Gut 120 Fans kamen zum ersten Training des VfL Bochum unter Peter Neururer. Der neue Coach erklärte sechs Spieler zu „Fixpunkten“: Torwart und Kapitän Andreas Luthe, Marcel Maltritz, Leon Goretzka, Yusuke Tasaka, Christoph Kramer und Mirkan Aydin.
Bochum.
Eine Menschenmenge, so wirkt es, kann es kaum erwarten. 10.06 Uhr, Peter Neururer kommt aus der Kabine. Geht die Treppen hoch, vorbei am Stadioncenter-Gebäude, er geht voran mit Marcel Maltritz, diskutiert, grüßt, schreibt Autogramme. In Zweierreihen marschieren die VfL-Profis durch die Fan-Traube zum unteren Platz.
Die Fans, gut 120 mögen es sein, sind offenbar gut gelaunt, sie trotten nun hinterher, „die Stimmungslage“, sagt Neururer, „ist positiv“. Von „Schalker Verhältnissen“ spricht gar einer, „endlich mal was los, ohne dass einer pöbelt, motzt.“
21 Profis sind dann bis 11.03 Uhr zu sehen und Michael Lumb, wie er fast ununterbrochen ums Rasenviereck läuft. Spätestens gegen den FC St. Pauli, vielleicht schon beim FC Energie Cottbus am Sonntag (13.30 Uhr, live in unserem Ticker), hofft Neururer, könnte der Linksverteidiger wieder dabei sein, nachdem er sich vor anderthalb Wochen in Berlin eine Fleischwunde am Fuß und eine Prellung zugezogen hatte.
Die Spieler wärmen sich auf, um es vorwegzunehmen: Spektakulär ist hier gar nichts. Neu auch nicht. Es soll, erklärt Neururer, ja auch nur ein lockeres Aufbautraining am Morgen sein, keine Stunde kurz, am Nachmittag geht’s erst rund.
Neururer steht meistens auf Höhe der Mittellinie und beobachtet
Zu sehen ist: Schießen auf kleine Tore mit Laufeinheiten dazwischen, bei denen die Spieler nur mit halber Kraft „sprinten“ durften, aber fast alle doch mehr Gas geben. Neururer schlussfolgert: „Die Mannschaft ist sehr, sehr willig, sie geht den komplizierten Weg.“
Fotografen sind in Position, SkyNewsHD berichtet live, der TV-Reporter schwärmt. Von „Freude“ ist dauernd die Rede, einem „Top-Mann“, der „sichtbar richtig aufblüht“. Obwohl Neururer doch meist – wie es normal ist – auf Höhe der Mittellinie steht. Steht und beobachtet….
Neururers neue Regeln beim VfL Bochum
Bochum.
Neuer Trainer, alte Methoden? Kann man so sagen. Wobei „alt“ ja nicht immer schlecht sein muss.
Etwa 20 Minuten dauerte die erste Ansprache an die Mannschaft am Dienstag, auch Hans-Peter Villis, der Aufsichtsrats-Vorsitzende, ließ sich blicken. Peter Neururer stellte ein paar Regeln auf, die für mehr Disziplin sorgen sollen. „Ich will ein paar Vorgaben machen, viel mehr geht ja in der kurzen Zeit jetzt nicht.“
Der Strafenkatalog – Beispiele. Wenn ein Spieler aus dem Bus steigt und noch den Kopfhörer am Ohr hat, „könnte ich durchdrehen“. Auch das Handy darf erst nach einem Spiel, zuhause nur in der rewirpower-Lounge, klingeln. Das Geld werde „direkt vom Gehalt abgezogen“. Zudem will er ein „Soziogramm“ erstellen, um einen schnellen Überblick über den Stellenwert Einzelner zu bekommen. Die Spieler bewerten auf Fragebögen – anonym – sich und Kollegen: Wer steht in deiner Startelf? Mit wem würdest Du nie dein Zimmer teilen?
Es gibt noch ein fünf gegen zwei bei diesem Warm-Up, unterbrochen von Langsprints auf Pfiff. Michael Lumb läuft immer noch ums Rasenviereck, langsamer mittlerweile, einige Fans sind gegangen. Um 11.03 Uhr ist Schicht, fürs Erste. Am Nachmittag gibt es eine intensive Einheit, „volle Pulle“ Zweikampf, der Trainer ist „begeistert. Wunderbar. Wenn alle so weitermachen, haben wir ganz viele Alternativen.“ Am Mittwoch (10 Uhr) wird gespielt, dann stoßen die fünf Spieler hinzu, die gestern bei der Reserve mitwirkten (Brügmann, Scheidhauer, Acquistapace, Gelashvili, Bertram), „dann weiß ich mehr“. Auch, was seine beiden Jungs angeht, die „Alternativen“ sein könnten für Neururers Premiere in Cottbus: Jannik Stevens (20) aus der U23, der in der Vorsaison zweimal spielte, könnte als Linksverteidiger Mounir Chaftar ersetzen; Jan Gyamerah (17) aus der A-Jugend, kommende Saison Profi beim VfL, wäre eine Option als Rechtsverteidiger für Carsten Rothenbach. Beide, so der Coach, „machen einen unbekümmerten Eindruck und bleiben vorerst bei uns.“
Bereits festgelegt hat Neururer, der ja bei fast allen VfL-Heimspielen im Stadion war, dass er auf ein 4-4-2 setzt: „Wir spielen immer mit zwei Stürmern.“ Wie er das Mittelfeld formiert, ließ der Comeback-Star der Woche offen, auf sechs „Fixpunkte“ legte er sich bereits fest. Im Tor bleibt Andreas Luthe. „Er ist ein guter Torwart, unser Kapitän. Ich mache hier jetzt nicht noch eine Baustelle auf“, so der 57-Jährige mit Blick auf Michael Esser, der in der kurzen Erfolgsserie im Dezember erfolgreich Luthe vertreten hatte.
Rzatkowski muss sich beim VfL nun beweisen
In der Innenverteidigung ist Marcel Maltritz gesetzt, im Mittelfeld Leon Goretzka, der „konsequent im Zentrum“ spielen soll (defensiv oder offensiv), sowie Christoph Kramer und Yusuke Tasaka. Im Angriff soll es Mirkan Aydin richten. Marc Rzatkowski, bisher Stammkraft, muss sich beweisen. „Es kommen jetzt andere Faktoren hinzu als nur das normale Leistungsvermögen“, sagt Neururer: Ob man auch „kratzen und beißen“ und „Verantwortung übernehmen kann für andere“. Und: Jeder müsse verinnerlichen, „dass wir das Ding gewinnen wollen, immer, auch auswärts“.