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„Prekärer Einsatz“ – Polizei befürchtet Gewalt bei Demos

„Prekärer Einsatz“ – Polizei befürchtet Gewalt bei Demos

Bild Ruhrnachrichten
Zwischen den Fronten: Bereitschaftspolizei trennt Neonazis (vorn) und Nazi-Gegner auf der Kampstraße. Denn sonst hätte es Verletzte unter den Demonstranten geben können. Foto: Bandermann
Die Polizei erwartet am Samstag in Dortmund Tausende Demonstranten aus dem rechts- und linksextremen Lager. Ein Großaufgebot soll Gewalt verhindern.

Dortmund. 

  • Nazi-Aufmarsch und Rechtsrock-Konzert am Samstag in Dortmund
  • Polizei rechnet mit gewalttätigen Rechtsextremisten, Hooligans und Neonazis
  • Friedlicher und demokratischer Protest in der Innenstadt steht unter Schutz der Polizei
  • Polizei befürchtet Gewalt auch unter Einsatz von Waffen
  • Einsatzleiter hat „erhebliche Sicherheitsbedenken“
  • Polizeipräsident sieht Kräfte „an der Grenze der Belastbarkeit“

Vor einer Nazi-Demonstration und einem Rechtsrock-Konzert in Dortmund rechnet die Polizei mit gewalttätigen Rechtsextremisten und nicht minder gefährlichen Linksautonomen aus Deutschland und Nachbarländern. Einsatzleiter Dieter Keil äußerte „erhebliche Sicherheitsbedenken“ – bis hin zum Einsatz von Waffen.

Verwaltungsgerichte in Gelsenkirchen und Münster hatten ein Demonstrations- und Konzert-Verbot des Dortmunder Polizeipräsidenten Gregor Lange gekippt. Während eines Pressegesprächs am Freitag wurde deutlich, mit welchen Prognosen die Polizei den Neonazi-Aufmarsch und das Konzert mit Hooligans verhindern wollte: Gewaltbereite Rechts- und Linksextremisten würden in jeweils vierstelliger Höhe nach Dortmund reisen.

Die seit über drei Jahren erprobten Proteste in Hör- und Sichtweite lässt die Polizei am Demonstrations-Samstag (28.3.) nicht zu. Auch Blockaden will die Polizei nicht tolerieren. Mehrere tausend Polizisten aus acht Bundesländer und die Bundespolizei sorgen für die Sicherheit friedlicher Demonstranten und unbeteiligter Bürger – indem sie „verfeindete“ Demonstranten strikt voneinander trennt.

„Ein prekärer Polizeieinsatz“

„Dies ist eine Pressekonferenz, die ich gerne nicht gehalten hätte, die wir aber halten müssen, weil wir zwei Demonstrations-Anmeldungen haben, die wir vor Gericht nicht verhindern konnte. Was uns bevorsteht, hätte ich den Dortmundern gerne erspart. Vor Gericht war das aber nicht durchzusetzen“, sagte Polizeipräsident Gregor Lange am Freitagnachmittag im Präsidium.

Er stellte klar: „Wir haben es am Samstag mit einem schwierigen und prekären Polizeieinsatz zu tun.“ Einzig positive Nachricht: Der Aufmarsch der Rechtsextremisten und deren Recktsrock-Konzert führt nicht in das Dorstfelder Zentrum. Route und Ort will die Polizei erst am Samstagvormittag bekannt geben. Wenn alle Absperrungen stehen.

Aufruf zur Teilnahme an friedlichem Protest

Gregor Lange bat die Bürger am Freitag um die Teilnahme an „friedlichen Demonstrationen gegen Fremdenhass und für unsere Demokratie.“ Diese Demonstrationen werde die Polizei mit großem Aufwand schützen. Das Bündnis Dortmund gegen Rechts, der Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus und andere Initiativen erinnern ab 13 Uhr in der Innenstadt (Kampstraße, Ostwall) an die Opfer rechtsextremer Gewalt. Die Polizei wird dabei unübersehbar sein.

Starke Präsenz werden Anwohner der Rheinischen Straße, Bahnhofs-Besucher und die Bürger aus Dorstfeld und Huckarde spüren. Mit Kontrollen und Sperren will die Polizei verhindern, dass gewaltbereite Linksautonome bis zu den Neonazis und Hooligans vorstoßen können. Bei einem „unkontrollierten Aufeinandertreffen“ sei mit massiven Auseinandersetzung auch mit Waffengewalt zu rechnen, sagte Einsatzleiter Dieter Keil. Die Polizei veröffentlicht die Route der marschierenden Neonazis und deren Konzertort am Samstag deshalb aus taktischen Gründen so spät wie möglich.

Demonstration und Konzert als Provokation

Der Polizeipräsident und der Einsatzleiter sprachen von einem „hohen Emotionalisierungsgrad“. Die Nazi-Demonstration und das Konzert zehn Jahre nach dem gewaltsamem Tod des durch ein Mitglied der verbotenen Skinheadfront Dorstfeld erstochenen Thomas Schulz sei eine auch unter gewaltbereiten Linksextremisten bundesweit als Provokation empfundene Veranstaltung. Daraus resultieren die „erheblichen Sicherheitsbedenken der Polizei.“

Die Polizei kann jetzt nicht anders, als ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen: Sie muss einen Aufmarsch von gefährlichen Neonazis und Hooligans schützen, die gewaltsam getötete Gegner verhöhnen, den Nationalsozialismus verherrlich, politische Gegner bedrohen und eine ganze Stadt einzuschüchtern versuchen. Polizeipräsident Gregor Lange wählte während der Pressekonferenz starke Worte: Durch die Richtersprüche in Gelsenkirchen und Münster seien „diese Form der Provokation“ durch das Versammlungsrecht (Artikel 8 Grundgesetz) abgedeckt. Gregor Lange: „Jetzt ist eine klare Diskussion in der Öffentlichkeit möglich.“

Demonstrations-Veranstalter „Blockado“ kritisierte die Polizei nach der Pressekonferenz scharf: Sie sorge dafür, dass die Neonazis „möglichst ungestört den Mord an Thomas Schulz“ feiern könnten. Das sei „ein Schlag ins Gesicht“ der Nazigegner.