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Judo-Talent Szaundra Diedrich erwartet ein spannendes Jahr

Judo-Talent Szaundra Diedrich erwartet ein spannendes Jahr

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Judo Foto: Annett Böhm
Szaundra Diedrich aus Brilon gehört zu Deutschlands talentiertesten Judoka. Die 20-Jährige träumt von der Weltspitze und den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. Aber erst muss sie einen Sprung schaffen, an dem schon viele Talente scheiterten.

Köln/Brilon. 

Diese Liste ist so lang, so ellenlang. Und sie trieft vor bitterer Enttäuschung. Vielen Nachwuchssportlern prophezeien Trainer oder Funktionäre, Eltern oder Freunde fast täglich eine große Karriere – doch spätestens an dieser Schwelle scheitern zig Talente. Der Sprung von den Junioren zu den Senioren, er lässt ständig bunte Träume platzen und verlängert die Liste der Gescheiterten.

„Das kommende Jahr wird spannend“, sagt Szaundra Diedrich. Sie ist so ein Talent, dem viele attestieren, die Zukunft ihrer Sportart entscheidend mitprägen zu können. Weil sie nicht nur dreimal die deutsche Junioren-Meisterschaft gewann, sondern zum Beispiel 2009 beim Europäischen Olympischen Jugendfestival Gold holte und vor wenigen Tagen bei der U21-WM in Ljubljana Bronze im Einzel sowie mit der Mannschaft.

„Es kann total gut laufen“, sagt die Judoka also, „oder es wird ein Lehrjahr.“

Szaundra Diedrich steht vor eben diesem Sprung. Im Mai wird sie 21 Jahre alt – und muss daher ab dem Jahreswechsel bei den Frauen auf die Matte gehen. Sorgen bereitet ihr das aber nicht, und erst recht weckt der Wechsel keine Zweifel. Weder bei der gebürtigen Brilonerin noch in ihrem Umfeld.

Denn Szaundra Diedrich ist ehrgeizig, sie ist extrem fokussiert auf ihren Sport – und stellt ihre Klasse immer wieder unter Beweis. Unter anderem in der Judo-Bundesliga mit dem JC Bottrop.

Das Fernziel heißt Rio de Janeiro

„Ich muss mich nicht ganz hinten anstellen“, erklärt die junge Frau selbstbewusst. Von der internationalen Spitze in ihrer Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm sei sie „noch ein Stück weit entfernt“, sagt sie, „aber wenn ich im nächsten Jahr die Schwerpunkte richtig lege, kann ich mich bis 2015 weiter herankämpfen“. 2015 – ein Jahr als Wegmarke, ein Jahr, in dem es um die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro/Brasilien geht. Szaundra Diedrichs Fernziel.

Was ihre Technik betreffe sei sie „gut aufgestellt, aber mir fehlt die Substanz“. Weil Diedrich auf Wunsch der Trainer – und nur „mit Ach und Krach“ – in ihre jetzige Gewichtsklasse kletterte, steht Muskelaufbau durch Krafttraining ganz oben auf der Prioritätenliste.

Starker Willen

Dass es kaum jemanden gibt, der Diedrich den erfolgreichen Sprung nicht zutraut, liegt gewiss auch daran, dass sie dank ihres starken Willens bislang die meisten Ziele erreichte. So schmerzhaft die Wege dorthin auch waren.

„Natürlich war es für mich 2009 nicht leicht, auf das Sportinternat nach Köln zu wechseln“, erzählt die 20-Jährige zum Beispiel. Doch sie setzte diese weitreichende Entscheidung innerhalb von sieben Monaten in die Tat um und verließ das Hochsauerland samt Familie mit Großeltern, Eltern und vier Geschwistern. „Mittlerweile wohnt einer meiner Brüder in Leverkusen und meine Schwestern kommen natürlich gerne zum Shoppen vorbei“, merkt sie lachend an.

Zumal sich der Schritt hin zum konzentrierteren Training in einem professionelleren Umfeld längst in Erfolgen ausgezahlt hat und die Blondine Mitte dieses Jahres auch ihr Abitur bestand. „Meine Judozeit hilft mir finanziell in 20 Jahren vermutlich nicht mehr viel“, sagt sie mit Blick auf selbst von Olympiasiegern wie Ole Bischoff allzu oft vergebliche Bemühungen, olympisches Edelmetall in harte Euro umzusetzen.

Die ersten Autogrammkarten

Umso stolzer präsentiert die Wahl-Kölnerin, seit kurzem mit eigener Wohnung, ihre ersten – gesponserten – Autogrammkarten. Nach und nach forciert sie die eigene Vermarktung. „Obwohl ich nicht der Typ zum Klinkenputzen bin.“ Hier mal eine Gegnerin auf die Matte zu schicken, sich da mal aus einer prekären Kampfsituation zu befreien, fällt ihr halt leichter.

Im Frühjahr möchte Szaundra Diedrich in die Sportförderkompanie der Bundeswehr wechseln und – nebenbei – soziale Arbeit studieren. Bis dahin arbeitet sie ein bisschen am Olympiastützpunkt in Köln, trainiert und bereitet sich auf die Reise im Dezember nach Korea oder den ersten Lehrgang im Januar in Österreich vor. Jeweils mit den Frauen. Die Liste der Gescheiterten? Es scheint, als werde ihr Name dort nie auftauchen.