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Warum Gladbach wieder zur „Fohlenelf“ wird

Warum Gladbach wieder zur „Fohlenelf“ wird

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Foto: imago
Borussia Mönchengladbach zieht in die Champions League ein. Nach dem 2:0-Sieg bei Werder Bremen kann der Klub vom Niederrhein feiern und für die Königsklasse planen.

Bremen. 

Die Anstrengung des Spiels war Lucien Favre am hellbauen Hemd anzusehen. Der Erfolg an seinem Gesicht. Der Trainer von Borussia Mönchengladbach war locker und gelöst nachdem seine Mannschaft in souveräner Manier die direkte Qualifikation mit dem 2:0-Sieg bei Werder Bremen klar machte.

Etwas erhöht stand er im Presseraum im Weser-Station auf einem Podium, über den Dingen schwebend. Natürlich unterstrich der Schweizer Fußballlehrer, dass die Konzentration für das letzte Spiel der Saison hochgehalten werde müsse, dann, wenn der FC Augsburg zu den Feierlichkeiten in den Borussia-Park kommt. Doch das Lächeln in Favres Augen und der unbedingt Wille, eine deutsche Fußballfloskel zu bemühen – „Wir müssen Rasen fressen“ – zeigte, wie viel Anspannung auch vom Coach abgefallen war.

Borussia Mönchengladbach feiert die Auferstehung der „Fohlenelf“

Erstmals in der Klubhistorie schafft Gladbach den Sprung in die Königsklasse. Die Zeiten, in denen die Spieler das Trikot mit der Raute in diese Höhne führten, liegen lange zurück. Sehr lange. Damals hieß der Wettbewerb noch „Europapokal der Landesmeister“ und aus der Elf vom Niederrhein mit Spielern wie Günther Netzer, Berti Vogts und Jupp Heynckes wurde die „Fohlenelf“. In den vergangenen vier Jahren, oder besser: seitdem Lucien Favre das Zepter schwingt, hat sich Borussia Mönchengladbach diesen traditionsreichen Namen wieder verdient. Es ist ein Versprechen in den Erfolg. Die Netzers, Vogts‘ und Heynckes‘ heißen Granit Xhaka, Tony Jantschke und Raffael.

„Es ist ein Erfolg des Kollektivs“, betonte Favre, als er auf seinen Erfolg angesprochen wurde. Von der Mannschaft über den Trainerstab und der sportlichen Leitung bis hin zur medizinischen Abteilung seien alle an diesem dritten Platz in der Bundesliga beteiligt. Wie bei der Oscar-Preisverleihnung, er hätte am liebsten alle persönlich genannt. „Wir kriegen keinen Pokal, wir kriegen keinen Wimpel, aber trotzdem haben wir etwas Großes geschaffen“, sprudelte es aus Manager Max Eberl in der Mixedzone heraus. „Wir freuen uns ohne Schale mehr als die Bayern mit“, sprach er und verschwand in die Kabine.

„Der absolute Wahnsinn. Wir sind in der Champions League“

Dort, wie die Spieler schon längst Jubelfotos über sämtliche soziale Kanäle in die Welt posaunten. „Jaaaaaaaaaaaaaaaaa“, schrieb André Hahn bei Facebook. „Der absolute Wahnsinn. Wir sind in der Champions League. Wer hätte das mal für möglich gehalten? Großes Kompliment an alle Fans, dass haben wir uns mehr als verdient nach so einer Rückrunde. Feiert ausgiebig heute und lasst es krachen“, forderte Kapitän Jantschke die Gladbach-Fans auf. „Wir haben in der Rückrunde nur ein Spiel verloren – und gegen wen wir alles gewonnen haben, das ist der Wahnsinn. Dortmund, Bayern, Hoffenheim, Wolfsburg, Leverkusen – das muss man sich erst mal vor Augen führen“, jubilierte Nationalstürmer Max Kruse. „Verdienter kann man nicht in die Champions League einziehen, als wir nach dieser Rückrunde“, so Jantschke. Borussia Mönchengladbach holte 39 Punkte in der zweiten Saisonhälfte, ist damit das beste Team der Bundesliga in diesem Zeitraum. Mit Abstand.

Autobahn-Party und „dann mal gucken“

Nach und nach kamen die Borussen frisch geduscht aus der Kabine, nahmen neben der Kiste Bier im Mannschaftsbus platz. Das werde sicherlich nicht die einzige bleiben, lachte Torwart Yann Sommer. „Wir werden jetzt im Bus besprechen, was heute abend noch geht. Die ein oder andere Tanke werden wir bestimmt mitnehmen“, versprach Kruse. „Mal gucken, wann wir uns wiedersehen. Ich denke, wir haben jetzt mal ein paar Tage frei verdient.“ Der Trainer war sich noch nicht so sicher, ob er Kruses Wunsch entsprechen würde. Natürlich werde man nun „reduziert trainieren“, ob er aber seine Mannschaft am Tag nach Autobahn-Party zum Auslaufen bitte, konnte er noch nicht sagen. Immerhin gestand er: „Wir haben jetzt 66 Punkte, das ist natürlich eine Super-Saison.“ Die Flecken auf seinem Hemd erzählen diese Geschichte.