Essen. Erika Schneider (58) schießen die Tränen in die Augen. Auch die Stimme ihrer Mutter Hedwig Schneider (84) bricht ab. Sie muss kurz stoppen, in sich gehen. Erst dann kann sie weiter erzählen, über das unfassbare Verschwinden von Bianca Blömeke vor 19 Jahren. Der Tochter beziehungsweise Enkelin.
Oma Hedwig erinnert sich noch genau, was an diesem Sonntag, dem 6. August 2000, geschehen ist. Bianca wohnt, genauso wie ihre Mutter und Oma, im Essener Stadtteil Vogelheim. Die 19-Jährige hat einen einjährigen Sohn. Ihr ist es wichtig, dass der leibliche Vater regelmäßigen Kontakt zum gemeinsamen Kind hat, obwohl die Beziehung vor einigen Monaten in die Brüche gegangen ist.
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Viele Morde im Ruhrgebiet sind bis heute nicht aufgeklärt. Die Täter konnten nie ermittelt werden. Die Serie ungelöste Kriminalfälle im Ruhrgebiet auf DER WESTEN beleuchtet die Vorkommnisse. Denn auch nach 20 Jahren gilt: Mord verjährt nicht. Jeder Hinweis kann der Polizei noch heute weiterhelfen.
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Essen: Mutter und Oma schöpfen direkt Verdacht
An diesem Sonntag gibt er das Kind bei der Oma ab, möchte sich mit Bianca aussprechen. Erst später holt er den Sohn wieder ab, allerdings ohne Bianca. Hedwig Schneider kommt das Verhalten sehr ungewöhnlich vor: „Er hatte das Kind zuvor noch nie bei mir abgegeben.“ Abends geht sie hinüber zu Biancas Wohnung. Doch von ihrer Enkelin fehlt jede Spur. Der Ex-Freund gibt an, sie sei mit dem Auto verschwunden. Er habe beobachten können, wie sie abgehauen sei.
Hedwig Schneider hilft ihm noch im Haushalt, entfernt winzige Bluttropfen aus der Badewanne, erkennt Haarbüschel und Blut in einem Schrubber, der auf dem Balkon steht. Sie denkt sich nichts dabei. Womöglich wichtige Hinweise auf das Verschwinden von Bianca.
Schlüssel, Portemonnaie und Geld lässt Bianca zurück, nur der Personalausweis ist nicht aufzufinden.
Zwei Monate nach dem Verschwinden ermittelt eine Mordkommission
Einen Tag drauf konfrontiert Erika Schneider den Ex-Freund direkt: „Wo hast du Bianca verbuddelt?“ Er beantwortet die Frage nicht. Vier Tage suchen die Angehörigen selbst, dann geben sie eine Vermisstenanzeige auf. Nach eigener Aussage nahmen die Polizisten der Vermisstenstelle ihr Anliegen nicht ernst. Eine 19-Jährige büxt schon Mal aus.
Da Biancas Wohnung nicht mehr bewohnt ist, entscheidet sich Erika Schneider, diese leerzuräumen. „Da habe ich wohl die letzten Hinweise beseitigt“, ist sie sich sicher. Einige Beamte wären zuvor nur kurz durch die Räume gelaufen, hätten aber nur „halbherzig“ gesucht. Erst knapp zwei Monate später wird eine Mordkommission eingerichtet. Staatsanwaltschaft und Polizei möchten sich heute nicht mehr zu den Vorwürfen äußern.

Nachbarn hören einen Knall, dann ist es ruhig
Durch Zufall erfährt die Familie von einer Nachbarin, dass Bianca an jenem Sonntag bitterlich geweint und gebettelt hatte. „Bitte, bitte mach das nicht“, soll sie gefleht haben. Es folgt ein großer Knall, dann ist Ruhe.
Die Angaben wiederholen die Nachbarn erst gegenüber der Polizei, als die Mordkommission bereits ermittelt. Für eine Anklage gegen den Ex-Freund reicht es nie. Denn eine Durchsuchung der Wohnung mit Leichenspürhunden brachte keinen Erfolg.
Was braucht es, damit die Mutter endlich mit dem Verschwinden ihrer Tochter abschließen kann? „Ich brauch die Gewissheit, dass Bianca lebt oder tot ist.“
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