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In Kambodscha gestrandet: Bochumer setzt verzweifelte Hilferufe in Facebookgruppe ab – das steckt dahinter

In Kambodscha gestrandet: Bochumer setzt verzweifelte Hilferufe in Facebookgruppe ab – das steckt dahinter

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Phnom Penh, Kambodscha. Aktueller Wohnort von Florian S. Foto: imago/robertharding
  • Ein 36-jähriger Bochumer setzte in einer Bochumer Facebookgruppe mehrfach Hilferufe ab
  • Was für eine Geschichte steckt dahinter?
  • Wir haben sowohl mit dem Bochumer als auch mit dem Auswärtigen Amt gesprochen

Bochum. 

Wirbel bei Facebook: Der 36-jährige Bochumer Florian S. (Name geändert) setzte in einer Bochumer Facebookgruppe mehrfach Hilferufe ab. Er sei in Kambodscha gestrandet und sowohl die Deutsche Botschaft als auch seine Familie würden ihm nicht helfen. In der Gruppe wurde er nicht ernst genommen und teils sogar verspottet. Schließlich löschte er die Beiträge.

Was für eine Geschichte steckt dahinter? Und stimmt es, dass ihm niemand geholfen hat? Wir haben sowohl mit Florian S. als auch mit dem Auswärtigen Amt gesprochen.

Überfallen und auf den Kopf geschlagen

Der Bochumer sagt per Facebook-Gespräch, dass er überfallen und hart auf den Kopf geschlagen worden sei. Er zeigt uns auf seinem Facebook-Profil Videos und Bilder seines blutverschmierten Kopfes. Geld und Ausweispapiere hätte er nicht mehr. Seitdem lebe er mit sieben Prostituierten zusammen und müsse auch seinen Körper verkaufen. Einmal sagt er, dass er Schmerzen habe und glaubt, in Phnom Penh sterben zu müssen. „Ein Menschenleben ist hier nichts wert“.

Doch was stimmt von dieser Geschichte? Warum hilft die Familie angeblich nicht? Warum geht er nicht einfach zur Deutschen Botschaft, um sich einen vorläufigen Pass zu besorgen? Er entgegnet, dass der Pass 30 Dollar koste. Geld, das er nicht habe. Bereits der Weg von seinem Standort zur Deutschen Botschaft, der etwa 2,5 Kilometer beträgt und per Tuk-Tuk etwa zwei Dollar kostet, sei finanziell nicht machbar.

Nach und nach erzählt er, dass er einen großen Teil seiner Familie um viel Geld betrogen hätte, um es für Kokain auszugeben. Dass er in Deutschland Steuern hinterzogen und schweren Kreditbetrug begangen hätte. Auch Probleme mit der Polizei habe es gegeben. Sind aktuell Drogen im Spiel? Er verneint das.

Was sagt das Auswärtige Amt?

Florian S. stellt DER WESTEN eine Vollmacht aus, damit die Beamten uns Auskunft geben können. Laut Auswärtigem Amt (AA) ist er mit einem One-Way-Ticket nach Thailand geflogen. Irgendwann überzog er sein Visum. Ein sogenannter „Overstay“. Florian S. musste eine Geldstrafe zahlen und kam in Abschiebehaft. Laut AA war er im Januar 2017 bei der Deutschen Botschaft in Bangkok/Thailand. Die dortigen Mitarbeiter wandten sich an seine Familie, die ihm Geld für die Rückreise schickte.

Über die Türkei nach Kambodscha

S. flog zurück nach Deutschland und kam am 6. Februar in Frankfurt an. Laut eigener Aussage habe er dann in einem Obdachlosenheim in Herne gelebt. Einige Zeit später, so sagt er, sei eine Steuerrückzahlung auf seinem Konto gelandet. Damit machte er sich am 27. März auf den Weg in die Türkei und von dort am 13. Mai nach Phnom Penh, wo er als Rettungsschwimmer arbeitete. Dann kam der Abend des Überfalls.

Als er in der Deutschen Botschaft Phnom Penh auftauchte, sei S. in schlechtem Zustand gewesen und im Warteraum eingeschlafen, heißt es beim Auswärtigen Amt. „Er hat Wasser bekommen, damit er nicht dehydriert.“ Er habe verschorfte Wunden am Körper gehabt und ein Notfallset mit Seife, Rasierer und anderen Dingen bekommen.

Geld genommen und weitergezogen

Ihm sei es aber eher um Geld gegangen. Dann habe man bei der Botschaft versucht, Struktur in seine Lage zu bringen. Die Fragestellung: Wie sind die Familienverhältnisse und gibt es jemanden, der Geld geben kann? Seine Mutter habe dann Geld aus Deutschland geschickt, damit er wieder auf die Beine kommt.

Das Geld habe er genommen und sei weitergezogen. „Die Botschaft hat das getan, was sie tun kann“, teilt das Auswärtige Amt mit. Man habe ihm Möglichkeiten erklärt, wie er ein Exit-Visum für die Ausreise bekommt. Aber darauf habe er nicht reagiert. Auch einen Rückkehrausweis nach Deutschland wollte er demnach nicht haben und sei stattdessen mit dem Geld und mehreren Frauen weitergezogen.

Was aus Florian S. geworden ist, wissen wir nicht. Kurze Zeit später brach er den Kontakt zur Redaktion ab.