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Dieser Anwalt aus Bochum kämpft für die Olympia-Teilnahme eines gesperrten Langläufers aus Russland

Dieser Anwalt aus Bochum kämpft für die Olympia-Teilnahme eines gesperrten Langläufers aus Russland

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Anwalt Christof Wieschemann aus Bochum

Bochum. 

Der Anruf erreichte Christof Wieschemann zwei Tage vor Weihnachten. Ob er den russischen Skilangläufer Alexander Legkow verteidigen wolle. Wenn ja, müsse er sofort kommen. Am 23. Dezember übernahm der Bochumer Spezialist für Sportrecht das Mandat, am 1. Weihnachtstag machte er sich auf den Weg ins russische Trainingslager.

Mit dabei: seine Frau und zwei klare Ansagen. Erstens, dass er nicht beurteilen werde, ob Athleten sauber sind. „Alle Dopingsünder, die ich kennengelernt habe, haben bis zum Schluss beteuert, sie seien unschuldig.“ Und: dass er sich für ein faires Verfahren einsetzen werde. „Meine Aufgabe ist, ihnen ein rechtsstaatliches Verfahren zu garantieren. Dafür kämpfe ich bis heute.“

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Stand jetzt gilt sein Mandant Alexander Legkow ein Dopingsünder, der nie wieder an Olympischen Spielen teilnehmen darf. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) sperrte den 34-Jährigen und seinen Teamkollegen Jewgeni Below Anfang November lebenslang. Außerdem muss Legkow, der vom Deutschen Marcus Cramer trainiert wird, seine Medaillen von Sotschi 2014 – Gold über 50 Kilometer und Silber mit der russischen 4-x-10-Kilometer-Staffel – abgeben.

Kronzeuge belastet Legkow

Legkow steht wie Below unter Verdacht, vom russischen Staatsdoping profitiert zu haben. Das IOC sieht es als erwiesen an, dass zwei Dopingproben Legkows manipuliert wurden. „Der Nachweis, dass seine Proben wirkungsvoll manipuliert wurden, stellt einen objektiven direkten Beweis dar, dass der Athlet in das System verwickelt war“, heißt es in der 46 Seiten langen Urteilsbegründung. Vor allem geht es darin um die Aussagen von Grigorij Rodtschenkow. Der Kronzeuge im russischen Dopingskandal war der Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors. Nach Ermittlungen gegen ihn war Rodtschenkow in die USA geflohen und hatte dort gegenüber der New York Times und dem FBI ausgepackt.

Laut Rodtschenkow und Richard McLaren, kanadischer Chefermittler der Welt-Anti-Doping-Agentur, habe es eine sogenannte Duchess-Liste gegeben. Athleten, die auf dieser Liste standen, seien „geschützt“ worden – ihre Urinproben wurden durch saubere Proben ausgetauscht. Einer der Namen auf der Liste: Alexander Legkow.

Anwalt kritisiert Ermittlungen

Rodtschenkow belastet Legkow schwer. Er erinnere sich an den Austausch von Legkows Proben nach seinem 50-km-Triumph in Sotschi, heißt es in der Urteilsbegründung. Zudem stehe Legkow im Verdacht, einen „Duchess-Cocktail“ eingenommen zu haben, ein Mix aus Produkten, der nicht positiv getestet werden könne.

Christof Wieschemann bezeichnete unmittelbar nach der Entscheidung des IOC das Urteil als „skandalös“. Die Kommission habe bereits ein Urteil getroffen, „bevor wir die Tür zum Versammlungsraum öffneten“. Mit etwas Abstand ist der 55-Jährige noch immer erbost: „Wir waren fünfeinhalb Stunden beim IOC in Lausanne. Wir haben in solch ausdruckslose, desinteressierte Gesichter geschaut, das ist mir in meiner Anwaltslaufbahn noch nie passiert.“ Wieschemann bezweifelt die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen und kritisiert schleppende Ermittlungen. Er habe fünf E-Mails mit Ermittlungsansätzen an das IOC geschickt und keine Reaktion erhalten. „Von Januar bis Oktober habe ich dazu gar keine Antwort bekommen.“

Berufung eingelegt

Seinem Mandanten gehe es schlecht. „Legkow findet die Strafe unfair, weil man ihm diesen großen Moment genommen habe. Er sagt immer noch, seine Medaille ist sauber.“ Glaube spiele in seinem Beruf keine Rolle, sagt Wieschemann, aber er sagt: „Ich bin Sportrichter in Deutschland und habe selbst weltweit eigene Ermittlungen angestellt. Einen schlüssigen Beweis seiner Schuld gibt es nicht.“ Der Rechtsanwalt hat Berufung beim Sportgerichtshof CAS eingelegt. „Was ich mir für Legkow wünsche, ist ein rechtsstaatliches, faires Verfahren.“