffen, meint er. „Das gilt sowohl innerparteilich als auch im überparteilichen Wettbewerb.“
Politikwissenschaftler: „Angeberei mit unlauteren Mitteln“
Prof. Christoph Butterwegge, Politikwissenschaftler an der Uni Köln, sieht auch die zunehmende Professionalisierung im Politikbetrieb als Erklärungsansatz. Die Ansprüche an Politiker, sich mit komplizierten Sachverhalten auseinanderzusetzen, stiegen. Mancher mag es da von Vorteil ansehen, eine akademische Ausbildung vorweisen zu können. „Der eine oder andere, der diese nicht besitzt, hat vielleicht Minderwertigkeitskomplexe“. Möglicherweise habe Petra Hinz dies auch so empfunden. „Für mich ist dies eher ein Anzeichen, wie viel Druck im Kessel, auch bei der SPD, ist“, so Butterwegge.
Akademisierung der SPD: „Politisches Leben wurde anspruchsvoller“
Er verweist aber auch auf die Geschichte der Partei. In den 1980ern und 90ern hätte es eine zunehmende Akademisierung in der SPD gegeben, die vor allem die Jusos in die Partei trugen. Einer Zeit also, als auch Petra Hinz zur SPD kam. „Das politische Leben wurde anspruchsvoller.“ Viele Genossen seien damals den zweiten Bildungsweg gegangen, um eine akademische Reputation zu erlangen. „Petra Hinz sah sich vielleicht einem Druck ausgesetzt, den es so möglicherweise gar nicht gab.“