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Asics, Saucony oder Nike: Die Suche nach dem Marathon-Schuh

Asics, Saucony oder Nike: Die Suche nach dem Marathon-Schuh

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Der Nike Zoom Structure ist gestützt und schnell. Foto: Nike
Wer die Wahl hat, hat die Qual: Fünf Laufschuhe hat der Laufblogger getestet. Bequem waren sie alle – am Ende entschied ein fast vergessenes Feature.

Dortmund. 

Es ist mal wieder so weit: Neue Schuhe müssen her, diesmal für die Langstrecke. Nachdem ich meine Renner für Läufe über fünf, zehn oder 21 Kilometer gefunden habe, darf es nun gerne etwas mehr sein: Mehr Dämpfung, mehr Bequemlichkeit, aber trotzdem gerne auch ein bisschen Tempo. Bislang hatte ich für die Marathon-Distanz den Asics Kayano 22 als optimalen Schuh für mich identifiziert. Doch nach etlichen langen Läufern stoßen meine Kayanos allmählich an die Grenze der Haltbarkeit.

Lebt wohl, ihr treuen Freunde! Ihr habt mich 42,195 Kilometer durch Paris getragen und mir zu einer neuen Marathon-Bestzeit verholfen. Ihr ward widerstandsfähige Begleiter in einer langen Marathon-Vorbereitung und vielen Läufen zwischendurch. Auch den Marathon auf der Tartanbahn im Stadion Rote Erde habt ihr mit Bravour gemeistert. Es ist immer wieder ein trauriger Moment, wenn man ein liebgewonnenes Paar Schuhe in Rente schicken muss. Aber irgendwann ist es vorbei. Was kommt dann? Der Gnadenhof in Form von Wald- oder Strandläufen, wo der weiche Boden die durchgelatschte Dämpfung wettmacht. Aber sonst? Mülltonne oder Spendensack. Um so schwerer wiegt es, dass mit den Cumulus gleich noch ein Paar Langstreckenschuhe in die Jahre gekommen ist und ausgetauscht werden muss. Ich brauche also gleich zwei Paar neue Schuhe für die Langstrecke.

Schuhe für unterschiedliche Aufgaben

Die Neuen sollen unterschiedliche Voraussetzungen erfüllen: Ein Paar sollte besonders gut für langsame lange Läufe geeignet sein und darf gerne etwas behäbiger sein. Denn es gibt nun mal Läufe, bei denen weniger Tempo mehr ist, da wäre eine Rakete an den Füßen eher hinderlich. Das andere Paar kann ruhig mehr Dynamik mitbringen, sollte aber trotzdem bequem sein. Da hat der Asics Kayano Maßstäbe gesetzt. Für einen Marathon in knapp unter vier Stunden bringt er alles mit, was meine Füße brauchen, inklusive Pronationsstütze, wobei die kein absolutes Muss ist – dachte ich zumindest vor dem Test.

Im Test: Langstreckenschuhe von Asics, Nike und Saucony 

Da ich schuhmäßig auch noch meinen Horizont erweitern möchte, habe ich gleich mehrere Hersteller um Testmodelle gebeten: Saucony, Nike und Asics haben mir insgesamt fünf Modelle zur Verfügung gestellt, die ich über einen längeren Zeitraum bei verschiedenen Läufen getestet habe.

Asics Kayano 23

Der Nachfolger des Platzhirsches muss sich einerseits an seinem Vorgänger messen lassen, geht andererseits aber auch mit Vorschusslorbeeren ins Rennen um meine Gunst, da ich mit Asics-Schuhen bisher immer bestens zurecht gekommen bin.

Der Kayano ist das Flaggschiff der Japaner und wurde im Vergleich zum Vorgänger dezent runderneuert. Asics spart an Gewicht und stattet den Kayano mit einem luftigen Mesh aus, dennoch bringt der Schuh immer noch stolze 327 Gramm auf die Waage. Denn er ist sehr robust und bietet wie sein Vorgänger eine weiche, nicht zu weiche, gelbasierte Dämpfung. Die Fersenkappe ist großzügig stabilisiert.

Das Profil erinnert an das des Vorgängers und bestätigt, dass der Kayano ein Allrounder ist, was das Terrain angeht. Es sagt aber auch, dass es sich hier um einen Langstreckenschuh handelt. In der Zwischensohle wurde das neue FlyteFoam-Material verarbeitet, das Asics ursprünglich bei seinem Luxusmodell Metarun verbaut hatte. Asics verspricht, dass dieses neue Material mehr Dynamik verleiht, die der Kayano durchaus gebrauchen kann.

Beim Reinschlüpfen stellt sich sofort das gewohnte Aiscs-Gefühl ein: Der Fuß ist zu Hause angekommen. Das wirkt aber irgendwie behäbig. Daher wird es Zeit für einen Test auf der Straße.

Dort zeigt zeigt sich, dass der Kayano weiterhin der Mister Zuverlässig unter den Laufschuhen ist. Er sitzt gut und bequem und macht alles mit, was ihm abverlangt wird. Unebenheiten des Geläufs steckt er souverän weg, er knackt Eicheln und Bucheckern und bringt genügend Druck auf die Straße, um auch für schnellere Läufe geeignet zu sein.

Fazit: Wer als Überpronierer einen stabilen Schuh für alle Fälle sucht, ist mit dem Kayano absolut gut bedient und auf der sicheren Seite.

Preis: 180 Euro

Nike Air Zoom Pegasus 33

Wenn das Auge auch mitläuft, ist der Nike Pegasus der Schuh der Wahl. Ein schnittiges Design und ein toller Rotton wirken ungemein sportlich. Am Fuß bestätigt sich der Eindruck, denn der Schuh schmiegt sich Dank der eigenwilligen Schnürung eng an, fast wie ein Fußballschuh. Hinten sorgt eine stabile Fersenkappe für den nötigen Halt, während die Achillessehne ein angenehmes Polster geboten bekommt.

Um so überraschender ist der erste Eindruck beim langsamen Gehen. Denn da wirkt die Dämpfung im Fersenbereich fast etwas zu weich. Das könnte daran liegen, dass der Pegasus nicht unbedingt für Läufer ab 80 Kilo gebaut ist – schließlich wiegt der Schuh selbst auch keine 300 Gramm. Ein Wohlfühlschuh ist er ohnehin auf keinen Fall, zumal er vorne doch sehr spitz zuläuft und etwas eng sitzt.

Beim Laufen arbeitet die Dämpfung sehr angenehm, ohne gemütlich zu sein. Dieser Schuh will gerne etwas flotter laufen. Durch seine enge Passform trägt sich der Pegasus dynamisch und verleitet zum Gasgeben. Schnelle Läufer werden auch auf der Langstrecke ihre Freude an diesem Modell haben.

Fazit: Als eher schwerer Läufer werde ich den Pegasus auf Strecken bis 15 Kilometern einsetzen, wenn das Tempo gerne etwas höher sein darf. Für die Langstrecke bietet er mir nicht ausreichend Komfort.

Preis: 120 Euro

Nike Zoom Structure 20

Nur ihre Mutter kann sie auseinanderhalten – der Zoom Structure und der Pegasus sehen sich vom Schnitt her schon sehr ähnlich. Doch bei genauem Hinsehen, werden die Unterschiede offensichtlich. Allen voran: Der Zoom Structure ist gestützt, wendet sich also an eine völlig andere Zielgruppe.

Beim Tragen macht sich noch ein Unterschied bemerkbar, denn der Zoom Structure bietet dem Fuß etwas mehr Platz, ohne locker zu sitzen. Das Obermaterial sitzt gut und gibt Halt. Speziell an der Fußspitze ist er einen Tick geräumiger als der Pegasus.

Auf der Straße und sogar im Gelände zeigt sich der Schuh als sehr sportiv. Bei meinen Trainingsläufen hatte ich teilweise sogar vergessen, darauf zu achten, wie sich der Schuh bei welchen Gegebenheiten verhält, weil er einfach nicht spürbar war. Die Dämpfung ist dezent, aber ganz offensichtlich vorhanden. Die leichte Pronationsstütze gibt Halt, ohne den Fuß zu sehr zu bevormunden. Nach einigen Testläufen steht fest: Dieser Schuh macht dem Kayano Konkurrenz und auf Asphalt übertrifft er den Platzhirschen in Punkto Dynamik sogar noch.

Fazit: Schnell, bequem, gestützt – der Zoom Structure bietet ein starkes Rund-um-Paket zu einem attraktiven Preis.

Preis: 120 Euro

Saucony Ride 9

Slime heißt die etwas gewöhnungsbedürftige grüne Farbe, in der sich der Saucony Ride 9 präsentiert. Wie alle neuen Modelle von Saucony ist auch der Ride 9 mit der Everun-Technologie ausgestattet, die gleichzeitig Dämpfung und Energierückgewinnung bieten soll. Der Hersteller hat zudem an Material gespart und einen Schuh konstruiert, der trotz eines sehr robusten Aussehens nur 264 Gramm wiegt. Von der gesamten Anmutung her wirkt dieser Schuh auf den ersten Blick wie ein Schuh für längere, langsamere Läufe.

Schon beim ersten Tragen bettet er den Fuß weich in seine Polster, insbesondere an der Ferse ist er sehr komfortabel. Die Dämpfung ist durchgehend weich, bietet vorne aber trotzdem noch einen relativ kräftigen Abdruck.

Das bestätigt sich auf der Straße. Der Ride ist keine Rakete, aber ein sehr guter Schuh für lange Läufe, bei denen es auch etwas flotter zugehen darf. In dem Punkt und auch in Sachen Bequemlichkeit ist er in diesem Testfeld dem Kayano ebenbürtig, zumal er auch auf Waldboden überzeugen kann.

Fazit: Hinten weich, vorne hart ist der Ride 9 ein Wohlfühlschuh für lange Läufe, der auch gelegentliche Tempoverschärfungen mitmacht.

Preis: 140 Euro

Saucony Hurricane Iso 2

Trotz seines Namens, sieht der Schuh nicht so dynamisch aus wie der Ride. Das Obermaterial ist flexibler. Seine Pronationsstütze zieht sich von der Ferse bis zum Mittelfuß. Wie der Ride ist er im hinteren Bereich dick gepolstert und schützt die Achillessehne. Eine stabile Fersenkappe gibt dem Fuß Halt.

Durch seine Iso-Fit-Schnürung bekommt der Schuh viel Zug aufs Obermaterial und sitzt fest am Fuß, sodass er einen sehr flotten Touch bekommt, wie es der Name erwarten lässt. Der Hurricane Iso läuft sich gut und bequem, ist aber ein Asphalt-Spezialist. Auf Waldboden gibt er Knubbel und Unebenheiten doch sehr direkt an die Fußsohlen weiter, was mit der Zeit wehtun kann. Andererseits sorgt die Stütze für ein sicheres Laufgefühl und nimmt etwas Last aus dem Bein.

Fazit: Der relativ behäbige Schuh ist eher für lange und langsamere Läufe geeignet, nicht unbedingt für Bestzeit-Marathons.

Preis: 130 Euro

Fazit: Mit Pronationsstütze läuft es besser 

Auftrag ausgeführt – ich habe genau die zwei Paar gefunden, die ich gesucht habe. Nach Monaten intensiven Schuh-Castings haben sich zwei Sieger herauskristallisiert. Der Asics Kayano 23 und der Nike Zoom Structure ragen aus dem starken Testfeld noch einen Tick heraus. Welches Modell beim nächsten Marathon zum Einsatz kommt, ist noch völlig offen und wird auch davon abhängen, mit welchem Zeit-Ziel ich an den Start gehe. Sollte ich im Training spüren, dass nochmal eine deutliche Verbesserung möglich ist, wäre der Nike im Vorteil. Lautet das Ziel „stressfrei in passabler Zeit ankommen“, ist der Kayano wohl eher der Schuh der Wahl.

Gemütlichkeit contra Tatendrang

Denn die beiden Schuhe sind nicht nur auf den ersten Blick sehr unterschiedlich. Der breite Kayano wirkt gemütlich, der Nike strahlt Tatendrang aus. Eine wichtige Gemeinsamkeit haben aber beide Modelle: Sie verfügen über eine Pronationsstütze und widerlegen mein eingangs geäußertes „Muss nicht, kann aber“. Doch, sie muss. Ich habe im vergangenen Jahr viele verschiedene Modelle getestet und passende Schuhe mit und ohne Stütze gefunden. Aber wenn es auf Strecken jenseits der 21 Kilometer geht, fühle ich mich in gestützten Schuhen wohler. Das hat bereits der Asics Gel-DS Trainer gezeigt und der Kayano und der Zoom Structure bestätigen den Eindruck.

Es gibt demnach ohnehin keine wirklich schlechten Schuhe, nur unterschiedlich gute, bzw. unterschiedlich geeignete. Wer keine Pronationsstütze benötigt, kann ruhigen Gewissens zu den getesteten, ungestützten Modellen greifen. Auch Läufer mit leichter oder mittlerer Überpronation können getrost ab und an in ungestützte Schuhe schlüpfen, wenn sie damit schmerzfrei laufen können. Doch wenn es zählt, also im Wettkampf auf der Marathonstrecke, gehe ich lieber auf Nummer Sicher.