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Essen: Bäckereien von neuer Kassenbon-Pflicht genervt – „Absoluter Schwachsinn“

Essen: Bäckereien von neuer Kassenbon-Pflicht genervt – „Absoluter Schwachsinn“

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Ab Januar 2020 gibt es eine Bon-Pflicht für alle Lokale, Geschäfte und Betriebe. Foto: imago stock&people

Essen. 

Der Kassenbon im Supermarkt, die Rechnung im Restaurant und die Quittung beim Tanken: Überall ist der Bon nach dem Bezahlen in aller Hände. Bisher wird dir aber noch die Frage gestellt, ob du den Bon überhaupt haben willst.

Ab dem 1. Januar 2020 ist damit Schluss in Essen und ganz Deutschland: Auch Bäckereien müssen dann einen Bon herausgeben, ob der Kunde das will oder nicht. Die Bäcker in Essen sind von diesem Zwang gar nicht begeistert.

Bon-Pflicht für Bäcker in Essen ein großes Problem

„Das ist absoluter Schwachsinn“, sagt Tristan Förster von der Traditionsbäckerei Förster aus Essen-Leithe. Er gehört, wie sein Cousin Alexander Förster, seit 2017 zum Führungsteam der Bäckerei.

Bereits vor einigen Monaten habe er sich über die neu Bon-Pflicht und den genauen Ablauf beim Finanzamt informiert. „Und selbst die Finanzkontrolleure schütteln den Kopf über die neue Regelung. Denn sie bedeutet einfach nur mehr Müll für etwas, was wir sowieso schon haben“, so Tristan Förster.

Denn bei dem Kassensystem des Bäckers würden elektronisch bei jeder Buchung Bons erstellt, die ans Finanzamt übermittelt werden. Nun zusätzlich auch noch die Bons auszudrucken, erzeuge einfach nur mehr Müll, den niemand wolle.

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Extra Mülltransporter, um die Bons im Müll abzuholen?

Ähnlich sieht das auch Bäckerkollege Stefan Holtkamp von Essens ältester Bäckerei.

„Wir bieten seit zwei Monaten die Möglichkeit der Kartenzahlung über girocard, applepay usw. Der Zahlbetrag der Kunden liegt fast immer unter 10 Euro. Anfänglich hatten wir einen automatischen Bon eingestellt. Nach gut einer Woche haben wir den Bondruck wieder deaktiviert, da der überwiegende Teil der ‚Zettel‘ in den Mülleimer wanderte. Wenn selbst bei Kartenzahlungen der Bon abgelehnt wird, können wir den Mülleimer für nicht benötigte normale Bons wahrscheinlich direkt in den Laden stellen“, sagt Bäckermeister Stefan Holtkamp.

Eine gewisse Ironie kann er sich bei dem Thema nicht verkneifen: „Da gibt es bewusste Menschen, die ihre Tüte oder Ihren Kaffeebecher mitbringen, um umweltgerecht zu leben, damit das Finanzamt die Papier-Flut auf die Spitze treibt. Die Stadt führt dann eine Umweltspur für den Mülltransporter ein, damit der besser durchkommt.“

Kunden sehen Pflicht als Schwachsinn an

Und auch seine Kunden in der Filiale in Essen-Holsterhausen sehen das genauso. Maria (35) kauft oft ihre Brötchen und auch Kuchen bei Holtkamp in der Kahrstraße ein. Einen Bon will sie deswegen nie.

„Was soll ich denn mit einem Bon über fünf Brötchen? Ich lehne den ja sogar im Supermarkt ab und auch der Brötchen-Bon wird im Müll landen. Hauptsache es gibt ein Dieselfahrverbot um die Umwelt zu schützen, aber das Finanzamt kriegt und verursacht noch mehr Papiermüll. Das soll dann noch umweltbewusst sein?“

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Bon-Pflicht soll Steuerbetrug verhindern

Die Kassenbon-Pflicht ist Teil der Kassensicherungsverordnung, die Steuerbetrug an der Ladenkasse verhindern soll. Demnach sollen Kassen durch eine technische Sicherheitseinrichtung fälschungssicher werden. Ursprünglich sollten alle Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 die neuen Vorschriften erfüllen, das Finanzministerium räumte nun Zeit bis Ende September ein.

Tristan Förster meint dazu: „Ich glaube nicht, dass es bis September überhaupt bestehen bleibt. Denn von allen Seiten, Kunden, Verbraucher und Einzelhändler kommt Druck, dass dieses System sich nicht durchsetzt. Da muss die Regierung reagieren.“

Auch die oft angepriesenen elektronischen Bons können die Flut an Papiermüll nicht aufhalten. Da gibt es zum einen Datenschutz-Probleme. Außerdem hapert es an der Umsetzung.

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Datenschutz bei elektronischen Bons kaum einhaltbar

„Unsere Kunden kommen in die Bäckerei, kaufen ihre Brötchen und gehen schnell wieder. Da hat kaum einer Lust und Zeit darauf zu warten, dass per E-Mail oder App der Bon übermittelt wird“, so Förster.

Bei den meisten Kunden wird der Bon als im nächsten Mülleimer landen.