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Jurist erklärt nach Schmerzensgeldforderungen im Marcel-Heße-Prozess: „Wenn er ein Buch schreibt, wird ihm das Einkommen weggenommen“

Jurist erklärt nach Schmerzensgeldforderungen im Marcel-Heße-Prozess: „Wenn er ein Buch schreibt, wird ihm das Einkommen weggenommen“

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Die Angehörigen fordern jeweils Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro von Marcel Heße. Hier Rechtsanwalt Michael Emde mit seinem Mandanten. Foto: DER WESTEN/ Matthias Biesel
  • Opferfamilien fordern insgesamt 200.000 Euro Schmerzensgeld
  • Nutzer-Tenor auf Facebook: „Wer soll das bezahlen?“
  • Essener Fachanwalt für Strafrecht zeigt Möglichkeiten auf

Bochum. 

Der Marcel-Heße-Prozess in Bochum dauert weiter an: Die Familien der beiden Opfer Jaden (†9) und Christopher W. (†22) forderten am Montag als Nebenkläger über ihre Anwälte jeweils 100.000 Euro Schmerzensgeld vom mutmaßlichen Mörder.

Viele unserer Leser fragen sich: Wer soll und wird das bezahlen? DER WESTEN hat mit dem Fachanwalt für Strafrecht Nikolai Odebralski über den Fall gesprochen.

Ist Marcel Heße zahlungsfähig?

Odebralski schätzt Heßes finanzielle Situation folgendermaßen ein: „Erstmal ist es so, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass Marcel Heße ein relevantes Einkommen zur Verfügung hat, von dem er das Schmerzensgeld an die Opferfamilien zahlen könnte. Ich kann jetzt natürlich nicht sagen, ob er ein Sparkonto von Oma zur Verfügung hat,“ sagt Nikolai Odebralsksi.

Doch fest steht: „Wenn er ein Sparkonto hätte, könnte man darauf zugreifen“, so der Strafverteidiger.

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Fest steht also: Sollte Heße ein Sparkonto haben, müsste er das Schmerzensgeld definitiv von diesen Ersparnissen bezahlen. Geklärt wird dies dann mit einem sogenannten Adhäsionsantrag.

„Im Adhäsionsverfahren werden nach dem deutschen Prozessrecht sogenannte zivilrechtliche Ansprüche, die aus einer Straftat entstehen können, geltend gemacht.“ Meistens würde ein solches Verfahren nicht vor dem Zivilgericht sondern unmittelbar im Strafprozess entschieden.

Muss der Steuerzahler die Kosten übernehmen?

„Es entstehen keine Belastungen für den Steuerzahler, nicht der Steuerzahler muss zahlen, sondern die Geschädigten müssen sich an Marcel Heße persönlich wenden.“

Im Prinzip könne jeder von uns selbst einen Obdachlosen auf Schmerzensgeld verklagen, so der Jurist. Doch ob man das Geld dann wirklich bekomme sei fraglich.

Was passiert wenn Heße in einigen Jahren zu Geld kommt?

„Dann sieht die Lage anders aus,“ erklärt der Essener Strafverteidiger: „Wir stellen uns vor, er schreibt ein Buch und tritt die Rechte an einen Verlag ab. Dann würde ihm das Geld weggenommen.“ Die Frage wäre nur, welche Kosten zuerst von dem Einkommen durch das Buch gedeckt werden würden.

Denn: Auch für die Gerichts- Opferanwalt- und Gutachterkosten muss Heße im Falle eines Schuldspruchs aufkommen. „Welche Kosten dann direkt abgetreten werden würden, müsste dann erst noch gerichtlich entschieden werden,“ so Odebralski.

Kann Heßes Einkommen aus einem Gefängnis-Job gepfändet werden?

„Es gibt sogenannte Pfändungsgrenzen: Wenn Heße im Gefängnis einer Tätigkeit nachgeht, bleibt sein Einkommen höchstwahrscheinlich unter der Pfändungsgrenze, weil es zu gering ist.“

Somit könnte die Forderung der Opferfamilien nach Schmerzengeld eher einen symbolischen Wert haben, als auch tatsächlich umsetzbar sein.