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Wattenscheid trauert um ehemaligen Mäzen Steilmann

Wattenscheid trauert um ehemaligen Mäzen Steilmann

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Die SG Wattenscheid 09 trauert um ihren ehemaligen Mäzen Klaus Steilmann. Der erfolgreiche Modeunternehmer starb in der Nacht zum Samstag und wurde 80 Jahre alt.

Die Mode war sein Beruf, der Fußball seine Leidenschaft: Klaus Steilmann, einst einer der 100 reichsten Unternehmer in Deutschland und legendärer Wattenscheider Sportmäzen, starb in der Nacht zum Samstag im Alter von 80 Jahren.

Als die SG Wattenscheid 09 unter der Leitung des wichtigsten Einwohners des eingemeindeten Bochumer Stadtteils 1990 in die Bundesliga aufstieg, schreckte Trainer Hannes Bongartz die Konkurrenz mit einem einzigen Satz kurz auf: „Wir könnten 30 Millionen Euro investieren.“ Taten sie aber nicht. Denn Steilmann hatte das Sagen, und sein Wort war Gesetz. „Meinetwegen dürfen die anderen spinnen. Ich spinne nicht“, sagte er.

Statt großen Stars das Geld in den Rachen zu werfen, investierte der Milliardär lieber die für die damalige Zeit bemerkenswerte Summe von 400.000 Mark in die Wattenscheider Jugendabteilung. Genutzt hat es wenig. 1994 stieg die SG wieder ab und krebst heute in der fünften Liga herum.

„Wer Fußball spielt, hascht nicht“

Steilmann beherrschte vier Fremdsprachen, liebte aber einfache Sätze wie: „Wer Fußball spielt, hascht nicht.“ Das größte für ihn war, so sagen langjährige Mitarbeiter, während seiner zahlreichen Aufenthalte in New York die großen US-Zeitungen aufzuschlagen und den Namen „Wattenscheid 09“ in den Ergebnisblöcken oder gar in einer Meldung lesen zu dürfen.

Sein Lieblingshotel in der US-Metropole war das „Mayfair Regent“ auf der Park Avenue, wo er Karl Lagerfeld erstmals traf. Später kam Steilmann „so alle sechs Wochen“ mit dem Modezaren zusammen. Ziel war es für ihn stets, „Mode für Millionen“ zu machen, „nicht für Millionäre“. Dies wurde sein Leitspruch.

Mit dem Motto schaffte es der Workoholic Steilmann unter die 100 reichsten Deutschen. Seine Arbeitswut und seine Vorliebe für Zigaretten brachten ihm mehrere Herzinfarkte ein. Als Unternehmer war er hart, aber fair. Er zahlte stets deutlich besser als die Konkurrenz.

Eine Anekdote über ihn verdeutlicht aber auch, dass Steilmann ein hartes Regiment in seiner Firma führte. Als einmal eine Palette Druckknöpfe statt im rumänischen Craiova in Spanien landete, tauchte der im mecklenburgischen Neustrelitz geborene Boss in der Versandabteilung auf und trug ganz in Ruhrgebietsmanier das Herz auf der Zunge: „Ich reiß euch allen die Hämorrhoiden aus dem Hintern.“ Der Ärger verrauchte bei ihm aber schnell. Seine Bürotür stand jedem offen, auch den Reinigungskräften.

1984 mit Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet

1958 hatte Steilmann, der später jahrelang vergeblich gegen die Eingemeindung „seines“ Wattenscheids kämpfte und aus Protest seinen Mercedes nicht in Bochum, sondern in Essen anmeldete, seine eigene Firma gegründet. 1991 belieferten 18.000 Mitarbeiter alle Großen der Branche und sorgten für den besten Umsatz der Unternehmensgeschichte, 1,8 Milliarden Mark. 1984 wurde Steilmann mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Anfang des neuen Jahrtausends, als sich Steilmann aus der Führung zurückzog, befand sich das Unternehmen bereits in der Krise. Auch seine Tochter Britta als eine seiner Nachfolgerinnen auf dem Chefsessel konnte den Niedergang nicht mehr stoppen. Sie war zudem kurzfristig auch als Managerin der SGW tätig. 2006 musste die Firma an die italienische Miro-Radici-Gruppe verkauft werden, und Steilmann meinte verbittert: „Für mich ist das Kapitel Textil abgeschlossen.“

Seiner Leidenschaft blieb er dagegen bis zu seinem Tod treu. „Er war Wattenscheid 09. Er hat aus einer Betriebssportgemeinschaft einen Bundesligisten gemacht“, sagte Bongartz.