Essen. In seiner Online-Sprechstunde beantwortet der Bochumer Sportmediziner Dr. Joachim Schubert die Fragen von Läufern aus der Region. Heute beschäftigt er sich unter anderem mit Schmerzen in der Brust, harten Waden, den richtigen Laufschuhen und dem Thema „Marathon“.
Marathon nach einer Woche Regeneration?
Sehr geehrter Dr. Schubert, ich bin 42 Jahre und bin in Köln meinen zehnten Marathon in zehn Jahren gelaufen. Vor einigen Jahren habe ich beim Baldeneysee-Marathon nach Brustschmerzen (wahrscheinlich nervlicher Art) abgebrochen. Wenn ich grundsätzlich absolutes Wohlbefinden habe (leide auch nach einem Marathon nicht an nenneswerten Muskelkater oder Knochenschmerzen), sind aus Ihrer Sicht überdurchschnittliche zusätzliche Risiken, insbesondere im Bereich Herz/Kreislauf, vorhanden, wenn man innerhalb von zwei Wochen zwei Marathonläufe absolviert? D. Niehues
Dr. Joachim Schubert: Wenn Sie sich wohlfühlen und ausreichend regeneriert sind, dann spricht nichts dagegen. Sie sollten allerdings bei Ihrer Vorgeschichte eine sportärztliche Untersuchung absolviert haben, die in jedem Fall eine Leistungsdiagnostik und eine Ultraschall-Untersuchung des Herzens beinhaltet. Wenn noch nicht, dann bitte unbedingt nachholen.
Fit durch Medikamente?
Ich habe folgendes Problem. Beim letzten Stretching habe ich möglicherweise den rechten unteren Wadenbereich überdehnt. Der Sportarzt, den ich aufgesucht habe, meint, dass die Achillessehne überreizt ist. Ich soll unter anderem mehrmals täglich Ibuprofen-Tabletten nehmen sowie eine Trainingseinheit ausfallen lassen. Am Sonntag vor dem geplanten Start beim nächsten Marathon soll ich die letzte Tablette nehmen. Ich bin eine ambitionierte Läuferin und habe mir eine Zielzeit von 3:15 vorgenommen. Mir ist der Start beim Marathon sehr wichtig, aber ich bin unsicher ob das Vorgehen richtig ist. Was würden sie mir raten? Heike Musielak
Dr. Joachim Schubert: Es ist kaum möglich, eine gesunde Muskulatur oder Sehne durch Stretching zu verletzen. Also hat vermutlich schon ein Vorschaden bestanden. Durch Ibuprofen verschleiern Sie die Problematik, insbesondere, wenn Sie der geschädigten schmerzhaften Struktur dann eine sportliche Belastung zumuten – Sie bemerken zu spät, wenn der Schaden zunimmt und dann zu einem nachhaltigen Problem wird. Falls die Achillessehne gereizt ist, muss dies definitiv beseitigt sein, bevor Sie einen Marathon laufen.
Schmerzen im Brustbereich
Mein Sohn, 14 Jahre alt und seit Jahren Leistungssportler, klagt beim Sport nach kurzer Belastung über Schmerzen im vorderen Brustbereich. Eine Überprüfung der Lungenfunktion und ein Belastungs-EKG blieben ohne Befund. Welche Ursachen könnten hier vorliegen? Oliver Jung
Dr. Joachim Schubert: Ihr Sohn muss sofort zu einem hochkompetenten Kardiologen, der dann eine Ultraschall-Untersuchung des Herzen durchführen wird. Alle weiteren Überlegungen hängen von dem Ergebnis dieser Diagnostik ab.
Harte Waden beim Marathon
Ich habe mittlerweile 18 Marathon-Läufe absolviert und dabei 14 Mal das gleiche Debakel erlebt: Bei ca. Km 33-35 bekomme ich knüppelharte Waden, wie versteinert, die mich zum Gehen zwingen. In der Vorbereitung bin ich jedesmal beschwerdefrei. Wären Stützstrümpfe eine Lösung und vor allem, woran kann’s liegen oder was mache ich falsch? Detlef Sonntag
Dr. Joachim Schubert: Ihre Frage ist nicht einfach zu beantworten. Es sind einige Erklärungsversuche für Ihr Problem möglich: Es kann sich um eine Nervenkompression an der Lendenwirbelsäule handeln, die erst unter der längeren Belastung auftritt – hier wäre eine MRT-Untersuchung mit anschließender neurologischer Untersuchung angezeigt.
Weiter möglich wäre eine muskuläre Überlastung der Wadenmuskeln durch eine Fußdeformität, die nicht durch Einlagen kompensiert wird. Zudem muss man an Gefäßkomplikationen sowohl im arteriellen als auch venösen Bereich denken, hier wäre eine so genannte Dopplersonographische Gefäßdarstellung notwendig. Da Sie ja 30 Kilometer beschwerdefrei laufen können, ist es sehr unwahrscheinlich, dass es sich um eine primäre Muskelerkrankung handelt. Sie brauchen einen sehr erfahrenen Sportmediziner, der Sie sehr gründlich untersuchen muss.
Pronationsschuhe für „Normalfußläufer“?
Bestehen aus medizinischer Sicht Bedenken, wenn ich aus „Passformgründen“ als Normalfußläufer (mit leichtem Hohlfuß) „Anti-“ Pronations- oder Supinations-Schuhe trage? P. Focken
Dr. Joachim Schubert: Wenn Sie intensiv laufen, sollten Sie sich per Laufanalyse (wenn möglich mit Videoaufnahme) davon überzeugen lassen, dass Sie mit dem Schuh einen stabilen Schritt haben, also weder nach außen noch nach innen umknicken. Das subjektive Gefühl („Ich fühle mich im Schuh wohl.“) reicht leider nicht.
Wo finde ich einen Sport-Kardiologen?
Ich würde gerne einen Sport-Kardiologen aufsuchen, der im optimalen Fall auch eine gewisse Erfahrung mit Langstreckenläufern hat. Können Sie mir hier weiterhelfen und einen Weg aufzeigen, wie ich einen solchen Experten finde oder können Sie mir gar einen solchen Mediziner benennen? Arnd Willers
Dr. Joachim Schubert: Leider gibt es einen solchen „Sport-Kardiologen“ sehr selten, da sich die Kardiologen mit den Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems beschäftigen und nicht mit der Belastbarkeit von gesunden Sportlern.
Unsere Lösung ist die Kooperation meiner sportmedizinischen Abteilung mit einer hochqualifizierten kardiologischen Abteilung (PD Dr. Bodo Brandts) in einer „Tür an Tür“ -Situation.
Ist Laufen noch das Richtige?
Meine Hobbys Fußball und Langstreckenlauf kann ich März dieses Jahres nach einer Meniskus-Operation leider nicht mehr ausführen. Nach kurzer Belastung spüre ich einen stechenden Schmerz, der mal auftritt und dann wieder zurückgeht, so dass ein leichter Lauf über vielleicht 10 bis 15 Minuten möglich ist. Anschließend bin ich gezwungen, den Lauf abzubrechen. Während des Eingriffs wurde am rechten Knie eine Arthrose festgestellt. Mir wurde erläutert, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt eine Prothese benötigen würde. Können Sie mir einen Ratschlag geben, was meinerseits zu tun ist, um wieder einigermaßen schmerzfrei laufen zu können? Dieter Müller
Dr. Joachim Schubert: Sie müssen sich mit dem Gedanken anfreunden, dass der Laufsport für Sie einfach nicht mehr das Richtige ist. Machen Sie weiter, verkürzen Sie die Zeit, bis die Prothese nicht mehr zu vermeiden ist. Ich empfehle Ihnen das Radfahren, Schwimmen, Walking – die Belastung beim Laufen bei einer vorhandenen Arthrose ist nicht gut für die beschädigten Strukturen in Ihrem Gelenk.
Ihre Fragen, bitte!
Haben Sie auch eine Frage anden Laufmediziner? Kein Problem! Dr. Schubert geht in regelmäßigen Abständen auf die gesundheitlichen Probleme und Anliegen der Läufer aus der Region ein. Einfach Mail andr.schubert@derwesten.de . Die Antworten lesen Sie dann regelmäßig auf www.derwesten.de/schubert .