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Hans Zach, das Eishockey-Sturgestein

Hans Zach, das Eishockey-Sturgestein

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Hannover. 

Wenn die Eismaschine in Hannover über das Eis fährt, blinken neben den Rädern rote Disco-Lichter. Matt Dzieduszycki, der kanadische Stürmer der Scorpions, findet seinen eigenen Namen unaussprechlich und hat sich daher lieber seinen Künstlernamen „Diesel“ aufs Trikot schreiben lassen. Die Fans zahlen ihr Bier in der Arena nicht mit Bargeld, sondern mit der elektronischen Fan-Card. Und mittendrin steht Trainer Hans Zach. Zwei Eishockey-Welten prallen aufeinander.

Der 61-Jährige stammt aus Bad Tölz, genauer: Aus dem Isarwinkel. Ein Mann, dem Details noch wichtig sind. Ein Beispiel: Natürlich kommt Scorpions-Torjäger Klaus Kathan auch aus Bad Tölz. Doch Kathan ist ein Rot-Weißer, Zach ein SV’ler. Der SC Rot-Weiß und der SV Bad Tölz sind die Fußball-Klubs der Stadt.

Anders als Zach nimmt die moderne Eishockey-Welt auf Kleinigkeiten wenig Rücksicht. Traditionsvereine wie die Düseldorfer EG und die Kölner Haie haben sich müde lächelnd von Zach getrennt und auf die Modernisierer gesetzt, die Visionen hatten.

Zach hat seine Lieblingsschüler

Nur: Die Visionäre sind mit ihren Klubs aus den Playoffs ausgeschieden und ringen mit Etats, in denen Millionensummen fehlen. Zach, das Sturgestein des Eishockeys, hat seine Linie in der Eishockey-Provinz durchgezogen. Nach den Siegen im Playoff-Halbfinale gegen Ingolstadt steht er mit den Scorpions im Finale und trifft auf den Sieger des zweiten Halbfinales zwischen Augsburg und Wolfsburg.

Die Millionen-Truppen aus Berlin und Mannheim sind längst raus wie die DEG und Köln. Für Zach liegt dies an der Essenz des Eishockeys, die in seinem Team Vorrang hat: Wer beim Kämpfen auf dem Eis weniger Kalorien verbraucht als beim Malen nach Zahlen, der fliegt raus.

Zach hat seine Lieblingsschüler wie Tino Boos und Niki Mondt, die er vor 15 Jahren bei den DEG-Junioren entdeckte, nach Hannover geholt. Er schwärmt vom Charakter der Spieler und meint damit einen Dreiklang: Kampfgeist, keine Widerworte und körperliche Fitness.

Trotzdem zählt das Eishockey-Team von Hannover bisher nicht zu den Dingen, für die sich Männer umdrehen. Vielleicht sollte sich das ändern, denn die Scorpions spielen präzises und hartes Eishockey. Trotzdem stimmen die Zuschauerzahlen nicht. 4300 Fans beim ersten Heimspiel der Halbfinalserie gegen Ingolstadt, 6996 beim zweiten. Ganze Tribünenblöcke gähnen vor Leere.

Ein Rätsel. Die Scorpions sind mit ihrem Power-Hockey erfolgreich wie nie, es ist ihre erste Finalteilnahme überhaupt. Dennoch bleiben 2000 Tickets an den Kassen liegen. Beim Verein wollen sie zurzeit darüber nicht reden. Man solle nicht alles schwarz sehen, schließlich sei eine tolle Zeit für die Scorpions angebrochen. Im Foyer der Arena hängt ein Plakat von der Decke, auf dem steht: „Hier kämpfen echte Kerle“. Unter dem Schriftzug posieren Spieler mit nacktem Oberkörper.

Wohl nicht so spannend – 20 Minuten vor dem ersten Bully ist jedenfalls kaum jemand auf den Tribünen, die Fans essen lieber Schweinebraten im Paulaner Biergarten der Arena oder Backfisch im Restaurant Stockholm. Ein Eishockey-Event wie in den USA. Früher schunkelten die Fans an der Düsseldorfer Brehmstraße zwei Stunden vor dem Spiel zum Schneewalzer, an diesem Abend dröhnt Hardrock aus den Boxen.

Spannender geht es nicht

Neuerungen müssen aber nicht grundsätzlich schlecht sein. Man kann den alten Zeiten nachweinen, man kann aber auch sagen: Die Deutsche Eishockey-Liga ist ein ausgeglichenes System, in dem in den Playoffs jeder jeden besiegen kann. Spannender geht es nicht, endlich mal was anderes als immer nur das ewige Bayern München wie im Fußball.

Zudem bleiben manche Dinge auch gleich. Die Spieler lassen sich Bärte stehen wie seit ewigen Playoff-Zeiten. Der Gästetrainer – in diesem Fall Greg Thomson – bekommt von den Fans schon mal einen Becher Bier ab, ist aber nicht wütend, sondern lächelt: „Ich liebe Bier!“

Und sogar Staunen ist im Preis mit drin. Zach, von dem viele glauben, er trage statt Haaren Stacheldraht auf den Zähnen, gibt sich nach dem Einzug ins Finale milde: „Jetzt haben meine Spieler erstmal zwei Tage frei.“ Die nahe Zukunft ist damit geklärt, die weitere nicht. Zach geht nach der Finalserie in den Ruhestand. Vielleicht wird er irgendwann noch einmal Bundestrainer, vielleicht nicht.

Die Eishockey-Welt ändert sich schnell.