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Uwe Seelers letztes Länderspiel

Uwe Seelers letztes Länderspiel

Der Hamburger Uwe Seeler hat für die deutsche Nationalmannschaft viel geleistet. Heute vor 38 Jahren trug er zum letzten Mal das deutsche Trikot. DerWesten sprach im Interview mit Uwe Seeler über sein letztes Länderspiel, seine Erfolge und die Treue zum HSV.

Erinnern Sie sich noch an Ihr letztes Spiel mit der Nationalmannschaft?

Uwe Seeler: Ja, das war 1970 in Nürnberg und ein wunderschöner Abschluss. Das Stadion war voll, und alle haben gejubelt. Da war schon Wehmut mit dabei, aber ich bin immer Realist gewesen. Ich wusste ja, dass es mein letztes Spiel mit der Nationalmannschaft war und ich dachte, der Rücktritt sei das Beste. Ich sage immer: „Lieber ein Jahr zu früh mit dem Leistungssport aufhören als eines zu spät.“.

Also ging es um Ihre Gesundheit?

Seeler: Auch. Ich war schließlich schon 35 Jahre alt, aber da war ja auch noch mein Beruf.

Sie waren bei Adidas beschäftigt.

Seeler: Genau. Nicht der Fußball brachte Geld ins Haus, sondern mein Beruf, und um den wollte ich mich verstärkt kümmern. Aber bis 1972 habe ich ja auch noch für den HSV gespielt.

Sie sind 1968 schon einmal vom internationalen Fußball zurückgetreten. War das auch wegen Ihres Berufes?

Seeler: Teilweise. Aber ich hatte damals auch eine Rückenverletzung und wollte mich entlasten.

Und dann waren Sie ein Jahr später plötzlich wieder da, ein Rücktritt vom Rücktritt.

Seeler: So kann man das sagen. Ich hatte eine Kur gemacht, danach ging es mir besser. Und eines Tages klingelte dann das Telefon, und Helmut Schön war dran: „Willste nicht nochmal spielen, mit Gerd bei der WM in Mexiko?“, hat er gefragt und ich habe ja gesagt – unter der Bedingung, dass dann wirklich Schluss ist. So war es dann auch.

Wie war es denn für Sie, Ihr letztes Spiel gegen Ungarn zu spielen? Schließlich war das 1954 der Gegner der Deutschen im WM-Finale von Bern.

Seeler: Wir wussten ja, dass Ungarn lange nicht mehr den Stellenwert hatte, den es bei der WM ’54 gehabt hatte.

Also hätten Sie lieber gegen eine andere, anspruchsvollere Mannschaft gespielt?

Seeler: Nein, das nicht. Ungarn ist eine Traditionsmannschaft, und es war schon gut, so wie es war. Vielleicht war es für ein Abschiedsspiel sogar das Beste.

Und dann wurden Sie ja auch noch gleich zweimal geehrt: Sie bekamen als erster Sportler das Bundesverdienstkreuz verliehen und wurden vom DFB zum Ehrenspielführer der Nationalmannschaft ernannt.

Seeler: Das mit dem Verdienstkreuz war schon ein erhebender Moment. Vorher hatte die Stadt Hamburg noch bei mir angerufen: „Das nehmen Sie aber an, Herr Seeler“, haben sie gesagt. Denn eigentlich lehnte man so was früher ab. Und die Ernennung zum Ehrenspielführer hat mich natürlich auch sehr gefreut, davon gibt es schließlich nicht so viele.

In der Nationalmannschaft waren Sie auch als Torjäger bekannt. Sie haben 43 Tore geschossen und sind vier Mal hintereinander in der Torschützen-Liste der WM aufgetaucht. Das hat außer Ihnen nur Pelé geschafft. Waren Sie nicht enttäuscht, dass Sie in Ihrem letzten Spiel kein Tor geschossen haben?

Seeler: Nein, gar nicht. Das war mir nicht so wichtig, ich hatte vorher genug Tore geschossen.

Vergleichen Sie doch mal Ihr letztes Länderspiel mit dem ersten.

Seeler: Das kann man nicht vergleichen. Beim ersten Spiel war ich weitaus aufgeregter, denn ich durfte mit den ganzen WM-Helden spielen: Fritz Walter, Horst Eckel, Helmut Rahn. Beim Abschiedsspiel war ich ganz ruhig, da war schließlich ich der Alte.

Dem HSV sind Sie ja nach Ihrem Abschied von der Nationalelf noch zwei Jahre treu geblieben. Warum haben Sie den Verein eigentlich nie gewechselt? Angebote gab es schließlich genug, und Inter Mailand hat Ihnen auch ein saftiges Angebot gemacht. Hat das Geld Sie nicht gelockt?

Seeler: Das war eine Bauchentscheidung. Mit Inter habe ich ja auch drei Tage verhandelt, aber ich habe die Sicherheit gewählt. Bei der Adidas-Generalvertretung hatte ich meinen Beruf, der mir Spaß gemacht hat. Außerdem war Europa damals noch nicht so zusammengewachsen wie heute, und ich bin in Hamburg groß geworden. Das Geld konnte mich nicht bewegen, denn in Hamburg war ich zufrieden. Ich bereue diese Entscheidung bis heute nicht.

Mit dem HSV konnten Sie einige Erfolge feiern. Mit 137 Toren halten Sie noch immer den Torschützenrekord des Vereins.

Seeler: Dann wird es Zeit, dass mal jemand kommt, der ordentlich Tore schießt und das überbietet, damit der HSV Meister wird.

Sehen Sie denn zurzeit jemanden, der das Talent dazu hat?

Seeler: Nein, Torjäger sind rar, aber eines Tages wird einer kommen, da bin ich sicher.

1972 haben Sie sich ganz vom aktiven Fußball verabschiedet, aber dann gab es 1979 noch dieses eine Spiel in der irischen Liga.

Seeler: Ja, das war geschäftlich. Die hatten gefragt, ob ich nicht als Gastspieler ein Spiel für den Cork Celtic FC gegen Shamrock Rovers machen könnte. Das war die dritte Liga, und ich dachte, es sei ein Freundschaftsspiel. Dass es eigentlich um Punkte ging, habe ich erst später erfahren.

Geschadet hat es ja nicht, Ihre Mannschaft hat das Spiel gewonnen.

Seeler: Stimmt, ich habe zwei Tore geschossen und das Spiel ging mit 6:2 zu Ende.

(Anm. d. Red. Seeler sagte Sepp Herberger, meinte aber wohl Helmut Schön)