Veröffentlicht inSportmix

Handball-Krimi in der Kleinstadt Lemgo

Handball-Krimi in der Kleinstadt Lemgo

Lemgo-Holpert.jpg
Ein Bild aus besseren Tagen: Fynn Holpert im Jahr 2007. Foto: imago
Ein Handball-Krimi erschüttert Lemgo: Fynn Holpert, der Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten TBV, wollte mit Partnern rund 100 Millionen Euro investieren. Doch nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Lemgo. 

Eigentlich, sagt Siegfried Haverkamp, „wollte ich ja Urlaub machen.“ Dafür war der Beiratsvorsitzende des Handball-Bundesligisten TBV Lemgo mit seinem riesigen Wohnmobil nach Cuxhaven gereist, zum Campingplatz „Wattenlöper“. Doch als das Nachrichtenmagazin Spiegel nun über ein „Luftschloss in Lemgo“ berichtete, war es vorbei mit der Aussicht auf vorbeidampfende Tanker. Seitdem sitzt Haverkamp überwiegend am Telefon. Und versucht, in der Krise irgendwie die Ruhe zu bewahren. Er klingt ein bisschen verzweifelt.

Kein Wunder angesichts dieser bizarren Geschichte, in der die Kopie eines Schecks der englischen Großbank HSBC über 200 Millionen Euro im Zentrum steht. Im Dezember 2011 präsentierten TBV-Geschäftsführer Fynn Holpert mit zwei Geschäftspartnern und einer Person, die sich als Mitglied der amerikanischen Notenbank ausgab, diesen Scheck bei der Sparkasse Lemgo. War er echt? Oder nicht? Der Sparkassenchef zumindest informierte Holpert einige Tage später, dass sie den Scheck nicht einlösen würden. Es habe „Ungereimtheiten“ gegeben, so Holpert.

Firma aus Luxemburg

Ein Vorgang, um den sich nun die Staatsanwaltschaft Lemgo kümmert. Sie ermittelt gegen Holpert und seine beiden Partner, die über die luxemburgische Firma Toledo verbandelt waren, wegen des Verdachts der Urkundenfälschung oder gar des versuchten Betruges.

Lemgo ist eine kleine, gemütliche Stadt in Ostwestfalen, gut 40 000 Einwohner, viele Fachwerkhäuschen, die Autobahn weit entfernt. Dieses Lemgo sollte eine Art Epizentrum des deutschen Sports werden. Holpert & Co. wollten mit dem Geld ein riesiges Immobilienprojekt an der heimischen Lipperlandhalle anschieben. Geplant war eine Investitionssumme von rund 100 Millionen Euro. Shopping-Boulevard, Plaza, moderne Leichtathletikhalle, Hotel, solche Dinge. Die Auslastung? Kein Problem laut Businessplan. Der TBV habe schließlich „enge Kontakte nach China, Katar und Brasilien“. Doch dann platzte der Scheck. Und damit das fantastische Geschäft.

Die Firma, die Holpert als Geschäftsführer lenkte, plante noch größere Projekte, in Hessen, im Rheinland, auch auf Rügen. Allein das „Baltic Sea“-Resort, das die Toledo dort plante, sollte laut einer internen Aufstellung 1,2 Milliarden Euro kosten. Diese anderen Dinge, sagt Haverkamp, kenne er alle nicht. Von dem ominösen Scheck für den „Sportpark Lemgo“ aber wusste er, spätestens seit März. Es gibt ein Protokoll von ihm darüber.

Entsetzen über Zerbes Abgang

Darin kommt auch Volker Zerbe vor, der damals noch mit Fynn Holpert eine Doppelspitze beim TBV bildete. Zerbe regelte den Sport, Holpert die Finanzen. Ende August aber verkündete Haverkamp, man trenne sich von Zerbe, der seit 1986 den Aufstieg des Klubs personifiziert hatte und in Deutschland zu Popularität gelangte. Von einem „Burnout-Syndrom“ war die Rede. Oder war es ein Rauswurf? Zerbe ist derzeit nicht zu erreichen.

Diese Trennung rief Entsetzen hervor. „Mit ihm ist die letzte Identifikationsfigur verloren gegangen. Das schmerzt nicht nur den Klub, sondern auch die ganze Stadt“, sagt Daniel Stephan, der mit Zerbe und Markus Baur 2003 Deutscher Meister wurde. Insgesamt fünf Lemgoer wurden 2004 Europameister und holten Olympia-Silber. Damals sonnten sich die Lemgoer im glanzvollen Image der Handballer. Das hat sich geändert.

Beirat tagt am Donnerstag

Warum Zerbe gehen musste und nicht Holpert, zumal bei einer Deckungslücke in Höhe von 1,4 Millionen Euro im Juni, die den Klub beinahe in die Pleite trieb, das interessiert nun die deutschen Handball-Fans. Haverkamp will zu Zerbe und zu dem Scheck aktuell nichts sagen. Auch nicht darüber, ob Holpert weiter Geschäftsführer bleiben darf. Nur so viel: Donnerstag werden sie im Beirat des Klubs über die Krise beraten.