Veröffentlicht inBochum

Bergbau-Studium in Bochum: Warum machse dat denn bitte noch?

Bergbau-Studium in Bochum: Warum machse dat denn bitte noch?

Zeche Heinrich Essen Dennis Knierim.jpg
Foto: Strauch / FUNKE Fotoservices & : Volker Wiciok / THGA
  • Dennis Knierim (36) studiert Geoingenieurwesen und Nachbergbau in Bochum
  • Der Bochumer bezeichnet das Ruhrgebiet als „Schweizer Käse“
  • Würde sich der 36-Jährige trauen hier ein Haus zu kaufen?

Bochum. 

„Es muss ja Leute geben, die den Schweizer Käse im Ruhrgebiet lesen können.“ Das ist Dennis Knierims (36) Antwort darauf, warum er im Jahr des Ausstiegs aus dem Steinkohlenabbau noch Bergbau studiert.

Genauer gesagt belegt der Enkel eines ehemaligen Bochumer Kumpels den Masterstudiengang „Geoingenieurwesen und Nachbergbau“ an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) in Bochum.

Schweizer Käse. Damit meint Knierim die tausenden Schächte und Stollen, die der Bergbau in den letzten Jahrhunderten unter Tage hinterlassen hat – und die Gefahren, die dadurch an der Oberfläche drohen: Tagebrüche, Grundwasserverschmutzung und Grubengas.

Bergbau und seine Folgen: Massenweise Schächte im Ruhrgebiet unentdeckt

Experten schätzen die Zahl der Schächte im Ruhrgebiet auf 5.000 Stück. Insgesamt geht man von 14.000 Tageöffnungen aus.

Ob die Schächte sicher verfüllt wurden, sei bis heute bei Hunderten ungeklärt: „Bei vielen Tageöffnungen ist nicht mal klar, wo der Eingang ist“, so Knierim.

Um Risiken einschätzen zu können und nachhaltige Sanierungsmaßnahmen ergreifen zu können, bildet die THGA seit 2013 Ingenieure aus.

————————————

Auf Kohle geboren ist der Titel unseres Specials zum Ende der Steinkohle-Ära im Ruhrgebiet. Bis zur Schließung der letzten Zeche Ende Dezember berichten wir wöchentlich über alles rund um den Abschied der Bergleute aus dem Revier. Echte Typen, ganz viel Tradition und noch mehr Herz – hier findest du alle Glückauf-Themen in der Übersicht.

————————————-

Hauskauf im Ruhrgebiet: Ein undurchschaubares Risiko?

Würde der 36-Jährige sich denn trauen, ein Haus auf dem Schweizer Käse des Ruhrgebiets zu kaufen? „Na klar. Ich weiß ja auch, worauf ich achten muss“, sagt der Bochumer und weiter: „Bevor ich ein Grundstück kaufen würde, würde ich mir ganz genau den Boden darunter anschauen.“

Wurde hier oberflächennah Kohle abgebaut? Wurden die Schächte verfüllt? Gab es Sanierungsmaßnahmen?

Solche Daten sind nicht öffentlich. Aber mit Einverständnis des Eigentümers können auch Bürger diese Auskünfte bei der Bezirksregierung anfordern, um eine Kaufentscheidung zu treffen.

————————————

• Weitere Glückauf-Themen

Ende der Steinkohle-Ära: Ewigkeitsaufgaben belasten das Ruhrgebiet – RAG-Sprecher nennt diese irre Summe

Bittere Story: Dieser Bergmann muss sechs Jahre länger arbeiten, weil er 27 Tage zu spät auf die Welt kam

Dieser Kumpel verrät, was wir alle von Bergleuten lernen können: „Am Ende der Schicht sehen wir sowieso alle gleich aus“

————————————-

Bochumer Hochschule mit großen Zielen

Knierim kann alte Bergbaukarten selbst lesen. Das hat er im Studium gelernt. Seine Expertise ist auch bei Unternehmen wie der RAG gefragt. Die übernimmt die Ewigkeitsaufgaben, die durch den Bergbau in NRW entstanden sind. Mehr zu den Ewigkeitsaufgaben liest du hier >>>

Doch die Arbeit an der Bochumer Hochschule hat weitaus größere Dimensionen. Die thga will auch international zum Ansprechpartner für verantwortungsvollen Nachbergbau werden. Schließlich ist Bergbau auch nach dem deutschen Ausstieg aus dem Steinkohlenabbau weltweit weiterhin Thema von großer Bedeutung.

Deshalb hat die Hochschule im Jahr 2015 ein Forschungszentrum gegründet, um den Standort Bochum als Marke im Nachbergbau zu etablieren.