Aus Kooperation wird wieder Konkurrenz
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Duisburg. Wahlen stehen an , mindestens zwei, eventuell drei, wenn’s bei der Kür des Oberbürgermeisters keinen strahlenden Sieger auf Anhieb gibt.
Das heißt: Die nächsten Wochen werden im ganzen Lande und in Duisburg noch ein bisschen mehr geprägt sein von Wahlkampf-Getöse, wo bei vermutetem Bedarf schon mal mehr geholzt als gehätschelt wird.
Da bleibt abzuwarten, was bleibt von der Gemeinsamkeit zumindest einiger Parteien, die wohltuend fair und gesittet miteinander umgegangen sind, solange es um das gemeinsame Ziel, die Abwahl Adolfs Sauerlands als Oberbürgermeister, ging. Und auch noch danach, bei der Suche nach einem gemeinsamen OB-Kandidaten, war Benehmen angesagt, was alle Beteiligten, offenbar selbst erstaunt, in höchsten Tönen lobten – von den Liberalen bis zu den Linken in nie gekanntem Einvernehmen.
Stillstand war in Duisburg lange genug
Nun ist aus der Kooperation wieder Konkurrenz geworden, nun geht es um Mandate in Düsseldorf, um das gewichtige Amt des Hausherrn am hiesigen Burgplatz. Was vom manierlichen Umgang miteinander von Dauer ist, wird sich bis Juni erweisen. Dass die Bürger den Verzicht auf übertriebene Parteien-Profilierungsversuche durchaus schätzen, haben sie durch das in ganz Duisburg durchgängige und einhellige Ergebnis bei der Abwahl klar dokumentiert.
Politischer Neuanfang nach der Loveparade Bei allem Wahlkampf darf aber auch eines nicht vergessen werden: Stillstand war in Duisburg lange genug. Die Politik bleibt in der Pflicht, sich sowohl um die städtischen Finanzen zu kümmern als auch Zukunftsprojekte auf den Weg zu bringen. Ein Beispiel: Die Innenstadterneuerung ist von ihrer Vollendung noch weit entfernt.
Beim Bürgerentscheid am 12. Februar stimmten 129.833 Duisburger mit "Ja", also für Sauerlands Abwahl. Nur 21.557 Duisburger stimmten für Sauerlands Verbleib im Amt. Die Wahlbeteiligung war mit 41,16 Prozent unerwartet hoch. Am 17. Juni wählen die Duisburger Sauerlands Nachfolger. Zur Wahl stehen 13 Kandidaten (in alphabetischer Reihenfolge): Ingrid Fitzek (Grüne), Rolf Hermann Karling (Einzelbewerber), ...
... Rudolf Kley (Bürger Union Duisburg, Freie Wähler NW), Frank Koglin (Einzelbewerber), Barbara Laakmann (Die Linke), Harald Lenders (Einzelbewerber), Benno Lensdorf (CDU), Sören Link (SPD), Sascha Dieter Mistov (Einzelbewerber), Michael Rubinstein (Einzelbewerber), Ahmet Peter Siegel (Einzelberwerber), Jörg Uckermann (pro NRW) und Richard Wittsiepe (Einzelbewerber).
Eine chronologische Übersicht der Kandidaten-Nominierung und der Kandidatensuche der Parteien:
Am 4. Mai tagte im Rathaus der Wahlprüfungsausschuss. Sieben von 20 eingereichten Kandidaturen haben nicht die geforderte Anzahl von 370 Unterstützer-Unterschriften zusammen gebracht. Geschafft haben es diese Bewerber:
Einzelbewerber Sascha Dieter Mistov aus Duisburg-Huckingen. Der 39-Jährige ist ledig, hat eine Tochter und arbeitet als Schmelzer bei den Hüttenwerken Krupp Mannesmann (HKM).
Der Apotheker Rudolf Kley von der Bürger Union Duisburg stand schon bei der letzten OB-Wahl auf dem Kandidatenzettel. Nun versucht er es noch einmal, den Chefposten im Rathaus zu ergattern.
Der Ärger über die Absage des Traumzeit-Festivals hat Frank Koglin (44) dazu bewogen, für den Duisburger OB-Posten zu kandidieren. Der ehemalige Bankmanager hat heute einen Versandhandel für Audiogeräte und ordnet sich politisch in die "Mitte-links-Richtung" ein.
Auch die Rechtspopulisten der Partei pro NRW haben einen eigenen Kandidaten aufgestellt: Jörg Uckermann aus Köln.
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Die Bürgerinitiative um Theo Steegmann, der harte Kern der ehemaligen Abwahlinitiative, ließ erst die Parteien ihre Kandidaten nominieren. Am 19. April schickte sie dann doch einen eigenen OB-Kandidaten ins Rennen: Dr. Richard Wittsiepe tritt für die „BI Neuanfang Duisburg“ an. Der 54 Jahre alte Wirtschaftsprüfer ist in Duisburg kein Unbekannter. Für Wirbel sorgte er mit seinen Klagen gegen den MSV wegen vermeintlich falscher Bilanzzahlen oder gegen den Parallelkanal. Nach der Loveparade attestierte er der Stadt eine Planungslücke vor der Rampe, jüngst sorgte er mit einem Papier für Zündstoff, das die Bilanzen des FOC-Investor hinterfragt.
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Die Solinger CDU-Ratsfrau Nicole Molinari. Lensdorf aber konnte sie im Parteivorstand nicht durchsetzen. Ihren Solinger Parteifreunden schrieb Molinari, die Duisburger CDU habe den anderen Bewerber ausgewählt, weil der „in größerer Nähe zur CDU Duisburg und zum ehemaligen OB Sauerland steht“.
Eine der Personen, die, so hieß es aus CDU-Kreisen, ebenfalls Ambitionen auf das Amt und gute Chancen auf die Kandidatur haben sollte, war Dirk Buttler. Doch Buttler, der bereits 2009 in Oberhausen als OB und ein Jahr später in Olpe als Landrat kandidiert hatte, winkte ab. „Ich habe keinerlei Gespräche geführt“.
Harald Lenders ist der erste parteilose Kandidat, der offiziell für die Neuwahl des Oberbürgermeisters am 17. Juni ins Rennen geht. Als er den Karton öffnete, mit dem er ins Rathaus marschierte, war die Mitarbeiterin im Wahlamt baff. Er legte 500 Unterschriften vor, die er innerhalb von zwei Wochen gesammelt hatte. Zwar wird der Wahlausschuss erst im Mai endgültig über die Gültigkeit der Bewerbungen entscheiden. Doch mit 500 Unterschriften ist Lenders auf der sicheren Seite, nötig sind 370.
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Stefan Sünwoldt aus Kaltenkirchen bei Hamburg hatte sich selbst als Kandidat ins Gespräch gebracht. Er hatte mit allen Ratsparteien und den Piraten gesprochen. Am Ende aber fand der 51-jährige Verwaltungsjurist wenig Unterstützung für eine Kandidatur. "Man will in Duisburg unter sich blieben, man will die eigenen Klüngel-Kreise nicht von außen stören lassen", schrieb er in einem Offenen Brief zu seinem Rückzug.
Michael Rubinstein (39), Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg, Mülheim, Oberhausen, war der erste, der bei der Suche nach einem möglichen parteiübergreifenden Oberbürgermeister-Kandidaten offen seinen Hut in den Ring warf. Jetzt kandidiert er als Parteiloser für das OB-Amt. Die Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg e.V.“ , die Piratenpartei und die FDP unterstützen ihn.
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Die Duisburger SPD nominierte Mitte März den Duisburger Landtagsabgeordneten Sören Link (35) als Kandidaten. Nach seiner Kandidatur erklärten die anderen Parteien im "OB-Wahlbündnis" das Ziel, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden, für gescheitert. Auf DerWesten.de löste Links Nominierung einen regelrechten "Shitstorm" aus. Das Eigengewächs der SPD sagt im Interview: "Ich traue mir diese Aufgabe zu."
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Die Linke benannte Ratsfrau Barbara Laakmann als eigene Bewerberin für das höchste Amt der Stadt.
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Die ehemalige Landtagsabgeordnete Ingrid Fitzek (53) soll grüne OB-Kandidatin werden. Von 1995 bis 2000 war sie wissenschaftspolitische Sprecherin ihrer Landtagsfraktion.
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Mitte März ist auch Rolf Karling im Kandidaten-Karussell zugestiegen. Der Rheinhauser wurde im November 2010 durch das Ketchup-Attentat auf den damaligen OB Adolf Sauerland bundesweit berühmt. Karling, der parteilos ist, sieht sich als der Vertreter der Armen und Benachteiligten in der Stadt.
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Ein möglicher Lieblingskandidat der CDU hat das falsche Parteibuch: der Bündnisgrüne Stadtdirektor Peter Greulich.
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CDU-Parteichef Thomas Mahlberg steht für eine Kandidatur derzeit nicht zur Verfügung.
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Auch Parteivize Peter Ibe von der CDU in Duisburg hat abgesagt.
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Erfahrung mit der Politik im Stadtrat hat die CDU-Fraktionschefin Petra Vogt, aber sie will ebenfalls nicht kandidieren, sondern in den Düsseldorfer Landtag gewählt werden.
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Kulturdezernent Karl Janssen hält auch Abstand von einer Kandidatur für die CDU.
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Dietmar Vettermann, Ex-Oberbürgermeister von Zwickau und Autor des Buches "Ich lass mich nicht verbiegen - als Christ in der Politik", hat sich von der dänischen Insel aus, auf der er lebt, bei der Duisburger SPD als OB-Kandidat mit einem Augenzwinkern beworben.
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Der Name des verwaltungserfahrenen Düsseldorfer Sozialdezernenten Burkhard Hintzsche (46) fiel auf der Suche nach einem Konsenskandidaten immer wieder. Am Ende stand der gebürtige Duisburger nicht zur Verfügung.
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Eine Absage erteilte auch Jugendamtsleiter Thomas Krützberg. Das Rathaus-Eigengewächs Krützberg, der allseits geschätzt ist, will lieber bei seinen Leisten bleiben.
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Wilde Spekulationen wie die Kandidatur von Ex-Minister Wolfgang Tiefensee...
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Auch der Name der Duisburger Polizeipräsidentin Elke Bartels fiel wohl letztendlich aus reiner Spekulationslust.
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Eine weitere auswärtige Phantasterei war der frühere NRW-Bauminister Christoph Zöpel.
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Aus den Reihen der SPD wurden gleich mehrere Personen als Kandidaten gehandelt. Einer davon war NRW-Innenminister und Duisburger SPD-Vorsitzender Ralf Jäger.
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Und so kam auch zwangsläufig der Name der Landtagsabgeordneten und Regierungspräsidentin in Köln Gisela Walsken ins Spiel.
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Auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas durfte auf der Liste der Genossen, die für das Amt des Oberbürgermeisters in Frage kommen, nicht fehlen.
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Ähnlich wie bei Bärbel Bas verhält es sich mit dem SPD-Landtagsabgeordneten und Vorsitzenden des DGB-Niederrhein Rainer Bischof.
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Wie selbstverständlich wurde auch der Name von Duisburgs ehemaligem Stadtdirektor Jürgen C. Brandt genannt, der bei der Kommunalwahl 2009 gegen Adolf Sauerland antrat.
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Der ehemalige Betriebsrat des Rheinhausener Krupp-Werkes Theo Stegmann hätte sicher gute Chancen, als eigener Kandidat für die Bürgerinitiative „Neuanfang für Duisburg“ aufgestellt zu werden. Das hat der Sprecher der Bürgerinitiative bislang aber ausgeschlossen.
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