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So denkt Sven Hannawald über die Prämie bei der Tournee

So denkt Sven Hannawald über die Prämie bei der Tournee

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Eine Million Franken Prämie bekommt der Skispringer, der bei der Vierschanzentournee alle vier Springen gewinnt. Sven Hannawald hat das 2002 geschafft – als bisher einziger Sportler. Er erhielt 50.000 Franken. Wir haben mit ihm über Geld, Nachfolger und Burnout gesprochen.

Essen. 

„Ich mach’ mein Zeug“. Vier Worte, die vor zehn Jahren ganz Deutschland bewegten. Als Sven Hannawald am 6. Januar 2002 beim letzten Springen der Vierschanzen-Tournee in Bischofshofen seinen Vierfach-Triumph perfekt machte, saßen 14,89 Millionen Zuschauer vor dem Fernseher. Zehn Jahre später hat Hannawld längst mit dem Skispringen aufgehört, ist aber durch seine einzigartigen Tourneesiege zur Legende geworden.

Die Tournee-Organisatoren haben eine Million Franken als Prämie für den Skispringer ausgesetzt, der bei der Tournee alle vier Springen gewinnt. Müssen Sie jetzt um Ihren Rekord zittern?

Sven Hannawald: Zittern muss ich in jedem Jahr, aber durch die Million kommt noch mehr Turbulenz ins Spiel. Das kann die Springer, die normalerweise ganz auf sich fixiert sind, ablenken.

Steigert die Million die Motivation oder ist die hohe Prämie eher ein zusätzlicher Druck, der die Leistung hemmen kann?

Hannawald: Beides. Aber ich denke, dass man angesichts dieser Summe eher mal die Konzentration schleifen lässt.

Können Sie sich noch an ihren letzten Sprung bei der Tournee vor zehn Jahren erinnern, als es in Bischofshofen darum ging, ob Sie den Sprung in die Sport-Geschichte schaffen?

Hannawald: Einerseits wollte ich nur, dass alles ganz schnell vorbei geht, dass der ganze Druck von mir abfällt. Andererseits wollte ich natürlich nicht zu kurz springen.

Wie viel haben Sie für ihren Vierfach-Triumph erhalten?

Hannawald: Damals wurden zusätzlich 50.000 Franken aufgerufen. Heute reizt die Million schon sehr. Mit einem Vierfach-Sieg kann man in eine sorgenfreie Zukunft springen.

Aber der Tourneesieg hat Sie trotzdem reich und zu einer Legende gemacht.

Hannawald: Ich weiß nicht, was reich bedeutet. Wir haben gut verdient und ich will mich auch gar nicht beklagen, dass heute die Prämien höher sind. Ich durfte mit einem Auto nach Hause fahren, früher gab es nur Haushaltswaren als Prämie.

Wer hat denn das Zeug, Ihren Rekord zu brechen?

Hannawald: Ich habe in den vergangenen zehn Jahren immer ein komisches Gefühl gehabt, dass es einer schafft. Aber ich hoffe, dass mein Rekord noch 50 Jahre bestehen bleibt. Das darf mir niemand übel nehmen. Für den Tourneesieg schätze ich die Österreicher Andreas Kofler und Gregor Schlierenzauer am höchsten ein. Thomas Morgenstern steht auch auf meiner Rechnung, obwohl es ihm zuletzt nicht so leicht von der Hand ging.

Und die Deutschen?

Hannawald: Mit Severin Freund und Richard Freitag haben zwei Jungs einen unheimlichen Schub nach vorn gemacht. Für den Tourneesieg wird es noch nicht reichen, aber sie können bei einzelnen Springen auf das Podium kommen.

Während Sie längst aufgehört haben, springt Martin Schmitt immer noch. Verstehen Sie, dass er nicht früher seine Karriere beendet hat?

Hannawald: Der Martin sagt, dass er noch Lust am Springen hat. Dann soll er es tun. Ich will nicht den Schlauen spielen und ihm reinreden. Aber wenn ich den Martin manchmal so rumkrebsen sehe, tut das schon weh.

Das ZDF hat den früheren österreichischen Olympiasieger Toni Innauer als Experten verpflichtet, während Sie für Sky arbeiten.

Hannawald: Es geht nicht um mich, ich habe meine Aufgabe bei Sky gefunden. Ich werde vom Studio in Unterföhring die Springen analysieren. In Österreich hätte das Fernsehen niemals einen Deutschen als Experten geholt. Das ZDF wird seine Gründe haben, vielleicht will es nur polarisieren.

Träumen Sie noch vom Skispringen?

Hannawald: Direkt nach meinem Rücktritt ist es vorgekommen. Jetzt habe ich schon lange nicht mehr vom Springen geträumt.

Sven Hannawald über seine Burnout-Erkrankung 

War das Skispringen zuletzt ein Alptraum für Sie?

Hannawald: So würde ich es nicht sagen. Nicht der Sport hat mich krank gemacht. Ich habe nur jahrelang meine natürlichen Grenzen überschritten, doch der Körper holt sich seine Ruhe zurück. Es war ein Kreislauf, in dem ich steckte und nicht heraus kam. Das war lehrreich, aber ich bin froh, dass ich wieder draußen bin.

Gibt es heute mehr Burnout-Fälle als früher oder trauen sich nur mehr Menschen, Ihre Krankheit öffentlich zu machen.

Hannawald: Beides. Die Beanspruchung ist extrem geworden. Früher musstest du von A nach B laufen, um etwas zu holen. Heute sitzt du am Computer und hast vieles zu regeln. Glücklicherweise haben nicht mehr so viele Menschen Hemmungen, ihre Probleme behandeln zu lassen. Man hat bei Robert Enke gesehen, was im schlimmsten Fall passieren kann, wenn man seine Krankheit für sich behält.

Sie waren vor sechs Jahren einer der ersten Prominenten, der seine Burnout-Erkrankung öffentlich gemacht hat. Fühlen Sie sich als Vorreiter?

Hannawald: Ja. Das ist der Grund, dass ich so häufig zu Fernsehdiskussionen eingeladen werde. Die Leute können an meinem Beispiel sehen, dass die Welt nicht zwangsläufig im Krankheitsfall zusammen brechen muss.

Sind Sie vollständig gesund?

Hannawald: Ja. Ich achte peinlich darauf, dass ich gewisse Grenzen nicht mehr überschreite. Ich habe mit dem Motorsport eine spannende Herausforderung gefunden und genieße mein Privatleben.

Vor zehn Jahren haben sich viele Mütter Sven Hannawald als Schwiegersohn gewünscht. Demnächst müssen sie diesen Traum endgültig begraben.

Hannawald: Ich werde 2012 heiraten. Aber die Transparente, auf denen die Mütter ihren Wunsch aufgeschrieben hatten, waren witzig. Die meisten Töchter dieser Mütter sind wahrscheinlich längst verheiratet. Hoffentlich nur einmal.